
Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Prof. Dr. med. Stephanie E. Combs unseren Fragen. Sie ist Direktorin der Klinik und Poliklinik für Radioonkologie und Strahlentherapie am Universitätsklinikum rechts der Isar und seit 19. Oktober 2022 auch Dekanin der Fakultät für Medizin der Technischen Universität München.
Frau Professorin Combs, warum eigentlich haben Sie sich auf die Radioonkologie spezialisiert?
Prof. Dr. Stephanie E. Combs: Ich war schon immer an Hochpräzisionsmedizin interessiert, mich faszinieren die regelmäßigen technischen Neuerungen, die es uns immer besser ermöglichen, Patientinnen und Patienten so gut und gezielt wie möglich weiterzuhelfen. Während meines Studiums in Heidelberg hatte ich die Möglichkeit, in der Neurochirurgie zu arbeiten. Dort hatte ich schon viel Kontakt mit den radioonkologischen Kolleginnen und Kollegen. Das Fach hat mich von Anfang an sehr angesprochen, da es meine technische Neugier und Faszination für Hochpräzisionsmedizin gut miteinander verbindet. Außerdem ist es ein interdisziplinäres Fach, und in der Interaktion mit den anderen ärztlichen Disziplinen lässt sich oft ein guter Heilungserfolg für Patientinnen und Patienten erzielen. Als ich dann das Angebot bekam, eine Weiterbildung in der Strahlentherapie zu starten, habe ich die Möglichkeit sofort wahrgenommen – und meine Entscheidung bis heute nicht bereut.
Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?
Prof. Dr. Stephanie E. Combs: Um gut und effektiv arbeiten zu können, brauche ich zuerst eine gute und respektvolle Abstimmung im eigenen Team sowie mit den Kolleginnen und Kollegen der benachbarten Fächer. Wenn ich dann noch ein Arbeitsumfeld habe, das Weiterentwicklungen und Innovation fördert, brauche ich eigentlich nur noch genügend Zeit, um mit und für die Patientinnen und Patienten die optimale Therapieentscheidung zu treffen und den bestmöglichen Therapieerfolg zu erzielen. Und eine Tasse Kaffee am Morgen hilft auch immer.
Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?
Prof. Dr. Stephanie E. Combs: Während meines Studiums haben mich meine Dozentinnen und Dozenten immer ermutigt, die Dinge anzugehen, mich nicht von angeblichen Hürden abhalten zu lassen und immer an Türen zu klopfen, durch die ich gehen wollte. Gerade als Frau musste ich so manche Tür in meiner akademischen Laufbahn selbst öffnen. Aber ich habe immer daran geglaubt, dass sich die Türen öffnen lassen, wenn man es nur versucht.
Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?
Prof. Dr. Stephanie E. Combs: Ich schätze es, wenn Menschen Anstand haben, zuhören können, einen respektvollen Umgang miteinander pflegen und nicht zuletzt einen guten Sinn für Humor haben.
Was treibt Sie an?
Prof. Dr. Stephanie E. Combs: In der Radioonkologie haben wir oft Patienten und Patientinnen, die mit einer schwerwiegenden und lebensverkürzenden Diagnose zu uns kommen. Wenn wir diesen Patientinnen und Patienten Sicherheit in den oft erschütternden Situationen geben und dabei noch die Prognose und Lebensqualität verbessern können, macht mich das zufrieden und dankbar.
Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?
Prof. Dr. Stephanie E. Combs: Meine Tage sind gefüllt, oft bis in die späten Abendstunden. Deswegen verbringe ich auch gern mal einen Abend allein, mit einem guten Buch oder einem Spaziergang.
Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?
Prof. Dr. Stephanie E. Combs: Medizin ist ein spannendes und vielseitiges Berufsfeld. Ich rate jungen Ärztinnen und Ärzten, bereits früh im Studium viel auszuprobieren, um für sich selbst gut entscheiden zu können, welche Fachrichtung die richtige ist. Immer empfehlenswert ist es auch, über den Tellerrand hinauszuschauen und Famulaturen oder Stipendien an anderen Universitäten oder im Ausland zu machen, um den eigenen Erfahrungshorizont so weit wie möglich zu bilden.
Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?
Prof. Dr. Stephanie E. Combs: Die Arbeit nimmt in der Tat einen großen Teil meines Lebens ein. Aber da mich meine Tätigkeit erfüllt und mir großen Spaß macht, empfinde ich das nicht als belastend. Trotzdem versuche ich, zwischendrin immer wieder Inseln einzubauen, auf denen ich dann keinen Termindruck habe und abschalten kann.
Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?
Prof. Dr. Stephanie E. Combs: Im Vergleich mit anderen Ländern können wir uns in Deutschland über die gute medizinische Versorgung glücklich schätzen. Dennoch sehe ich großen Handlungsbedarf: Wir haben in der Universitätsmedizin nicht mehr nur einen akuten Personalmangel in der Pflege, sondern mittlerweile auch in der Verwaltung. Hinzu kommt, dass der Verwaltungsaufwand immer größer wird und es in Sachen Digitalisierung eklatante Rückstände gibt. Darüber hinaus müssen wir einen Fokus auf die Universitätsmedizin richten. Dort werden neue Therapien entwickelt und an die Patientinnen und Patienten gebracht, dort wird Hochleistungsmedizin angeboten, die Leben rettet und nur in diesen großen hochspezialisierten Zentren angeboten werden kann. Das muss sich auch in der Finanzierung der Universitätsmedizin widerspiegeln. Eine Versorgung auf höchstem Niveau muss kostendeckend vergütet werden – und hochkomplexe Therapien kosten eben mehr Geld.
Wann sind Sie glücklich?
Prof. Dr. Stephanie E. Combs: Beruflich macht es mich glücklich, wenn ich einem Patienten oder einer Patientin helfen konnte. Privat freue ich mich, wenn ich mit Familie und Freunden ohne Termindruck Zeit verbringen kann.