
Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Prof. Dr. med. Nasreddin Abolmaali unseren Fragen. Er ist seit 1. Januar 2025 Chefarzt des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Klinikum Bielefeld.
Herr Professor Abolmaali, warum eigentlich sind Sie Facharzt für Radiologie geworden?
Prof. Dr. Nasreddin Abolmaali: Meine Entscheidung für die Radiologie fiel im Studium während eines Praktikums bei Prof. Schindler in der chirurgischen Radiologie der Uniklinik Würzburg. Ich fand es faszinierend, wie ein Detektiv Diagnosen zu stellen, indem ich tiefgründiges medizinisches Wissen mit meiner Fähigkeit kombinierte, mir aus zweidimensionalen Projektionsaufnahmen, zum Beispiel Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen, ein dreidimensionales Bild der dargestellten Objekte vorzustellen. In der Facharztausbildung hatte ich damit große Erfolge bei Untersuchungen, die heute nicht mehr durchgeführt werden: dem Magenröntgen im Doppelkontrast. Das sind für mich immer noch äußerst ästhetische Aufnahmen. Heute wende ich diese Fähigkeit vor allem bei onkologischen und nicht-onkologischen Interventionen transarteriell und perkutan an.
Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?
Prof. Dr. Nasreddin Abolmaali: Ich schöpfe aus der mir übertragenen Verantwortung Kraft für die tägliche Arbeit. Die Freiheit, mich auf bestimmte Dinge fokussieren zu dürfen, führt zu kreativem Schaffen mit besonderen Ergebnissen, ohne dass ich die erforderlichen Routinearbeiten vernachlässige.
Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?
Prof. Dr. Nasreddin Abolmaali: Dranbleiben! Wenn es mal weniger Freude macht, lieber in kleineren Schritten weitergehen als stehen bleiben – immer weiter!
Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?
Prof. Dr. Nasreddin Abolmaali: Aufrichtigkeit und Verlässlichkeit.
Was treibt Sie an?
Prof. Dr. Nasreddin Abolmaali: Meine Motivation schöpfe ich aus meiner unbändigen Neugier und der Gestaltungskraft, die sich aus dem neu Begriffenen ergibt.
Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?
Prof. Dr. Nasreddin Abolmaali: Mit dem Jedi-Meister Yoda – aber lieber eine vollständige Ausbildung lang als nur einen einzigen Abend.
Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?
Prof. Dr. Nasreddin Abolmaali: Ich möchte für meine Weiterbildungsassistenten und -assistentinnen Mentor sein, damit sie für sich einen erfüllenden Weg finden. Sie mögen sich ein Vorbild suchen, einen Menschen, der sie in möglichst vielen Bereichen, also nicht nur in der Fachlichkeit, mitreißt und offen informiert.
Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?
Prof. Dr. Nasreddin Abolmaali: Mir gefällt der Begriff Work-Life-Balance schon nicht. Ich arbeite für mein Leben gern, das heißt, wenn ich arbeite, genieße ich mein Leben. Meine Arbeit gehört zu meinem Leben genauso wie meine Familie, meine Freizeit und mein relativ kurzer Schlaf. Für mich ist die tägliche Arbeit als Arzt eine Berufung und kein Job.
Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?
Prof. Dr. Nasreddin Abolmaali: Erstens: Es mangelt an Prävention. Ich empfinde unser System eher als „Krankheitssystem“. Zweitens: Es mangelt an der öffentlichen Diskussion darüber, was wir uns als Gesellschaft für uns, also für alle in jedem Alter und mit beliebiger Erkrankung, an Gesundheits- bzw. Krankheitskosten leisten wollen. Wir geben für die letzten Monate des Lebens unserer Kranken Unsummen dafür aus, das Leben noch etwas zu verlängern – häufig mit niedriger oder fallender Lebensqualität. Wenn wir offen über diese Kosten und die segensreichen Entwicklungen der Palliativmedizin sprechen würden, entstünde sicherlich ein tragfähiger gesellschaftlicher Konsens für das Ende des Lebens mit völlig individuellen Entscheidungen. Drittens: Es mangelt an der Auseinandersetzung mit dem Tod. Wir müssen den Tod wieder in unser Leben holen. Unsere Gesellschaft verdrängt das Ende unseres Lebens aus unserem Leben – das ist schlecht!
Wann sind Sie glücklich?
Prof. Dr. Nasreddin Abolmaali: Wenn ich im Flow bin, beim Sport, beim Musikmachen, beim Forschen, mit meiner Familie, bei der Patientenversorgung und mit meinen vielen anderen Hobbys.