Österreichische Klinikgruppe Vinzenz Gruppe arbeitet mit Patientenportal „Hallo Gesundheit“

6 Juni, 2024 - 07:26
Miriam Mirza
Telemedizin

Heute wollen und sollen Patientinnen und Patienten mehr Gestaltungsspielraum in Bezug auf ihre Gesundheit erhalten. In Österreich hat die Klinikgruppe Vinzenz Gruppe das Patientenportal "Hallo Gesundheit" gestartet und damit einen interessanten Schritt in der Digitalisierung des Gesundheitswesens gemacht. Es bietet Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, ihre medizinische Versorgung aktiv mitzugestalten – von der Online-Terminvereinbarung über digitale Sprechstunden bis hin zum Einsehen von Befunden. Dies steigert nicht nur die Effizienz sowie die Patientenzufriedenheit, sondern entlastet auch das medizinische Personal, indem es administrative Prozesse vereinfacht.

Kostenfreier Service für die Nutzenden

"Hallo Gesundheit" zielt darauf ab, den Zugang zur Gesundheitsversorgung zu vereinfachen und für Patientinnen und Patienten verständlicher zu gestalten. Das Portal ermöglicht es, online Termine zu vereinbaren, an digitalen Sprechstunden teilzunehmen und medizinische Befunde einzusehen. Der Service ist kostenfrei für Patientinnen und Patienten der beteiligten Einrichtungen. Alle Daten sind mehrfach geschützt, verschlüsselt und auf Servern innerhalb der EU abgelegt. Mit der Zeit ist geplant, das Angebot schrittweise zu erweitern, um den Nutzenden noch mehr Funktionen bereitzustellen.

Als Kooperationspartner für die technische Seite hat sich Siemens Healthineers eingebracht. Bei der Entwicklung von "Hallo Gesundheit" war für das Unternehmen wichtig, die Anwendenden früh einzubeziehen: „Einer der ersten Workshops in der Zusammenarbeit mit der Vinzenz Gruppe war ein Design Thinking Workshop, zu dem wir möglichst viele Fachexpertinnen und Experten – also Ärztinnen und Ärzte, aber auch Mitarbeitende aus der Pflege und vor allem aus dem administrativen Bereich – eingeladen haben. Denn von Beginn an war für uns klar, dass wir nur durch regelmäßiges Feedback vom operativ tätigen Personal sicherstellen können, Features zu entwickeln, von denen Patientinnen, Patienten und Fachexpertinnen und -experten gleichermaßen profitieren“, sagt Cornelia Schneider, Product Owner eHealth Patient Portal, Siemens Healthineers.

Bestehende Prozesse verbessern statt erneuern

In der Folge haben mehr als 100 Patientinnen und Patienten sowie über 130 Expertinnen und Experten aus den Einrichtungen, an denen die Vinzenz Gruppe beteiligt ist, die Entwicklung im Rahmen von Workshops oder Tiefeninterviews unterstützt. Eine Erfahrung, die die Entwicklerinnen und Entwickler im Blick haben mussten, war, dass „Ärztinnen und Ärzte, Personen aus der Pflege und administrativ Mitarbeitende sehr an ihrem Primärsystem hängen“, so Schneider. „Und so wurde in Gesprächen und Workshops oftmals der Wunsch geäußert, neue Features – durch die Nutzung von Industriestandards wie HL7 und FHIR – in bestehende Primärsysteme zu integrieren, um somit etablierte Prozesse zu verbessern, statt zu erneuern.“ Das sind wichtige Erkenntnisse: Denn wenn solche Hinweise nicht beachtet werden, besteht die Gefahr, dass Produkte an den Wünschen von Nutzenden „vorbeientwickelt“ werden. Das Ergebnis: Am Ende werden die Innovationen von der Zielgruppe nicht genutzt. Durch die kollaborative Zusammenarbeit ist ein Produkt entstanden, das von allen Seiten gut angenommen wird.

Den Start in Form eines Probebetriebs machte das Barmherzige Schwestern Krankenhaus Wien. Hier wurden erste Erfahrungen gesammelt. Geplant ist, die Lösung auf weitere Häuser auszuweiten.

Interview mit Dr. Georg Tentschert über die Erfahrungen mit dem Projekt

Im Interview berichtet der Arzt Dr. Georg Tentschert, Oberarzt und Chirurg im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Wien sowie Leiter des Adipositas-Zentrums, warum er sich an dem Projekt beteiligt hat.

Warum haben Sie bei der Entwicklung von „Hallo Gesundheit“ mitgemacht?

Dr. Georg Tentschert: Hier gibt es eine Vorgeschichte: Zu Beginn der Corona-Pandemie haben wir im Adipositas-Zentrum des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern Wien recht schnell gemerkt, wie schwierig sich Nachsorgeprozesse gestalten, wenn die Vor-Ort-Betreuung behindert ist. Also haben wir zunächst auf ein gängiges Videokonferenz-Tool zurückgegriffen, um die Kontrollen durchzuführen. Das hat gut funktioniert und nachdem wir einige Hundert Patientinnen und Patienten auf diese Art serviciert haben, dachten wir, das wäre ausbaufähig.

Innerhalb der Vinzenz Gruppe stieß das natürlich auf offene Ohren. Zudem ist mehr Effizienz im Gesundheitswesen in Zeiten wie diesen ein Gebot der Stunde. Das Unternehmen hat sich also mit den Spezialistinnen und Spezialisten von Siemens Healthineers zusammengesetzt, und mit deren technologischer Expertise wurde dann Schritt für Schritt „Hallo Gesundheit“ entwickelt. Bei dieser Innovation wollte ich unbedingt dabei sein!

Welche Erwartungen hatten Sie zu Beginn des Projekts?

Dr. Georg Tentschert: Wichtig für mich und mein Team war, dass wir uns aktiv einbringen konnten. Aber nicht nur wir, sondern auch andere Player waren beteiligt: Ärztinnen und Ärzte, Pflege- und Verwaltungspersonal, Fachexpertinnen und Fachexperten sowie Patientinnen und Patienten. Aus meiner Sicht ist „Hallo Gesundheit“ gerade durch diese Zusammenarbeit auf Augenhöhe so ein tolles Tool geworden. Alle Bedarfe, Ideen und Erfahrungswerte konnten einfließen und Siemens Healthineers hat stets auf jede sich ergebende Problemstellung reagiert und Lösungen dafür entwickelt.

Gab es Erkenntnisse, die Sie überrascht haben?

Dr. Georg Tentschert: Die Rückmeldungen der Patientinnen und Patienten waren durch die Bank von Beginn an überdurchschnittlich gut, das hat mich sehr überrascht. Die meisten freuen sich sehr über mehr Mitgestaltungsmöglichkeit und darüber, dass man nun so vieles virtuell erledigen kann. Gerade jene Zielgruppen, wie zum Beispiel immobile ältere Menschen, gestresste Manager, berufstätige Mütter, aber auch Menschen, die auf dem Land wohnen, können wir mühelos erreichen.

Welche Vorteile haben Sie von „Hello Gesundheit“ in Ihrer Arbeit?

Dr. Georg Tentschert: Für mich persönlich bleibt am Ende des Tages mehr Zeit für die Patientin und den Patienten. Ich kann mich besser auf die Termine vorbereiten, wenn wir die entsprechenden Laborbefunde bereits vorab einsehen können. Das schenkt uns Zeit. Zudem lässt es das Terminerinnerungstool zu, dass seitens der Patientinnen und Patienten kaum Termine übersehen werden. Summa summarum: Ich kann immer eng am Patientenstatus sein. Zum Beispiel durch maßgeschneiderte Fragebögen, die online ausgefüllt werden können und uns so regelmäßig Aufschluss über die jeweiligen Verläufe, die Compliance und die beeinflussenden Faktoren geben können. Das ist für unser Krankenhaus effiziente Patientenkommunikation. Hier gibt es keine Verlierer, sondern nur Gewinner.

Wie erklären Sie Kolleginnen und Kollegen die Vorteile von „Hallo Gesundheit“ und wie reagieren diese darauf?

Dr. Georg Tentschert: „Hallo Gesundheit“ ist keine Insellösung, sondern die hochgeladenen Befunde und Termine können automatisch auch ins Krankenhaus-Informationssystem eingespeist werden. Das schafft Übersichtlichkeit und vermeidet doppelten Zeitaufwand und Missverständnisse. Wir leisten somit einen wesentlichen Beitrag zur Patientenzufriedenheit, weil wir so auch die überfüllten Wartezonen in den Ambulanzen entlasten. „Hallo Gesundheit“ ist eine zeitgemäße, innovative und intuitive Arbeitsentlastung für uns.

Der Experte:

Dr. Georg Tentschert

Dr. Georg Tentschert ist Oberarzt und Chirurg im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Wien sowie Leiter des Adipositas-Zentrums

Bild: © Markus Deak

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