
Die Situation in den meisten Krankenhäusern ist geprägt von unsicheren Perspektiven. Dies hat wesentliche Folgen, nicht nur für die Träger der Einrichtungen und die Geschäftsführungen, sondern für alle Führungskräfte und deren Mitarbeitende.
Wir leben in einer Welt der Unsicherheit, ständiger Veränderung, zunehmender Komplexität und internationaler Krisen. Führungskräfte müssen und sollen dabei Stabilität, Orientierung und Beispiel geben. Sie sind jedoch selbst mit dieser Aufgabe überfordert durch die unklaren Perspektiven, die Belastung durch den beruflichen Alltag und auch mangelnde Unterstützung.
Fragen und Sorgen der Führungskräfte
Unsicherheiten über das künftige Leistungsportfolio eines Krankenhauses betreffen Führungskräfte und Mitarbeitende in gleichem Maße. Gibt es die Abteilung in den nächsten Jahren noch? Wird sie mit anderen Bereichen zusammengelegt? Wird Personal abgebaut, und das bei Personalmangel? Sind zusätzliche Qualifikationen gefordert? Und wann erfährt man das? Gleichzeitig soll die Digitalisierung gestemmt werden. Damit verbunden sind sich stetig ausweitende Dokumentationspflichten für Prüfungen durch den Medizinischen Dienst oder Zertifizierungen. Und was bedeutet Künstliche Intelligenz für den eigenen Arbeitsplatz?
Diese Fragen und Sorgen sind ernst zu nehmen. Hier sind im Wesentlichen die Führungskräfte aller Hierarchiestufen gefordert, um für sich selbst, aber insbesondere auch für ihre Mitarbeitenden geeignete Kommunikationsformen und Perspektiven zu finden. Doch können sie das? Während der Coronazeit kamen sowohl Trainings, erstmals online, für Führungskräfte als auch andere Formen der Personalentwicklung zum Einsatz. Die interne Kommunikation, gerade auch das Nicht-sicher-Wissen, sondern das Wir-tasten-uns-voran, erlebte in allen Häusern eine bis dahin nicht gekannte Intensität und einen nicht gekannten Umfang.
Vertrauen in die Leistungsfähigkeit
Auch in der jetzigen Phase ist die Kommunikation innerhalb der Krankenhäuser genauso gefordert. Dabei geht es nicht darum zu suggerieren, dass alles nicht so schlimm ist, sondern offen zu sein, Unsicherheiten zu benennen, aber eben auch interne Strategien zu vermitteln, wie man trotz vieler Unklarheiten gestärkt aus dieser Zeit hervorgehen will. Es geht um Vertrauen in die Leistungsfähigkeit. Dabei ist im Einzelnen gar nicht wichtig, ob etwas wie geplant umgesetzt wird. Wichtig ist zu vermitteln, warum etwas nicht so funktionieren konnte. Und auch das Zugeben von Fehleinschätzungen, verbunden mit einem Plan, wie man damit alternativ umgehen soll, verstärkt das Vertrauen in die Führung.
Darüber hinaus sind die Führungskräfte zu befähigen, diese Zeit der Unsicherheiten auszuhalten und ihre Mitarbeitenden zu motivieren. Leider gehören Personalentwicklung und Fortbildung zu den ersten Bereichen, bei denen in finanziell schwierigen Zeiten gespart wird. Dies widerspricht jedoch allen Bemühungen um Personalentwicklung, Stichwort Arbeitgeberattraktivität, Weiterentwicklung des Leistungsportfolios, Mitnahme der Mitarbeitenden bei unerlässlichen organisatorischen Veränderungen und der Entwicklung einer zukunftsfähigen Strategie. Vielmehr bedeutet Personalentwicklung eine Investition in die Zukunft und ist mindestens genauso wertvoll und notwendig wie Digitalisierung oder bauliche Maßnahmen. Das wichtigste Kapital sind die Mitarbeitenden. Ohne diese und qualifizierte Führungskräfte wird eine Weiterentwicklung einer Klinik mindestens schwierig werden.
Führungstraining ist unerlässlich
Die Instrumente zur Unterstützung von Führungskräften sind bekannt. Führung sollte immer dynamisch sein und alle Möglichkeiten nutzen:
- Förderung der Resilienz: Schulung in persönlicher und organisatorischer Widerstandsfähigkeit, um mit Stress und Unsicherheit umzugehen und sich von Rückschlägen zu erholen.
- Change Management: Strategien für Veränderungsmanagement, um Widerstand zu minimieren und die Akzeptanz von Veränderungen zu fördern.
- Führung durch Werte: Betonung der Bedeutung von Werten in der Führung, um Orientierung in unsicheren Zeiten zu bieten und ethische Entscheidungen zu fördern.
- Kollegiale Beratung für Führungskräfte als auch Mitarbeitende: Treffen in kleinen, moderierten Runden, um sich vertrauensvoll auszutauschen.
- Team-Empowerment: Entwicklung von Fähigkeiten, um Teams zu ermächtigen, autonom zu handeln und gemeinsam Lösungen für Herausforderungen zu finden.
- Emotionale Intelligenz: Förderung von emotionaler Intelligenz, um Empathie zu zeigen, Mitarbeitende zu motivieren und ein unterstützendes Arbeitsumfeld zu schaffen.
- Digitale Führung: Nutzung von Technologie und digitalen Tools, um die Kommunikation zu verbessern und remote arbeitende Teams effektiv zu führen.
- Selbstführung: Förderung von Selbstreflexion und Selbstführung, um persönliche Stabilität in unsicheren Zeiten aufrechtzuerhalten.
Wichtig ist, dass Führungskräfte die Gelegenheit haben, ihre Fähigkeiten in realen Szenarien anzuwenden. Praktische Übungen, Fallstudien und Coachings können in Führungstrainings integriert werden, um eine effektive Anwendung des Gelernten zu fördern. Die Herausforderungen sind da. Gerade in einer Phase, in der vieles noch in der Entwicklung ist, manches dann doch nicht so umgesetzt werden wird wie angekündigt oder sich zeitlich erheblich verzögert, ist Führungstraining unerlässlich.
Neue Netzwerke und Kooperationen
Nur so lassen sich Leistungsträger binden, die sich sonst in einem Arbeitnehmermarkt nach einem Krankenhaus umschauen, das vermeintlich bessere und sichere Aussichten für den Fortbestand bestimmter Abteilungen hat. Sonst kommt die eine oder andere Einrichtung in die Situation, bestimmte Leistungen gar nicht mehr anbieten zu können, weil Leistungsträger sich für andere Arbeitgeber entschieden haben. Wer soll sonst neue Netzwerke oder Kooperationen, die für viele Einrichtungen notwendig sein werden, entwickeln, abstimmen und aufbauen? Nur diejenigen, die motiviert, befähigt und mit der notwendigen Unterstützung versehen sind, werden dies leisten können und zum Fortbestand ihrer Einrichtungen beitragen.
Dtsch Arztebl 2024; 121(14): [2]
Der Autor:
Klaus Wawrzyniak
Konzernbereichsleiter HR (Personal)
Immanuel Albertinen Diakonie
22457 Hamburg
Mitglied im Initiativkreis neue Personalarbeit in Krankenhäusern (InPaK)



