Facharzt-Weiterbildung Strahlentherapie: Dauer, Inhalte, Berufsperspektiven

10 Mai, 2024 - 07:38
Daniel Deininger
Arzt bei Strahlentherapie mit Patientin
Die Facharztweiterbildung im Gebiet Strahlentherapie dauert 60 Monate

Ärztinnen und Ärzte mit der Fachbezeichnung Strahlentherapeut bzw. Radioonkologe arbeiten in einem interdisziplinären Umfeld und setzen radioaktive Strahlung ein, um gezielt Tumoren zu bekämpfen. Wie sie ausgebildet werden und welche Inhalte während der Weiterbildung vermittelt werden, erfahren Sie hier.

Auf einen Blick: Weiterbildung (Facharztausbildung)  Strahlentherapie

  • Definition: Strahlentherapeuten beschäftigen sich mit der Strahlenbehandlung von malignen und benignen Erkrankungen. Zu ihren Aufgaben gehört es auch, das gesunde Gewebe während der Bestrahlung zu schützen.
  • Dauer: Die Facharzt-Weiterbildung in der Strahlentherapie dauert 60 Monate. Davon können bis zu 12 Monate in anderen Gebieten angerechnet werden.
  • Anzahl der Fachärzte: In Deutschland gibt es 1.942 Fachärztinnen und Fachärzte für Strahlentherapie. Davon sind 1.609 berufstätig. 783 arbeiten ambulant, 752 stationär in einer Klinik.

Etwa die Hälfte aller an Krebs Erkrankten kann heute geheilt werden. Die Strahlentherapie und hierbei im Speziellen die Radioonkologie trägt hierzu in hohem Maße zur erfolgreichen Krebstherapie bei. Neben der Strahlenbehandlung maligner Erkrankungen umfasst diese Facharztrichtung auch die Therapie benigner Tumoren einschließlich der medikamentösen und physikalischen Verfahren zur Radiosensibilisierung und Verstärkung der Strahlenwirkung.

Bestrahlung ersetzt oft Operation

Der Strahlentherapeut bzw. Radioonkologe kann zur Behandlung von Tumoren auf eine Reihe verschiedener Strahlenarten zurückgreifen und dabei die Intensität nahezu beliebig variieren. Zudem stehen mit der präoperativen (neoadjuvanten), der postoperativen (adjuvanten), der intraoperativen Strahlentherapie sowie der Option "Bestrahlung statt Operation" verschiedene Strategien des Therapiezeitpunkts zur Verfügung. Durch die exakte Planung der Bestrahlung und der High Technology-Durchführung wird das umgebende gesunde Gewebe geschont, genauso wie angrenzende innere Organe. Das bedeutet höhere Heilungschancen und eine bessere Lebensqualität für die Patienten.

Trotz dieser optimalen technischen Möglichkeiten hängt der Erfolg der Strahlentherapie auch von Vertrauen in die Kompetenz der behandelnden Ärzte ab. Es ist die Aufgabe der Mediziner, den Patienten von Anfang an die Angst vor der bevorstehenden Strahlenbehandlung zu nehmen – durch eine empathische Betreuung und ausführliche Aufklärungsgespräche.

Generalisten in der Onkologie

Strahlentherapeuten bzw. Radioonkologen sind durch ihr "Einsatzgebiet" notwendigerweise Generalisten in der Onkologie. Sie beschäftigen sich mit annähernd allen Krebskrankheiten in allen Stadien. Sie begleiten Kinder und Erwachsene oftmals über viele Jahre hinweg und liefern den Behandlern regelmäßig wichtige Informationen über das individuelle Muster der Erkrankung und über die Veränderung unter der Therapie. Außerdem behandeln sie ein großes Spektrum gutartiger Erkrankungen mit der Strahlentherapie.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Kollegen in der Onkologie ist ein absolutes Muss. Nur diese ermöglicht ein optimales Behandlungskonzept, das von der Erstdiagnose über die Therapieplanung bis zur Therapiekontrolle reicht. Regelmäßige Konferenzen verschiedener Experten sind dafür bestimmt, die individuell richtige Therapie auf Basis der jeweiligen Leitlinien festzulegen – in der Onkologie findet das in den sogenannten Tumorboards statt.

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Strahlentherapeut werden: Die Weiterbildung (Facharztausbildung) im Überblick

Dauer der Weiterbildung:

Die Weiterbildungszeit im Bereich Strahlentherapie beträgt 60 Monate unter Befugnis an Weiterbildungsstätten, davon

  • können zum Kompetenzerwerb bis zu 12 Monate Weiterbildung in anderen Gebieten erfolgen.

Inhalte der Weiterbildung:

Übergreifende Inhalte

  • Wesentliche Gesetze, Verordnungen und Richtlinien

Indikationsstellung

  • Indikationsstellung für alle strahlentherapeutischen Verfahren unter Berücksichtigung der spezifischen Risiken und möglicher Komplikationen
  • Bewertung und Vergleich der unterschiedlichen strahlentherapeutischen Verfahren
  • Indikationsstellung und Befundinterpretation von vorbereitender und weiterführender Diagnostik im Rahmen von strahlentherapeutischen Behandlungen

Strahlenschutz

  • Grundlagen des Strahlenschutzes beim Patienten und Personal einschließlich der Personalüberwachung und des baulichen und apparativen Strahlenschutzes
  • Grundlagen des Umgangs mit offenen und geschlossenen radioaktiven Strahlen
  • Voraussetzungen zur Erlangung der erforderlichen Fachkunden im gesetzlich geregelten Strahlenschutz

Medizinische Strahlenphysik und Informationstechnologie

  • Grundlagen der Radioaktivität, Strahlerzeugung, Strahlcharakteristik sowie der Wechselwirkungen von Strahlung mit Materie
  • Dosimetrie und Bestrahlungsplanungssysteme sowie in der Strahlentherapie eingesetzte Geräte, z. B. Linearbeschleuniger, sonstige Teilchenbeschleuniger, radioaktive Quellen, Röntgentherapie, Bildgebungsanlagen, Zusatzgeräte
  • Strahlentherapeutisch relevante Informationstechnologie

Strahlenbiologie

  • Biologie unterschiedlicher Strahlenarten, insbesondere linearer Energietransfer (LET) und relative biologische Wirksamkeit (RBE)
  • Biologische Grundlagen der Strahlenbehandlung gutartiger Erkrankungen
  • Akute und späte Nebenwirkungen an gesunden Geweben
  • Bewertung von Risiken für strahlentherapieassoziierte Nebenwirkungen, insbesondere Spätfolgen (Toleranzdosen, linearquadratisches Modell, Dosisvolumeneffekte von Normalgewebsschäden) einschließlich Einsatz von Radioprotektoren
  • Strahlenbiologie von Tumoren
  • Bewertung von Tumorkontrollwahrscheinlichkeiten
  • Strahlenbiologie der Kombination der Bestrahlung mit medikamentösen und physikalischen Verfahren
  • Bewertung der Radiosensibilisierung und Verstärkung der Strahlenwirkung

Strahlentherapie gutartiger Erkrankungen

  • Konzepte der strahlentherapeutischen Behandlung gutartiger Erkrankungen
  • Strahlentherapeutische Behandlung auch im Kontext interdisziplinärer Behandlungskonzepte von gutartigen Erkrankungen

Grundlagen der Onkologie

  • Interdisziplinäre Behandlungskonzepte
  • Grundlagen der Tumorbiologie und Tumorpathologie einschließlich der molekularen Diagnostik und Kategorisierung onkologischer Erkrankungen
  • Grundlagen nicht-radioonkologischer Therapieverfahren in interdisziplinären Konzepten, insbesondere operative Verfahren, systemische Therapien einschließlich myeloablativer Verfahren, Radionuklidtherapie und immunologischer Therapie
  • Indikationsstellung zur radioonkologischen Kombinationsbehandlung

Tumorerkrankungen

  • Strahlentherapeutische Behandlung, auch im Kontext interdisziplinärer Behandlungskonzepte von verschiedenen Tumorentitäten einschließlich onkologischer Notfälle und der Behandlung von Metastasen, insbesondere
    • Tumore des zentralen Nervensystems
    • Kopf-Hals-Tumore
    • gastrointestinale Tumore
    • Tumore der Lunge und des Mediastinum
    • Tumore der Brust
    • gynäkologische Tumore
    • urologische Tumore
    • Lymphome und Leukämien
    • Knochen- und Weichteilsarkome
    • Hauttumore
    • Tumore mit unbekanntem Primärtumor
    • Tumore des Auges und der Orbita
    • pädiatrische Tumore

Bestrahlungsplanung und Therapieverifikation

  • Lagerung und Immobilisation von Patienten
  • Indikation und Durchführung bildgebender Verfahren zur Therapieplanung und Verifikation der Bestrahlungsfelder, insbesondere konventionelle Simulation, CT-Simulation
  • Definition von Tumorvolumina und Normalgeweben anhand bildgebender Methoden
  • Computergestützte Bestrahlungsplanung auf der Basis von CT-Untersuchungen für die Strahlentherapie unter Berücksichtigung möglicher Kombinationstherapien und interdisziplinärer Behandlungen, ggf. unter Einbeziehung weiterer bildgebender Verfahren, z. B. MRT, Positronenemissionstomographie (PET) (Richtzahl: 500), davon
    • CT verschiedener Körperregionen (Richtzahl: 200)

Externe Strahlentherapie

  • Durchführung von externer Strahlentherapie mit Linearbeschleunigern einschließlich Ersteinstellung, Genauigkeitskontrolle, Korrekturen, Dokumentation, Überwachung des Patienten, Erkennung und Behandlung von Nebenwirkungen, davon
    • bei gutartigen Erkrankungen (Richtzahl: 50)
    • bei bösartigen Erkrankungen mit Linearbeschleuniger (Richtzahl: 450)

Brachytherapie

  • Grundlagen der Anwendung umschlossener radioaktiver Stoffe zur permanenten Implantation, zur Afterloadingtherapie sowie zur endovaskulären Strahlentherapie
  • Durchführung von Brachytherapie, insbesondere bei Tumoren des weiblichen Genitale (Richtzahl: 100), davon
    • mit Afterloading-Einrichtung (Richtzahl: 60)

Medikamentöse Tumortherapie und Supportivtherapie

  • Begleitbehandlungen zur Verstärkung der Strahlenwirkung im Tumor und zur Protektion gesunder Gewebe
  • Indikation, Durchführung und Überwachung der systemischen Tumortherapie in Kombination mit Bestrahlungen bei soliden Tumorerkrankungen einschließlich der Beherrschung auftretender Komplikationen in Behandlungsfällen (Richtzahl: 500), davon
    • mit Chemotherapie (Richtzahl: 100)
  • Strahlentherapeutische Nachsorge von Tumorpatienten
  • Regelmäßige Teilnahme an interdisziplinären Tumorkonferenzen, davon
    • Falldarstellungen (Richtzahl: 20)
  • Pharmakologie und Wirkungsweise von medikamentösen Tumortherapien
  • Indikationsstellung zur medikamentösen Tumortherapie unter Berücksichtigung von Komorbiditäten
  • Prävention, Erkennung und Behandlung spezifischer Nebenwirkungen von Tumortherapeutika
  • Aspekte der Nachsorge bei medikamentöser Tumortherapie
  • Grundlagen der Supportivtherapie und Rehabilitation bei Tumorerkrankungen
  • Prophylaktische und interventionelle Supportivtherapie, insbesondere Antiemese, Ernährungsberatung und Diätetik einschließlich enteraler und parenteraler Ernährung, Infektionsprophylaxe und Therapie von Infektionen, Antikoagulation
  • Einleitung und Überwachung physikalischer Maßnahmen
  • Psychogene Symptome, somatopsychische Reaktionen und psychosoziale Zusammenhänge
  • Infusions-, Transfusions- und Blutersatztherapie sowie parenterale Ernährung
  • Einleitung und Überwachung rehabilitativer Maßnahmen
  • Betreuung palliativmedizinisch zu versorgender Patienten

Quellen: Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer 2018, Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2023
 


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