Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Prof. Dr. med. Maximilian Traxdorf unseren Fragen. Er leitet seit 1. Oktober 2021 die Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Klinikum Nürnberg.
Herr Professor Traxdorf, warum eigentlich sind Sie Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde geworden?
Prof. Dr. Maximilian Traxdorf: Meinen ersten Kontakt zur Medizin im Allgemeinen und zur Hals-Nasen-Ohrenheilkunde im Speziellen hatte ich während meines Zivildienstes. Neben der grundsätzlichen Faszination für die Medizin überraschte mich vor allem die unglaubliche Bandbreite der HNO-Heilkunde. Sie reicht von großen, teils tagesfüllenden tumorchirurgischen Eingriffen und den damit verbundenen Defektrekonstruktionen über die Präzision im Submillimeter-Bereich im Rahmen der Mikrochirurgie des Ohres bis hin zur hoch-elektiven plastisch-ästhetischen Chirurgie. Zudem befasst sich die HNO-Heilkunde mit Patienten aller Altersgruppen und hat zahlreiche Schnittstellen und Überlappungen mit anderen Fachgebieten, wie der Neurologie, Neurochirurgie, Dermatologie, Pneumologie, Onkologie, Strahlentherapie oder Rheumatologie. Um das Fach in seiner Gänze zu überblicken, muss man daher viel über den Tellerrand hinausblicken.
Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?
Prof. Dr. Maximilian Traxdorf: Wichtig ist ein gutes Arbeitsklima über sämtliche Berufsgruppen hinweg. Das ist etwas, das sich als Erstes auf den Patienten überträgt und ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermittelt. Auch das Etablieren klar erkennbarer Strukturen und klinischer Standards fördert als Zeichen der Professionalität das Vertrauen des Patienten. Grundsätzlich müssen jedoch erst einmal die notwendigen personellen, räumlichen und apparativen Ressourcen sowie eine optimierte verwaltungstechnische Organisationsstruktur zur Verfügung stehen, um eine adäquate und zeitgemäße Patientenversorgung gewährleisten zu können.
Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?
Prof. Dr. Maximilian Traxdorf: Mein ehemaliger Chef hat mich bedeutend geprägt. Er hat uns gepredigt, wir sollten unsere Patienten stets so behandeln, als wären sie unsere eigenen Familienangehörigen, auch im Umgang auf menschlicher Ebene. Trotz der Tatsache, dass das medizinische Vorgehen inzwischen erfreulicherweise bei vielen Erkrankungen durch Leitlinien abgedeckt ist, verbleiben doch viele Situationen, in denen unser persönlicher medizinischer Rat und unsere Erfahrungen für den Patienten das Einzige sind, an dem er oder sie sich festhalten und orientieren kann. Der zweite Leitsatz appelliert an die Notwendigkeit, sich stetig fortzubilden und kommt von einem äußerst geschätzten ehemaligen leitenden Oberarzt, der einer wandelnden Enzyklopädie gleicht: Was Du nicht kennst, siehst Du nicht. Dieser Appell richtet sich an Assistenten genauso wie an Chefs.
Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?
Prof. Dr. Maximilian Traxdorf: Ein grundsätzlich wertschätzender Umgang mit der Umwelt, Herzlichkeit, Integrität, Charakterstärke und Zielstrebigkeit gepaart mit einem Sinn für Humor.
Was treibt Sie an?
Prof. Dr. Maximilian Traxdorf: Meine Familie, meine Patienten sowie meine Neugier und Begeisterungsfähigkeit, vor allem mit dem Wissen, dass unsere Zeit endlich ist.
Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?
Prof. Dr. Maximilian Traxdorf: Mit meinen viel zu früh verstorbenen Großeltern.
Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?
Prof. Dr. Maximilian Traxdorf: Ein erfahrener Kollege hat einmal beim Thema „Klinik und Wissenschaft“ zu mir gesagt, in der Medizin bräuchte ich einen langen Atem. Mit intrinsischer Motivation und Begeisterungsfähigkeit sowie einer vernünftigen Portion Beharrlichkeit lässt sich jedoch das eine oder andere dunkle Tal erfolgreich durchqueren. In Bezug auf die klinische Praxis ist die Evidenzbasierte Medizin ein guter und wichtiger Ratgeber. Allerdings sollten die jungen Ärztinnen und Ärzte nicht aufhören, Dinge zu hinterfragen und bei kniffligen Fragen auch mal „outside the box“ zu denken.
Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?
Prof. Dr. Maximilian Traxdorf: Erfreulicherweise kann man sich diese inflationär verwendete Begrifflichkeit heutzutage im Kontext einer Wohlstandsgesellschaft leisten – dem war ja nicht immer so. Bei mir persönlich ist das eher ein fließender Übergang zwischen beiden „Zuständen“. Mit einer vernünftigen Priorisierung von zu erledigenden Aufgaben befindet man sich, glaube ich, auf einem guten Weg.
Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?
Prof. Dr. Maximilian Traxdorf: Trotz aller Kritik verfügen wir in Deutschland erfreulicherweise über ein grundsolides Gesundheitssystem. Im internationalen Vergleich zeichnet es sich jedoch zusehends durch eine überbordende Bürokratie und eine schleichende Digitalisierung aus. Zudem besticht es durch vergleichbar hohe Ausgaben pro Kopf und Jahr. Erstaunlicherweise lässt sich für Deutschland jedoch eine der niedrigsten Lebenserwartungen im westeuropäischen Vergleich verzeichnen. Auch wenn das vielleicht nicht unbedingt ein Gradmesser von medizinischer Versorgungsqualität ist, sollte diese Entwicklung dennoch aufhorchen lassen und Ansatzpunkt künftiger Bestrebungen sein.
Wann sind Sie glücklich?
Prof. Dr. Maximilian Traxdorf: Im Allgemeinen: wenn es meinem Umfeld gut geht, sprich, der Familie, den Patienten und Freunden. Im Speziellen: Im Gegensatz zur generellen Verfügbarkeit im Alltag in Bezug auf die eigene Person sowie Dinge des alltäglichen Lebens erfüllt mich ein gewisser Minimalismus auf Reisen mit Glück. Da ist man teilweise selbst erstaunt, mit wie wenig man doch zurechtkommen kann.