Recht: Was Studierende im Praktischen Jahr dürfen – und was nicht

2 April, 2024 - 08:24
Dr. Andreas Staufer
Paragraphen, Recht, Symbolbild

Das Praktische Jahr (PJ) ist ein entscheidender Abschnitt in der Ausbildung von Medizinstudierenden. Es ermöglicht den angehenden Ärztinnen und Ärzten, ihre theoretisch erworbenen Kenntnisse in der Praxis zu vertiefen. Rechtliche Rahmenbedingungen geben die Rechte und Pflichten der Studierenden klar vor.

Rechtliche Grundlage des Praktischen Jahres ist die Approbationsordnung für Ärzte. Nach § 3 Abs. 1 absolvieren Medizinstudierende nach Abschluss des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung das Praktische Jahr. Dieser Abschnitt ist in drei Tertiale von je 16 Wochen unterteilt, die in Innerer Medizin, Chirurgie sowie Allgemeinmedizin oder einem der übrigen klinischpraktischen Fachgebiete absolviert werden. Die Ausbildung kann in Voll- oder Teilzeit mit 50 oder 75 Prozent der wöchentlichen Ausbildungszeit absolviert werden, wobei sich die Dauer der Ausbildung entsprechend verlängert. Dazu sollen die Studierenden in der Regel ganztägig an allen Wochenarbeitstagen im Krankenhaus anwesend sein. Die Teilnahme ist durch eine Bescheinigung nach Mustervorlage der Approbationsordnung nachzuweisen. Das ordnungsgemäße Führen dieses Nachweises liegt im höchstpersönlichen Interesse der Studierenden.

Studierende sollten Fehlzeiten im Blick haben

Fehlzeiten bis 30 Ausbildungstage werden angerechnet, davon bis 20 Ausbildungstage innerhalb eines Ausbildungsabschnitts. Studierende sollten ihre Fehlzeiten im Blick haben, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Zwar können im Falle besonderer Härte weitere Fehlzeiten auf die Ausbildung angerechnet werden. Jedoch ist die Härte nachzuweisen und das Erreichen des Ausbildungsziels darf nicht gefährdet sein. Krankheit, Urlaub oder auch die Teilnahme an Streiks rechtfertigen in der Regel keine darüber hinausgehenden Fehltage. Wer das PJ aus wichtigem Grund unterbricht, dem können bereits geleistete Teile nur angerechnet werden, wenn sie nicht länger als zwei Jahre zurückliegen.

Die Universität erstellt für das Praktische Jahr einen Ausbildungsplan, das sogenannte Logbuch, nach dem die Studierenden in den Universitätskrankenhäusern oder Lehrkrankenhäusern ausgebildet werden. Einbezogen werden können auch geeignete ärztliche Praxen (Lehrpraxen), andere geeignete Einrichtungen der ambulanten ärztlichen Versorgung und geeignete Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens. Studierende, die andernorts, gegebenenfalls im Ausland, ihre Ausbildung versuchen, sollten vor dem Tertial sicherstellen, dass die Ausbildung anerkannt und die Inhalte des Logbuchs vermittelt werden.

Das Logbuch ist auch für Ärzte wichtig, die im Ausland ihre Ausbildung abgeschlossen haben und in Deutschland approbieren wollen. Nicht selten fehlt bei ausländischen Ausbildungen das Äquivalent oder Teile davon zum PJ. Etwaige Defizite können sie jedoch im Rahmen einer Berufserlaubnis ausgleichen. Ein Abgleich vor Stellung des Approbationsantrags ist daher sinnvoll.

Patienten stehen im Mittelpunkt der Ausbildung

Im Mittelpunkt der Ausbildung der PJ-Studierenden stehen die Patienten. Die Studierenden sollen im Studium erworbene ärztliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vertiefen und erweitern. Sie sollen lernen, diese auf den einzelnen Krankheitsfall anzuwenden. Dies schließt das selbstständige Untersuchen und Mitwirken bei diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen unter Anleitung erfahrener Ärztinnen und Ärzte ein. Diese müssen nicht unbedingt anwesend sein, aber für Rückfragen und Zwischenfälle zur Verfügung stehen.

Zu diesem Zweck sollen die Studierenden entsprechend ihrem Ausbildungsstand unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung der Ausbildenden ihnen zugewiesene ärztliche Tätigkeiten durchführen. Sie sollten sich an Aufgaben herantasten, diese schrittweise übernehmen und sich bei Unklarheiten oder Zweifeln informieren. Den Studierenden obliegt dabei die Verantwortung für das Übernehmen einer Tätigkeit. Ratsam ist, sich im Klinikbetrieb als PJ-Studierender vorzustellen und beim Übernehmen nicht geeigneter Tätigkeiten sofort zu remonstrieren. Bei Übernahmeverschulden können die Studierenden persönlich haften. Die Auswahl und Überwachung obliegen dagegen den verantwortlichen Ärztinnen und Ärzten, die für die Eignung der Delegation haften.

PJ-Studierende sind keine Ärzte oder Ärztinnen

Den PJ-Studierenden muss bewusst sein, dass sie noch keine Ärztinnen oder Ärzte sind. Das Besetzen eines Notarzteinsatzfahrzeugs als Notarzt ist daher tabu. Auch das alleinige nächtliche Überwachen einer Station „als Arzt oder Ärztin“ sollte sorgfältig durchdacht sein, um straf- wie zivilrechtliche Haftungsfälle zu meiden. In Einzelfällen kann die Aufklärung von Patienten zulässig sein, dies ist aber nicht unumstritten. Voraussetzung ist, dass PJ-Studierende den Eingriff kennen, ihn Patienten erläutern können und die verantwortlichen Ärztinnen oder Ärzte den Patienten für Rückfragen zur Verfügung stehen. Für die Ausbildungsstellen und deren Ärztinnen und Ärzte sind klare Vorgaben hilfreich, welche Aufgaben unter welchen Voraussetzungen an PJ-Studierende delegierbar sind.

Die Studierenden sollen an klinischen Konferenzen, einschließlich der pharmakotherapeutischen und klinisch-pathologischen Besprechungen, teilnehmen. Sie dürfen nicht zu Tätigkeiten herangezogen werden, die ihre Ausbildung nicht fördern. Ganztägige Kopiertätigkeiten, Recherchearbeiten am PC oder Bettenschieben sind also tabu.

Geld- oder Sachleistungen für PJ-Studierende

Den Studierenden können Geldleistungen gewährt werden. Die Geld- oder Sachleistungen dürfen den Bedarf für Auszubildende nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz jedoch nicht übersteigen. Bei der Berechnung ist kostenfreies oder ermäßigtes Wohnen, Essen oder Parken einzubeziehen. Bei einer Ausbildung im Ausland verändert sich die Höchstgrenze. Die Einkünfte liegen unter den zu versteuernden Grenzen. Im Falle weiterer Einkünfte sind die Geld- oder Sachleistungen jedoch gegebenenfalls als Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit zu versteuern.

Natürlich müssen PJ-Studierende auch die ärztliche Schweigepflicht einhalten. Sie dürfen Informationen über Patienten nur im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit und unter Beachtung der Datenschutzbestimmungen weitergeben. Das Verwenden eigener Geräte für die Verarbeitung von Patientendaten sollte tabu sein, sofern die Ausbildungsstätte dies nicht explizit freigegeben hat. Die Ausbildungsstätten sollten dazu klare Vorgaben machen. Im eigenen Interesse sollten PJ-Studierende ihren Versicherungsstatus vor allem im Hinblick auf eine private Haftpflicht, Berufsunfähigkeit und Spezialrechtsschutz prüfen.

Der Autor:

Dr. Andreas Staufer
Fachanwalt für IT-Recht, Fachanwalt für Medizinrecht
Staufer Kirsch GmbH
80336 München

Dtsch Arztebl 2024; 121(7): [2]

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