
Was dürfen Ärztinnen während der Schwangerschaft eigentlich tun? Hier herrscht viel Unsicherheit: Aus Sorge vor Beschäftigungsverboten hat ein Großteil der Ärztinnen Angst davor, den Arbeitgeber über die Schwangerschaft zu informieren. Mit einer neuen Positivliste zu möglichen Tätigkeiten für Schwangere will der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) jetzt für Klarheit sorgen.
Eine entsprechende Liste gibt es schon seit 2014. Jetzt wurde das Dokument auf der Grundlage des neuen Mutterschutzgesetzes (MuSchG) aktualisiert. Die gute Nachricht für die Ärztinnen: Eine Schwangerschaft bedeutet nicht, dass eine Arbeit mit Patientinnen und Patienten automatisch nicht mehr möglich ist. Gleichzeitig gibt es aber auch viele organisatorische und administrative Tätigkeiten, die Schwangere und Stillende weiterhin ausführen können.
Wenn es um klinische Aufgaben und die intensivmedizinische Überwachung und Therapie geht, sind eine Reihe von nicht-invasiven, aber auch invasiven Tätigkeiten möglich. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass entsprechende Schutzmaßnahmen beachtet werden. Welche Maßnahmen das im Einzelfall sind, geht auch aus der Liste hervor. Natürlich müssen auch immer die individuellen Gegebenheiten am jeweiligen Klinikum berücksichtigt werden. Letztlich entscheiden immer die Aufsichtsbehörden, ob und wie eine schwangere Ärztin weiterhin eingesetzt werden kann. Die Empfehlungen des BDA seien als Orientierungshilfe gedacht, heißt es vom Verband. Allerdings hatten die Behörden bislang in der Regel keine Bedenken, eine Ärztin weiterhin einzusetzen, wenn die genannten Schutzmaßnahmen beachtet wurden.
Was schwangere Ärztinnen in der Anästhesie tun dürfen
Die Liste führt verschieden Aufgaben auf, die schwangere Ärztinnen unter Berücksichtigung der Schutzmaßnahmen übernehmen dürfen. Hier einige Beispiele:
Allgemeines
Die Schwangere kann im Rahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Lehre tätig werden, z. B.
- theoretische Einarbeitung neuer Kolleginnen und Kollegen
- praktische Einarbeitung neuer Kolleginnen und Kollegen
- Supervision bei invasiven Maßnahmen
- Erarbeitung und Überarbeitung der hauseigenen Standard Operating Procedures (SOP)
- Studierendenunterricht
- Unterricht für Pflege- /Assistenzberufe
- ...
Anästhesie, Schmerztherapie und Palliativmedizin
- Anamnese, Untersuchung und Aufklärung im Rahmen der Prämedikation
- Indikationsstellung, Festlegung von Therapieplänen und Behandlungsplanung
- Gespräche mit Angehörigen
- Teambesprechungen
- Dokumentation
- Anforderungen von Untersuchungen und Auswertung der Untersuchungsergebnisse
- Veranlassung weiterführender Diagnostik
- Durchführung von postanästhesiologischen Visiten und Visiten im Rahmen der Akutschmerztherapie
- ...
Intensivmedizin
- Interne und externe Kommunikation
- Organisation von konsiliarischen Dienstleistungen, Terminierung von benötigten Bildgebungen und Untersuchungen
- Vorbereitung von Verlegungen (z. B. Weaning- und Rehabilitations einrichtungen)
- Koordination von externen Patientenanfragen und -aufnahmen
- Erstellung von Betreuungsanträgen
- Mitwirkung bei der Visite
- Nicht-invasive Diagnostik, intensivmedizinische Überwachung und Therapie
- Sonographie, transthorakale Echokardiographie
- Analgesie und Sedierung
- Enterale und parenterale Ernährung (inkl. Sondentechniken)
- Kreislauftherapie
- Gebietsbezogene Arzneimitteltherapie
- Infektionsvisite und Abfrage der infektiologischen Befunde
- Schmerztherapeutische Behandlung und Dokumentation des Schmerzverlaufs
- Invasive Diagnostik und Therapie
- Punktionen
- Mess- und Überwachungstechniken (z. B. PiCCO)
- Organersatzverfahren (z. B. CRRT)
- Beatmungstherapie
- Anlage / Wechsel von invasiven Kathetern und Drainagen
- Transfusion von Blut und Blutbestandteilen, Gerinnungstherapie
- Hirntoddiagnostik und Organisation der Organspende
- ...
Schutzmaßnahmen für schwangere Ärztinnen
Besonders im Umgang mit Patientinnen und Patienten sollte die schwangere Ärztin neben den üblichen Schutzmaßnahmen auch zusätzliche Maßnahmen ergreifen: Dazu gehören beispielsweise doppelte Handschuhe, Schutzbrille und Kittel. Im OP oder auf der Intensivstation, also in Bereichen, in denen es häufiger zu Notfallsituationen kommen kann, darf die schwangere Ärztin nur zusammen mit anderen, nicht-schwangeren Kolleginnen und Kollegen arbeiten. So kann sie im Notfall schnell entlastet oder abgelöst werden. In Bereichen wie der Notaufnahme oder im Notarztdienst, die schwer auf die Bedürfnisse einer schwangeren Ärztin angepasst werden können, besteht dagegen in der Regel ein generelles Beschäftigungsverbot.