Recht: Elektronisch unterschreiben: Darauf sollten Ärzte achten!

18 April, 2023 - 07:27
Dr. Andreas Staufer und Kristin Kirsch
Hand mit Stift, grafische Darstellung

Wann müssen Ärzte überhaupt noch schriftlich unterschreiben? Und welche Form kann die Schriftform ersetzen? Digitale Komponenten können den Arbeitsablauf in Kliniken erheblich vereinfachen, wenn deren Einführung pragmatisch durchdacht ist.

Eigentlich ist es ganz einfach: Besondere Formvorschriften gibt es nur, wo sie gesetzlich oder vertraglich vorgesehen sind. Auch kann die Form aus Beweisgründen wichtig sein. Ansonsten gilt Formfreiheit. Dennoch tun sich viele mit der Digitalisierung schwer. Oft fehlt das Wissen, in welchen Fällen tatsächlich eine Unterschrift erforderlich ist und in welchen nicht. Deshalb füllen viele lieber alles auf Papier aus oder unterschreiben fehlerhaft digital mit einem digitalen Stift. Letzteres erfüllt aber nicht die Schriftform und hat nur geringen Beweiswert. Vor allem in Kliniken sind geprüfte Checklisten und Verfahrensanweisungen für die Mitarbeitenden hilfreich.

Qualifizierte elektronische Signatur

Die Unterschrift auf Papier ist und bleibt der Goldstandard. Sie hat nach amtlichen Beurkundungen den höchsten Beweiswert. Fälschungen können durch Gutachten entlarvt werden. Ersetzt werden kann die Unterschrift auf Papier durch die qualifizierte elektronische Signatur entsprechend der Verordnung EU Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste (eIDAS). Dafür benötigt man ein elektronisches, von einem Zertifizierungsdiensteanbieter erstelltes Zertifikat und eine Signaturanwendungskomponente, was kaum jemand hat.

Man darf die qualifizierte elektronische Signatur nicht mit der digitalen Unterschrift verwechseln. Das digitalisierte Handzeichen auf einem elektronischen Pad, teils mit einer Maus, dem Finger oder einem digitalen Stift gezeichnet, erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Die digitale Unterschrift ersetzt damit weder die handschriftliche Unterschrift noch hat sie einen hohen Beweiswert. Nur wenn biometrische Komponenten hinzukommen, beispielsweise Druckstärke und Haltung des Stifts zu jedem Messzeitpunkt, kann sich der Beweiswert erhöhen. Doch auch durch diese Komponenten wird die Schriftform nicht ersetzt.

Patientenaufklärung erfordert keine Schriftform

Das Gesetz kennt noch die einfache elektronische Signatur, die bei reiner Textform bereits der Namenszusatz unter einer E-Mail erfüllt, sowie die fortgeschrittene elektronische Signatur. Welche der gesetzlichen Vorgaben erfüllt sein müssen und welchen Beweiswert sie haben sollten, ist dabei stets eine Frage des Anwendungszwecks. Die Unterschrift ist dafür nicht immer erforderlich.

So verlangt das Gesetz beispielsweise die mündliche Aufklärung der Patienten. Die Schriftform ist nicht erforderlich und teils sogar schädlich, wenn sie die mündliche Aufklärung ersetzen soll. Aus Beweisgründen sollte die Aufklärung und deren Inhalt dokumentiert sein. Dafür braucht es aber weder Stift noch Papier. Wichtig ist vor allem, dass der Inhalt dokumentiert ist und spätere Änderungen mit Zeitstempel erkennbar bleiben. Außerdem sollte nachweisbar sein, dass Patienten die Gelegenheit hatten, den Inhalt zur Kenntnis zu nehmen. Dafür eignet sich die biometrische Signatur mit einem entsprechenden Endgerät. Auch die elektronische Bestätigung eines Angestellten genügt, wenn dieser das Aufklärungsgespräch mit der Eingabe seines Log-ins bestätigt. Was sich in der Praxis am besten eignet, ist eine Frage der Ablaufplanung. Diese unterscheidet sich je nach Anwendungszweck. In der Notaufnahme können andere Abläufe pragmatisch sein als vor einem elektiven Eingriff. Letztlich sollte der Ablauf für Arzt und Patient anwenderfreundlich gestaltet sein. Papier ist dafür nicht immer die beste Lösung.

Dagegen erfordern Vereinbarungen über individuelle Gesundheitsleistungen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte) oder über Abweichungen der Gebührenhöhe (§ 2 Gebührenordnung für Ärzte) heute noch die Schriftform beziehungsweise gar ein Schriftstück.

Sinn und Zweck der Unterschrift

Hilfreich ist, je nach Anwendung stets Sinn und Zweck der Unterschrift zu hinterfragen und das Vorgehen als Checkliste oder Vorgabe für die Anwender festzulegen. Diese müssen sich damit sicher fühlen und die Beweiskraft nicht in jedem Fall hinterfragen. Es macht beispielsweise keinen Sinn, dass Klinikärzte bei Standardeingriffen ein Text-Pad verwenden und bei medizinischen Zwischenfällen eine Dokumentation per Hand erstellen, weil sie sich damit sicherer fühlen. Denn auch der Standardfall kann zum juristischen Problem mutieren.

Daher ist bei der Planung einmalig zu klären, welche der folgenden Aufgaben erforderlich sind und diese umgesetzt werden können. Entweder folgen die zur Verfügung gestellten Tools wie Formulare, Software oder Signaturpads diese Vorgaben oder die Verantwortlichen geben den Anwendern Checklisten an die Hand. Folgende Aspekte sollten sie dabei stets berücksichtigen:

  • Vertraulichkeit der Daten: Zugänglichkeit nur für berechtigten Personenkreis
  • Integrität der Daten: Daten dürfen nachträglich nicht veränderbar sein, beispielsweise mit dem Einsatz unveränderbarer Hash-Algorithmen oder Zeitstempel
  • Authentizität/Echtheit: Dateien müssen tatsächlich vom Verfasser stammen, beispielsweise mit dem Einsatz digitaler Zertifikate und Public-Key-Infrastrukturen
  • Identifikation: Ausweis, Unterschrift, Benutzerkonto mit Log-in, Einsatz von Zertifikaten oder Chipkarten
  • Rechtliche Anerkennung: Einhaltung geltender Rechtsvorschriften einschließlich des Datenschutzes und der Datensicherheit oder vereinbarter Formvorgaben
  • Sicherheit: Nutzung technisch anerkannter Standards

Ablauf in der eigenen Abteilung

Die Einführung digitaler Komponenten kann den Arbeitsablauf in Kliniken erheblich vereinfachen, wenn sie pragmatisch durchdacht ist und die Verantwortlichen beim Erstellen die genannten Vorgaben berücksichtigen. Vor dem Kauf geeigneter Komponenten ist stets der Bedarf zu ermitteln. Zunächst ist der Ablauf in der eigenen Abteilung zu hinterfragen. Typische Ärgernisse und Hinderungsgründe sowie deren Verbesserungsmöglichkeiten sind herauszuarbeiten. Sodann sind die Vorschläge auch rechtlich zu prüfen. Das dauert zwar initial etwas länger, zahlt sich in der täglichen Arbeit aber aus.

Dtsch Arztebl 2023; 120(16): [2]

Die Autoren:

Dr. Andreas Staufer,
Fachanwalt für IT-Recht Fachanwalt für Medizinrecht
Kristin Kirsch, LL.M. Legal Tech, Rechtsanwältin
Staufer Kirsch GmbH
80336 München

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