Recht: Non-Fungible Token in der Medizin

23 Januar, 2024 - 07:36
Kristin Kirsch und Dr. Andreas Staufer
NFT Symbolbild

Wer denkt, dass Non-Fungible Token, abgekürzt NFT, lediglich eine Kuriosität aus der Internet-Kunstszene sind, irrt. Für die Wirtschaft und auch im Gesundheitswesen haben NFT enormes Potenzial. Sie lösen digitalen Vorgängen und Dateien innewohnende Probleme.

Non-Fungible Token (NFT) lösen Probleme, die digitalen Vorgängen und Dateien innewohnen: Mit ihnen lassen sich Herkunftssicherheit, Überprüfbarkeit, Fälschungssicherheit und Einmaligkeit herstellen – Eigenschaften, die dem Digitalen bislang fremd waren. Solche technischen Neuerungen sind auch notwendig. Denn die Digitalisierung medizinischer Abläufe und die Vernetzung medizinischer Geräte bedeuten, dass immer mehr Daten anfallen und der Datenbestand drastisch steigt. Dabei geht es hauptsächlich um sensible Daten aus der Sphäre von Patienten und Behandelnden, aber auch um Know-how, Patente und Forschung.

NFT sind individuelle Datenblöcke, die in Form eines Smart Contracts in Codeform in eine dezentrale, als nicht manipulierbar geltende Blockchain festgeschrieben werden. Ein in eine Blockchain geprägter Smart Contract ist dem Prinzip nach unabänderlich. Dieser kann weder nachträglich inhaltlich korrigiert noch kann er gelöscht werden. Wichtig für das grundsätzliche Verständnis von NFT ist, welche Funktion er erfüllen soll und ob er rein digitalen oder mit einem physischen Gegenstand verbundenen Zwecken dient. Die Medizin bietet jedenfalls viele Anwendungsmöglichkeiten.

Funktion eines digitalen Schlüssels

Ein Token kann die Funktion eines digitalen Schlüssels erfüllen. Nur dem Inhaber des Token ist möglich, auf zugangsbeschränkte Daten zuzugreifen. Zugang zu Daten wird damit jenseits klassischer Passwörter auf digitaler Ebene kontrollierbar oder der Zugang zu speziellen Dienstleistungen steuerbar. Basiert eine Dateiverwaltung auf einer Blockchain, ist es möglich, jeden Datenzugriff und Veränderungen transparent zu kontrollieren und zu dokumentieren. Komplexere Smart-Contract-Programmierungen ermöglichen auch, Token mit zeitlich gestaffelten Funktionen auszustatten.

Dabei gilt das Motto: Wer die Inhaberschaft über den Token hat, hat den Zugriff. Dieser in seinem Code einmalig existierende Token-Schlüssel kann wie ein physischer Schlüssel weiter- oder zurückgegeben werden. Bedeutsam werden NFT daher in der Telemedizin und im Metaverse sein.

Einsatz im Qualitätsmanagement

In einem NFT können beliebige Informationen codiert und auslesbar sein. Einmal in eine Blockchain eingefügte Token-Codes sind nicht veränderbar. NFT sind also in der Lage, Informationen des NFT-Erstellers unverfälscht zu transportieren, beispielsweise über eine bestimmte Produktcharge. Diese Eigenschaft eignet sich besonders für den Einsatz im Qualitätsmanagement und um Lieferketten sicherzustellen.

Ähnlich einem offiziellen Gütesiegel zeichnet ein Token mit entsprechenden Informationen des Herstellers sein Original aus. Übertragen auf medizinische Bereiche können Fälschungen vorgebeugt werden, sei es bei Medikamenten, Medizinprodukten oder Datenmanipulationen. Produkte sind bis zu ihrem Ursprung transparent zurückverfolgbar. Auch Dokumente, die eine Herkunftskennzeichnung benötigen, wie Krankschreibungen, Rezepte und Gutachten, lassen sich von ausstellenden Ärztinnen und Ärzten tokenisieren.

Automatisierte Funktionsketten

Darüber hinaus lassen sich durch Smart Contracts und Token auch automatisierte Funktionsketten schaffen, ohne dass ein Mensch zeitverzögernd einzelne Arbeitsschritte beurteilen muss. Sobald eine Voraussetzung nicht gegeben ist, wird der Ablauf nicht weiter ausgeführt. Für die Softwareentwicklung, auch in Anbetracht des Damoklesschwerts der Künstlichen Intelligenz, gilt es, einen wertvollen, wenn auch hochkomplexen Schatz zu bergen.

Vor allem die globale Verarbeitung von Daten bringt Schwierigkeiten mit sich. Wenn ein Arzt in Deutschland in einem arabischen Metaverse-Krankenhaus einen Patienten behandelt, möglicherweise mithilfe von KI-gesteuerten Hilfsmitteln, müssen die in diesem Prozess beteiligten originären Daten unverfälscht und der exklusive Zugang für Patienten und Behandler gesichert sein. Bei fehlerhaft programmierten Automatisierungen im Behandlungsablauf können Folgen fatal sein. Es gibt vielfältige Herausforderungen, wenn es darum geht, vernetzte, künstliche und gleichzeitig automatisierte Umgebungen für Ärzte und Medizin zu programmieren.

Management von Patientendaten

Verwendet man blockchainbasierte Automatisierungen für das Management von Patientendaten, entstehen Datenansammlungen mit wertvollen Informationen zu Diagnosen und Medikamentengaben. Das Tracking von Behandlungsverläufen, Medikamenten- oder Bestrahlungsdosen steht über Zugriffsberechtigungen den zuständigen Ärztinnen und Ärzten und den mit den Daten vernetzten, medizinischen Geräten zur Verfügung. Dies erhöht die Qualität der Therapie. Die Forschung kann sich die Daten zunutze machen, indem sie flächendeckend die gesammelten Therapiedaten von Patienten auswertet. Patienten können dafür freiwillig und gezielt ihre Daten anonymisiert bestimmten Institutionen zur Verfügung stellen.

Wie jede neue Errungenschaft haben auch Token ihre Schattenseiten. Da sie von Wert und in der Regel übertragbar sind, rücken sie in den Fokus von Kriminellen. Auch werden vermeintlich wertvolle NFT verkauft, die gar keine der versprochenen Funktionen haben. Ein bislang ungelöstes Problem ist zudem, dass nicht gewährleistet ist, ob die in einer Blockchain gespeicherten Informationen letztlich richtig sind. So können Ersteller eines NFT fehlerhafte Angaben machen oder nicht berechtigt sein, ein NFT zu prägen.

Letztlich fehlt es bislang auch an der Verbreitung von blockchainbasierten Abläufen und der Bereitschaft der Menschen, Token im Alltag zu nutzen. Andere Länder setzen dagegen stark auf neue Entwicklungen, die auf der Blockchain-Technologie basieren. Südkorea beispielsweise plant bis 2026 einer der größten Metaverse-Märkte zu werden. Eine automatisierte, personalisierte und integrierte Blockchain-Plattform für Patientendaten zu schaffen, ist dort nur einer von vielen Plänen.

Dtsch Arztebl 2024; 121(2): [2]

Das Autorenteam

Kristin Kirsch, LL.M. Legal Tech, Fachanwältin für IT-Recht
Dr. Andreas Staufer, Fachanwalt für IT-Recht Fachanwalt für Medizinrecht
Staufer Kirsch GmbH
80336 München

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