
Die Medizin steht vor tiefgreifenden Umwälzungen. Eine der Fachrichtungen, die aufgrund ihrer hohen Technologisierung immer als erstes von Innovationen profitiert, ist die Radiologie. Dabei gibt sie oft Wege vor, wie sich die Medizin künftig auch in anderen Fachbereichen entwickelt. Auf dem RSNA 2024 in Chicago, der größten internationalen Radiologie-Fachkonferenz, wurden Technologien vorgestellt, die zeigen, dass Diagnostik und Therapie von Krankheiten künftig völlig neu gedacht werden müssen.
Ein Beispiel für diese Innovation ist die photonenzählende CT-Technologie, die von Siemens Healthineers präsentiert wurde. Diese Technologie bietet Ärztinnen und Ärzten hochauflösende Bilder bei reduzierter Strahlenbelastung. Sie ermöglicht präzisere Diagnosen, etwa bei verkalkten Koronararterien oder Lungenveränderungen, und reduziert Bildartefakte. Besonders bei kardiologischen Untersuchungen oder in der Pädiatrie profitieren Patientinnen und Patienten von verkürzten Scanzeiten, die den Komfort erhöhen.
Mit KI-Unterstützung führt die Technologie Nutzende effizient durch die Untersuchungen und liefert konsistente Ergebnisse. Dadurch können auch weniger erfahrene Radiologinnen und Radiologen präzise Diagnosen stellen. Die Technologie eignet sich gleichermaßen für spezialisierte Zentren wie für Routineanwendungen in Notfall- und Versorgungseinrichtungen, optimiert Abläufe und verkürzt die Zeit bis zur Therapie.
Angesichts des Fachkräftemangels sind solche Neuerungen in der Technologie dringend notwendig. Sie vereinfachen die Arbeit der Medizinerinnen und Mediziner, sparen Ressourcen und vor allem Zeit. Daher arbeiten die Hersteller kontinuierlich daran, Scanzeiten weiter zu reduzieren.
Natürlich geht es auch darum, die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten zu verbessern – und genau hier kommt KI ins Spiel. Die Siemens-Geräte verfügen über eine KI-basierte Plattform, die das Personal Schritt für Schritt durch die Untersuchung führt – von der Vorbereitung bis zur Auswertung. Dies reduziert Fehlerquellen, sorgt für konsistente Ergebnisse und ermöglicht es auch weniger erfahrenen Nutzenden, die Technologie effektiv einzusetzen.
Neue Möglichkeiten für spezialisierte Zentren
Besonders in Notfallsituationen, bei der Traumadiagnostik oder der Behandlung von Schlaganfällen liefern die Geräte schnellere und präzisere Ergebnisse, was die Zeit von der Diagnose bis zur Therapie verkürzt. In spezialisierten Zentren können die neuen Scanner zudem für die Untersuchung komplexer Fälle eingesetzt werden, während Routineuntersuchungen an peripheren Standorten erfolgen.
Die neuen Geräte eröffnen Ärztinnen und Ärzten somit nicht nur eine höhere diagnostische Präzision, sondern optimieren auch die Patientenversorgung und Arbeitsabläufe in unterschiedlichen klinischen Kontexten.
Dr. Ami Borhani, Associate Professor of Radiology an der Northwestern University Feinberg School of Medicine und Medical Director of CT am Northwestern Memorial Hospital, sowie Dr. Daniel Borja-Cacho, Associate Professor of Surgery an der Northwestern University Feinberg School of Medicine, setzen die photonenzählende Computertomographie (PCCT) in ihrer Arbeit ein. Sie berichten von präziseren Diagnosen, einer geringeren Strahlenbelastung und einer verbesserten Patientenversorgung. Mit einer bis zu sechsmal höheren räumlichen Auflösung im Vergleich zu herkömmlichen CTs ermöglicht die Technologie die Darstellung feinster anatomischer Details. Sie findet zunehmend Anwendung in der Onkologie, Transplantationsmedizin und pränatalen Diagnostik.
Präzisere Diagnosen und bessere Therapieentscheidungen
Ein besonderer Vorteil der PCCT liegt in ihrer Fähigkeit, selbst bei schwierigen Patientinnen und Patienten hochwertige Bilder zu liefern. Dr. Borhani erklärt: „Die präziseren Bilder helfen uns, unsere Entscheidungen besser abzusichern. Das bedeutet weniger Risiko für den Patienten und mehr Vertrauen in die Diagnostik.“
In der Transplantationsmedizin hilft die Technologie, vaskuläre Komplikationen wie Stenosen und Spasmen sicher zu unterscheiden. Die beiden Ärzte berichten von einem Fall, bei dem eine invasive Behandlung vermieden wurde, indem statt einer angenommenen Stenose eine Gefäßspastik diagnostiziert wurde.
Auch in der Onkologie erweist sich die PCCT als äußerst hilfreich: Sie verbessert die Tumorabgrenzung und erleichtert die chirurgische Planung. Dr. Borja-Cacho beschreibt, wie die Technologie ihm hilft: „Wir können jetzt nicht nur genauer planen, sondern auch bessere Entscheidungen für die Patienten treffen, die langfristig ihre Prognose verbessern.“
Geringere Strahlenbelastung und breitere Anwendbarkeit
in weiterer großer Vorteil der PCCT ist die reduzierte Strahlenbelastung, die insbesondere für empfindliche Patientengruppen wie Kinder oder Schwangere entscheidend ist. Trotz niedriger Dosis liefert die Technologie hochauflösende Bilder, die beispielsweise bei einer schwangeren Patientin mit Brustkrebs eine sichere Metastasensuche ermöglichten. Zudem können auch adipöse Patientinnen und Patienten mit einem Gewicht von bis zu 300 kg diagnostisch zuverlässig untersucht werden – ein Bereich, in dem die konventionelle CT oft an ihre Grenzen stößt.
Obwohl die Anschaffungskosten für neue Technologien oft hoch sind, rechtfertigen die langfristigen Einsparungen und die verbesserten Behandlungsergebnisse ihren Einsatz. Borhani und Borja-Cacho berichten von einer optimierten Diagnostik und einer Reduktion unnötiger Eingriffe, die sowohl Patientinnen und Patienten als auch das Krankenhaus entlasten. Dennoch bleibt die breitere Verfügbarkeit der Technologie eine Herausforderung, die künftig durch weitere Forschung und Investitionen überwunden werden könnte.
Die Arbeit mit der PCCT verlangt von Ärztinnen und Ärzten ein Umdenken. Sie müssen lernen, die neuen Informationen zu interpretieren und die erweiterten Möglichkeiten in ihre Entscheidungsprozesse zu integrieren. Doch die Vorteile sind deutlich: Weniger Unsicherheit, klarere Diagnosen und eine engere Abstimmung der Behandlungsteams. Die Technologie unterstützt nicht nur den medizinischen Erfolg, sondern reduziert auch Stress und Druck im Klinikalltag.
Fazit: Technologie als Partner
Die photonenzählende Computertomographie zeigt, wie moderne Technologien Ärztinnen und Ärzten neue Möglichkeiten eröffnen und den Alltag spürbar erleichtern. Durch präzisere Diagnosen, sicherere Behandlungsentscheidungen und eine bessere Patientenversorgung hat die PCCT das Potenzial, die Medizin nachhaltig zu verändern – und die Arbeit der Menschen, die sie jeden Tag praktizieren.