Sachverständigenrat für Integration und Migration: Die Ärzteschaft wird diverser

31 August, 2022 - 14:21
Miriam Mirza
Junger dunkelhäutiger Arzt mit Kind und Mutter

Ohne Menschen mit Migrationsgeschichte geht im deutschen Gesundheitswesen nichts mehr. Das bestätigt das Jahresgutachten des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR). Demnach steigt der Anteil von Menschen, die nicht ursprünglich aus Deutschland stammen, kontinuierlich an.

Hoffnung im Kampf gegen den Fachkräftemangel

Auf die Einwanderung setzen viele Politikerinnen, Politiker, Standesvertreterinnen und Standesvertreter große Hoffnung, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. „Ohne eingewanderte Fachkräfte auf allen Ebenen – das hat die Coronapandemie erneut gezeigt – steht das deutsche Gesundheitswesen vor dem Kollaps“, sagte Prof. Dr. phil. Petra Bendel, SVR-Vorsitzende, bei der Vorstellung des Gutachtens in Berlin. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Von den über vier Millionen Menschen in Gesundheits- und Pflegeberufen hatte im Jahr 2019 fast ein Viertel einen Migrationshintergrund. Dazu gehören zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte. Hinzu kommt, dass rund vier von fünf aller Erwerbstätigen in diesen Berufen Frauen sind.

Eine weitere Erkenntnis: In der Gruppe der in Deutschland praktizierenden Ärztinnen und Ärzte sind überdurchschnittlich viele Menschen mit Migrationsgeschichte vertreten. Mehr als ein Viertel von ihnen ist selbst zugewandert oder hat zugewanderte Eltern. 14 Prozent haben einen ausländischen Pass. Die meisten dieser Ärztinnen und Ärzte stammen aus Syrien und Rumänien. Außerdem arbeiten sie häufiger als ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen in Krankenhäusern und in eher ländlichen Regionen.

In den letzten Jahren hat man es geschafft, immer mehr im Ausland ausgebildete Gesundheits- und Pflegefachkräfte nach Deutschland zu locken. Seit 2013 hat sich die Anzahl der im Gesundheitswesen arbeitenden Zuwanderinnen und Zuwanderer bis zum Jahr 2019 fast verdoppelt. Eine weitere gute Nachricht: Es gibt es immer mehr Fachkräfte mit Migrationsgeschichte, die in Deutschland geboren sind und das deutsche Ausbildungssystem durchlaufen haben.

Strategie: Einwanderung erleichtern

Die Strategie, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben, hat dazu geführt, dass in den letzten Jahren die gesetzlichen Vorgaben angepasst wurden, um die Einwanderung zu erleichtern. Das gilt auch und gerade für Fachkräfte in den Gesundheitsberufen. Dennoch müssen diese nachweisen, dass ihre Qualifikation deutschen Standards entspricht. Ist das nicht der Fall, müssen fehlende Ausbildungsinhalte nachgeholt werden. „Entscheidend für den Erfolg von Anwerbestrategien ist deshalb, wie die entsprechenden Verfahren in der Praxis umgesetzt werden“, heißt es in dem SVR-Gutachten.

Der SVR empfiehlt, die Anerkennungsverfahren weiter zu vereinfachen, einheitlich zu gestalten und die beteiligten Behörden stärker miteinander zu verzahnen. Zudem müssten die verschiedenen am Zuwanderungsprozess beteiligten Stellen besser zusammenarbeiten. Weiterhin ist es sinnvoll, nicht nur allein auf das Recruiting von bereits fertig ausgebildeten Gesundheits- und Pflegefachkräften zu setzen, sondern darüber hinaus stärker als bisher geschehen für eine entsprechende Ausbildung in Deutschland zu werben. Für die Zugewanderten hätte das den Vorteil, dass durch eine vollständig in Deutschland absolvierte Ausbildung langwierige Anerkennungsverfahren entfallen.

Wer in ein anderes Land auswandert und dort arbeitet, muss große Anpassungs- und Integrationsleistungen erbringen. Damit dies gelingt und die Zugewanderten auch langfristig in Deutschland bleiben, brauchen sie Unterstützung. Krankenhäuser, die Mitarbeitende aus dem Ausland rekrutieren wollen, sollten sich auf Anraten SVR auf deren Ankunft vorbereiten, ein Integrationskonzept entwickeln und Ansprechpersonen benennen, die den Zuwandernden zur Seite stehen.

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