
Seit ein paar Jahren ist der Begriff Sketchnotes aufgekommen und zu einer Art Trend geworden. Dabei werden visuelle Notizen schon lange in Unternehmen genutzt. Viktoria Cvetković ist Visualisierungstrainerin, Online-Unternehmerin, Dozentin in Köln und Düsseldorf und Expertin für visuelle Notizen. Sie berichtet, welchen Nutzen sie etwa für die Patientenkommunikation oder auf Kongressen bei Vorträgen haben und worauf man beim Zeichnen achten sollte.
Frau Cvetković, wann kann man Sketchnotes nutzen?
Viktoria Cvetković: Überall da, wo es eine Interaktion zwischen Menschen geht, funktionieren auch Sketchnotes. Ich sage allerdings lieber ‚visuelle Notizen‘, weil das Wort Sketchnotes impliziert, dass man zeichnen können muss und das schreckt viele Menschen ab. Hauptinformationsträger in Sketchnotes bzw. visuellen Notizen ist immer der Text. Visuelle Notizen sind für jeden etwas. Verwendet man Bilder, dienen sie als visuelle Anker, die die textliche Information unterstützen und einprägsamer machen. Das ist der sogenannte Picture Superiority Effect, der bei Wort-Bild-Kombinationen zum Tragen kommt.
Wie kann man sie in die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten einbringen?
Viktoria Cvetković: Man kann visuelle Notizen für zwei Bereiche sehr gut einsetzen: Erstens, wenn man mit jemandem an einen Tisch sitzt und etwas erklärt, etwa im Patientengespräch, oder in der Kommunikation mit Auszubildenden oder Studierenden. Bei der Vermittlung von Fach- und Hintergrundwissen sind visuelle Notizen besonders hilfreich. Dazu braucht man nicht mehr als eine Idee für die Visualisierung, ein Blatt Papier und einen Kugelschreiber.
Und was ist der andere Bereich, in dem visuelle Notizen von Nutzen sind?
Viktoria Cvetković: Das sind Präsentationen und Vorträgen auf Events oder Kongressen. Dafür kann man natürlich im Internet nach Bildern suchen oder einen Fotografen engagieren, aber es ist viel anschaulicher und auch persönlicher, wenn man selbst Darstellungen erstellt. Dazu muss man sich klarmachen, wie man etwas erklären möchte und beginnt dann zu skizzieren. Dazu ist es nicht notwendig, Personen zu zeichnen – es können auch Kästen mit Pfeilen oder dergleichen sein. Bedingung ist, dass es verständlich in der Abfolge ist. Das kann man vorbereiten, aber wenn man während der Präsentation handgemachte Visualisierungen erstellt, die technisch eingebunden sind und komplexe Zusammenhänge leicht verständlich erklären, erhält die vortragende Person schnell viel Aufmerksamkeit.
Was sind Sketchnotes?
Sketchnotes sind Notizen, die aus Texten, Bilden und / oder Strukturen bestehen können. In dem Begriff steckt das englische Wort Sketch für ‚Skizze‘ und Note für ‚Notiz'. Sketchnotes werden in der Regel als Alternative zur konventionellen, linearen Mitschrift angefertigt und sind meist nicht linear angelegt. Die Hierarchie der Inhalte wird durch die Art der Visualisierung bestimmt.
Außerdem drückt es Wertschätzung aus, wenn man mit jemandem in eine echte Interaktion geht und im Gespräch Notizen erstellt.
Viktoria Cvetković: Richtig, das passiert vor allem, wenn ich mich mit einem leeren Blatt hinsetze und aufnehme, was die andere Person sagt. So können Ärztinnen und Ärzte zum Beispiel eine Behandlungsmethode im Patientengespräch besser erklären. Das hilft, Ängste abzubauen. Händische Notizen sind häufig schneller erstellt, man kann Themen gruppieren, priorisieren und Bezüge herstellen – das ist eine unglaublich wertschätzende Art zuzuhören.
Worauf muss bei der Erstellung der Notizen achten?
Viktoria Cvetković: Betrachten wir als Beispiel die Kommunikation mit Patientinnen und Patienten, Auszubildenden oder Studierenden: Der Arzt oder die Ärztin muss sich vorher überlegen, wer ihnen gegenübersitzt, wie viel Vorwissen vorhanden ist und auch, wie viel Zeit zur Verfügung steht. Dann sollte man sich über die Kernbotschaften klar sein und wie man diese leicht verständlich rüberbringt. Hier gilt das Motto: Wenn du es nicht einfach erklären kannst, hast du es nicht gut genug verstanden. Wird dann gezeichnet, erreicht man die Aufmerksamkeit des Gegenübers auf eine ganz andere Art. Menschen sind fasziniert, wenn sie Dinge im Entstehen beobachten.
Welche Fehler sollte man vermeiden?
Viktoria Cvetković: Wenn mein Gegenüber nicht nachvollziehen kann, was ich mir bei den vorbereiteten Notizen gedacht habe, wird es schwierig. Darum ist es ratsam, das Thema für sich vorzubereiten und es später in der Kommunikation mit dem Gesprächspartner oder der Gesprächspartnerin aufzuzeichnen. Dann kann die andere Person auch immer wieder eingreifen, Nachfragen stellen oder Anmerkungen machen, die sofort aufgegriffen werden können. So prägen sich die vermittelten Inhalte eher ein und man kommt auf eine tiefere Dialogebene.
Gibt es Besonderheiten für den Medizinbereich, die man beachten muss?
Viktoria Cvetković: Das Gesundheitswesen ist eher konservativ. Es kann daher sein, dass hier allzu verspielte Motive nicht so gut ankommen. Man könnte sagen, dass in konservativ geprägten Branchen bestimmte Sachen wie verspielte Darstellungen nicht gehen. Andererseits habe ich selbst schon die Erfahrung gemacht, dass es ganz erfrischend sein kann, wenn man eine Visualisierung präsentiert, die die Leute nicht erwarten. Es geht darum, eine Geschichte zu erzählen. Damit kann ich ja auch sehr rationale Inhalte präsentieren. Insofern kommt es auch immer auf den eigenen Typ an, um zu entscheiden, was funktioniert und was nicht. Man muss nur dahinterstehen, dann funktioniert auch eine verspieltere Darstellung.
Die Expertin:
Viktoria Cvetković ist Visualisierungstrainerin, Bloggerin, Online-Unternehmerin in Köln und Düsseldorf. Sie unterrichtet unter anderem in Online-Trainings oder an der VHS und liebt es, mit der Hand zu schreiben.
Mehr Infos zum Thema: https://bebildert.eu
Bild: © Viktoria Cvetković