Recht: Wie Ärzte sich gegen Schmähkritik und Unwahrheiten wehren

25 Juni, 2024 - 07:40
Kristin Kirsch und Dr. Andreas Staufer
Kritik abwehren, Symbobild

Negative Bewertungen von Patienten in Suchmaschinen, auf Ärzteportalen oder in sozialen Medien sind nicht selten. Aber auch Gerüchte, Anschuldigungen in Briefen, Anzeigen bei Kammern und Behörden kommen vor. Nicht immer sind Behauptungen wahr. Ärzte und Kliniken müssen sich das nicht gefallen lassen.

Negative Bewertungen haben unterschiedliche Gründe und Auswirkungen. Sie können für die Verfasser zunächst eine Erleichterung sein, dazu dienen, einen Vorfall oder eine Situation zu verarbeiten, Dampf abzulassen oder Widerfahrenes zu reflektieren. Doch nicht immer treffen Behauptungen zu. Nicht immer ist Verfassern bewusst, dass sich ihr Agieren auf die Betroffenen auswirken und deren Ruf schädigen kann sowie manchmal sogar Arbeitgeber, Behörden, Kammern oder gar die Staatsanwaltschaft auf den Plan ruft. Schlimm wird es, wenn sich Dritte negativen Bewertungen in einem Sturm der Entrüstung anschließen, ohne selbst beteiligt zu sein.

Umgang mit negativen Bewertungen

Der Umgang mit negativen Bewertungen ist von der individuellen Persönlichkeit abhängig. An manchen Menschen prallt negative Stimmungsmache ab, sie nehmen diese nicht wahr und lassen sich dadurch nicht beeinflussen oder ignorieren diese, solange es geht. Andere lassen sich bereits vom ersten Hauch einer Kritik beeinflussen und fühlen sich persönlich angegriffen. Ihnen geht die Bewertung nahe.

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Die beste Maßnahme gegen Rufschädigung ist Vorbeugung. Einen guten Ruf können Ärztinnen und Ärzte vor allem im Internet durch positive Arbeit im Netz aufbauen. Eine negative Bewertung fällt bei vielen positiven Bewertungen nicht besonders ins Gewicht. Auch ein gepflegtes Beschwerdemanagement im Umgang mit den Patienten eignet sich, negative Bewertungen bereits im Keim zu ersticken. Patienten, die sich wahrgenommen fühlen und die Situation der anderen Seite verstehen, schreiben keine Kritik. Oft sind es nicht die Betroffenen persönlich, die Anlass der Kritik sind, sondern organisatorische Abläufe, systembedingte Wartezeiten oder der persönliche Umgang der Patienten mit schweren Erkrankungen. Mangelt es Ärztinnen und Ärzten mal an Zeit und Mitgefühl, fehlt Patienten dafür meist das Verständnis. Insoweit lässt sich negative Kritik schon durch ein klärendes Telefonat ausräumen. Um Überraschungen zu vermeiden, bietet es sich an, das Internet auf negative Einträge systematisch zu überwachen.

Recht auf Meinungsfreiheit

Rechtlich gibt es verschiedene Maßnahmen, gegen negative Bewertungen und Schmähkritik vorzugehen. Doch dazu muss man sich bewusst sein, dass Meinungsfreiheit gilt, einschließlich negativer Äußerungen. Die Behauptung eines Patienten, er habe sich „bei Dr. Arzt überhaupt nicht gut aufgehoben gefühlt“, lässt sich kaum angreifen, wenn die Tatsachenbehauptung zutreffend ist, dass es einen Arzt-Patienten-Kontakt gab.

Die Meinungsfreiheit ist ein von der Verfassung geschütztes Grundrecht. Sie gibt den Menschen das Recht, ihre Meinungen, Überzeugungen und Bewertungen frei und öffentlich zu äußern, ohne staatliche Einmischung oder Zensur. Meinungen sind subjektive Bewertungen oder Ansichten, die nicht als wahr oder falsch bewertet werden. Solange sie keine falschen Tatsachenbehauptungen enthalten oder zur Diffamierung oder Verleumdung anderer verwendet werden, sind sie durch das Recht auf Meinungsfreiheit geschützt.

Schmähkritik und Unwahrheiten

Ihre Grenzen findet die Meinungsfreiheit in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und im Recht der persönlichen Ehre. Schwierig ist daher, Schmähkritik zu bewerten. Schmähkritik ist eine spezielle Form der Meinungsäußerung, die nicht mehr durch das Recht auf Meinungsfreiheit geschützt ist. Dies ist der Fall, wenn eine Äußerung so beleidigend oder diffamierend ist, dass sie den Ruf eines Menschen schädigen soll, ohne dass sie einen Beitrag zu einer öffentlichen Diskussion oder Debatte leistet. Im Gegensatz zu Kritik, die auf einer Diskussion basiert, ist Schmähkritik darauf ausgerichtet, einen Menschen zu erniedrigen oder zu verunglimpfen. Die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Schmähkritik ist fließend und nicht immer leicht zu ziehen.

Anderes gilt für Tatsachenbehauptungen. Sie lassen sich auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen. Gegen Unwahrheiten können Betroffene rechtlich vorgehen. Eine Tatsachenbehauptung zielt darauf ab, etwas zu behaupten, das objektiv nachprüfbar ist und kann als wahr oder falsch bewertet werden. Tatsachenbehauptungen basieren auf Daten, Fakten oder Ereignissen und können durch Beweise gestützt oder widerlegt werden. Zum Beispiel: „Dieser Arzt ist kein Arzt!“

Gegen Schmähkritik und unwahre Tatsachenbehauptungen können sich Betroffene wehren. Die meisten Meinungsäußerungen enthalten zudem einen Tatsachenkern, sodass Äußerungen, beispielsweise bezüglich eines Arzt-Patienten-Kontakts, nachprüfbar sind. In einigen Fällen kann ein Straftatbestand erfüllt sein, dann ermittelt gegebenenfalls die Polizei. Ist ein Verfasser bekannt, sind auch Ansprüche auf Unterlassung, sogar im Eilverfahren, sowie Schadenersatz möglich. Um ein gerichtliches Eilverfahren anzustrengen, sollten sich Betroffene nicht zu viel Zeit lassen. Sie sollten auf jeden Fall Beweise sichern, beispielsweise mit einem Screenshot der Seite, einschließlich Zeitpunkt und URL. Wird dem Anspruch stattgegeben, trägt der Gegner die Verfahrenskosten, wenn er zahlungsfähig ist.

Betreiber von Plattformen

Geht es um Äußerungen im Internet, können sich Betroffene auch an den Betreiber der Plattform wenden. Dieser kann bei einem Hinweis verpflichtet sein, die Beanstandung zu prüfen. Reagiert er nicht, sind gegebenenfalls auch Rechtsansprüche gegen den Betreiber möglich. Meist sind diese aber nicht verpflichtet, die Daten des Verfassers herauszugeben. Schwierig wird es, Recht bei ausländischen Betreibern durchzusetzen, da dann zunächst das anwendbare Recht und der Gerichtsstand zu prüfen sind.

Spezialisierte Anwälte können schnell eine erste Einschätzung der Möglichkeiten geben und effektiv Maßnahmen ergreifen. Bestenfalls sind die Schritte der Kanzleien bereits teilweise automatisiert. In Kliniken bietet sich insoweit ein Reputationsmanagement an, auch um die angestellten Ärztinnen und Ärzte zu schützen.

Dtsch Arztebl 2024; 121(13): [2]

Das Autorenteam

Kristin Kirsch, LL.M. Legal Tech, Fachanwältin für IT-Recht
Dr. Andreas Staufer, Fachanwalt für IT-Recht Fachanwalt für Medizinrecht
Staufer Kirsch GmbH
80336 München

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