Recht: Vorsicht bei Kooperationen mit öffentlichen Stellen und Industrie

5 Oktober, 2021 - 07:10
Dr. Andreas Staufer
Symbole Recht, Zahnräder auf grauem Hintergrund

Eine Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Nichtärzten ist nicht immer einfach. Ursache können die ärztliche Schweigepflicht und der Datenschutz sein, gesetzliche Zuwendungsverbote, aber auch öffentlich-rechtliche Vorgaben.

Gesundheitssystem, Bevölkerung und medizinischer Fortschritt profitieren von einem interdisziplinären Zusammenwirken der Professionen ebenso wie von einem Zusammenarbeiten privater und öffentlicher Stellen. Es gibt viele Beispiele sinnvoller Kooperationen.

Schweigepflicht und Datenschutz

Zunächst sind bei jeglicher Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Dritten Schweigepflicht und Datenschutz zu beachten. Ärzte müssen prüfen, inwiefern sie berechtigt sind, patientenbezogene Daten und deren Geheimnisse an Dritte zu übermitteln. Sie benötigen eine Erlaubnis. Die Kooperation rechtfertigt für sich allein weder die Schweigepflicht zu brechen noch besondere Kategorien personenbezogener Daten zu übermitteln. Liegen Daten anonymisiert vor, dürfte deren Verwendung zwar unproblematisch sein. Vielfach kennen Ärzte die Anforderungen an die Anonymisierung nur unzureichend.

Immer wieder erschüttern Berichterstattungen in den Medien den medizinischen Laien: Ärzte sollen für die Verschreibung von Medikamenten, die Überweisung an Labore, Apotheken oder andere Fachärzte großzügige Sachbezüge, Autos und Reisen erhalten haben. Sie sollen blanko unterschriebene Rezeptvorlagen und Verordnungen Dritten überlassen.

29.03.2024, klinik Werk.
29.03.2024, Clienia Littenheid AG
Sirnach

Zahlreiche Vorschriften beschränken deshalb die Möglichkeiten von Zuwendungen an Ärzte, von Zuweisungen an Dritte und einer beruflichen Zusammenarbeit von Ärzten mit Nichtärzten, um das Vertrauen in den Arztberuf zu schützen. Manche Ärzte meiden daher jegliche Kooperation, angefangen von jedweder interdisziplinären Behandlung bis hin zum wissenschaftlichen Austausch, nur um nicht aufzufallen. Das aber verlangen die Vorschriften nicht, auch wenn die Risiken unzulässiger Zuwendungen und verbotener Kooperationen vielfältig sind. Sie reichen von der berufsrechtlichen Ahndung über strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung, wettbewerbsrechtliche Abmahnungen und vertragliche Auswirkungen, schlimmstenfalls bis zum Verlust der Approbation. Die Grenze von der zulässigen Kooperation zur Korruption ist zuweilen schnell überschritten.

Verbotene Zuwendungen bewegen die Gemüter

Im Wesentlichen geht es um verbotene Zuwendungen. Sie bewegen schon seit Jahrhunderten die Gemüter und sollen Ärzte nicht beeinflussen. Bereits 1798 sah sich König Friedrich-Wilhelm von Preußen gezwungen, eine Verordnung zu erlassen, um den Brauch abzuschaffen, nach welchem Apotheker den praktizierenden Ärzten Weihnachtsgeschenke machten. Entsprechend finden sich Zuwendungsverbote heute in zahlreichen Normen.

Das Strafgesetzbuch (§ 299 a StGB) bestraft die Bestechlichkeit, die Bestechung im Gesundheitswesen (§ 299 b StGB). Auch nach dem Fünften Sozialgesetzbuch (§ 73 Abs. 7 SGB V) ist es Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen, selbst zu versprechen oder zu gewähren. Für alle Leistungserbringer gilt, dass sie Ärzte nicht gegen Entgelt oder Gewährung sonstiger wirtschaftlicher Vorteile an der Durchführung der Versorgung mit Hilfsmitteln beteiligen dürfen oder solche Zuwendungen im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln gewähren dürfen (§ 128 SGB).

Das Arzneimittelgesetz soll gewährleisten, dass kein Anreiz für eine bevorzugte Verschreibung oder Empfehlung bestimmter Arzneimittel entsteht (§ 67 AMG). Die Kernaussage aller Rechtsnormen lautet: Ärzte sollen sich nicht durch ein zusätzliches Entgelt oder anderweitige Vorteile für sich oder ihnen zuordenbare Personen verleitet sehen, unnötige oder dem Heilerfolg nicht dienliche Leistungen zu erbringen oder zu verordnen. Dies gilt nicht nur für direkte Zuwendungen, sondern auch für zahlreiche mittelbare Umgehungsmodelle, beispielsweise gesellschaftliche Beteiligungen oder Aktien, Skonti oder sonstige Vergünstigungen.

Berufsrechtliche Regelungen

Die Berufsordnungen der Ärztekammern bieten Ärzten stets einen ersten Anhaltspunkt. Die Muster-Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (MBO) verweist zunächst auf den Grundsatz der ärztlichen Unabhängigkeit (§ 30 MBO). § 31 MBO beschäftigt sich mit verbotenen Zuweisungen. Für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial, für die Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten darf grundsätzlich kein Entgelt fließen. Entsprechendes gilt für weitere, daraus resultierende Vorteile. § 32 MBO verbietet Ärzten, Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Zudem versucht der Paragraf, berufsrechtlich erlaubte Zuwendungen von berufswidrigen Beeinflussungen abzugrenzen. Bei vertraglicher Zusammenarbeit, beispielsweise bei der Herstellung von Arzneimitteln oder Medizinprodukten, muss die Vergütung der erbrachten Leistung entsprechen.

Zum Zweck der Transparenz ist es dringend angeraten, Verträge und Zuwendungen im Einzelnen schriftlich zu dokumentieren und zu begründen. Bestenfalls ist deren Rechtmäßigkeit vorab durch die zuständige Ärztekammer oder anwaltlich zu prüfen. Teilweise fordert die Berufsordnung selbst, diese schriftlich zu dokumentieren oder der Ärztekammer vorzulegen.

Öffentlich-rechtliche Vorgaben

Selbst bei der Zusammenarbeit mit öffentlich-rechtlichen Einrichtungen sind Vorgaben zu beachten. Öffentliche Auftraggeber müssen vor der Beauftragung beispielsweise prüfen, ob diese überhaupt in ihre Zuständigkeit fällt, sie zur Umsetzung berechtigt sind und Dritte beauftragen dürfen. Zudem kann die Verwaltung aufgrund haushaltsrechtlicher Vorgaben auch in der Auswahl der Leistungserbringer beschränkt sein. Medizinische Leistungserbringer wiederum sollten, wenn sie Fördermittel beziehen, die Vergaberichtlinien penibel beachten, um Rückforderungen etwaiger Subventionen zu vermeiden.

Dtsch Arztebl 2021; 118(40): [2]

Der Autor:

Dr. Andreas Staufer
Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht und für Informationstechnologierecht
FASP Finck Sigl & Partner
80336 München

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