So werden Ärzte und Ärztinnen in Zukunft lernen

2 Juni, 2022 - 08:54
Miriam Mirza
Gruppe von Ärztinnen und Ärzten in Videokonferenz

Medizinerinnen und Mediziner müssen sich künftig mit immer mehr digitalen Geräten auskennen, ihren Nutzen bewerten und auch über deren Sicherheit Gedanken machen. Doch wie sollen Sie das tun, wenn sie den Umgang damit im Studium nicht lernen? Ganz klar: In den Universitäten muss sich etwas tun. Digitale Kompetenzen müssen Teil des Curriculums werden. Das haben auch schon zahlreiche Hochschulen eingesehen und ihre Lehrpläne angepasst. Sie gehen inzwischen sogar einen Schritt weiter und fragen sich, wie man interprofessionelles Lernen fördern und die verschiedenen, an der Gesundheitsversorgung beteiligten Berufsgruppen zusammenbringen kann.

Aber es stellt sich die Frage, wie man mit Kolleginnen und Kollegen umgeht, die bereits im Beruf stehen und ihre Kenntnisse erweitern müssen. Für deren Fort- und Weiterbildung sind die Arbeitgeber zuständig. Für Krankenhäuser und Kliniken heißt das, sie müssen ihre Fort- und Weiterbildungsangebote neu ausrichten, interprofessionelles Lernen fördern und Kompetenzgefälle reduzieren.

Ärztinnen und Ärzte sind grundsätzlich interessiert

Oft wird Ärztinnen und Ärzten unterstellt, dass sich der Digitalisierung verweigern und nur widerwillig digitale Kompetenzen aneignen. Eine aktuelle Online-Erhebung unter 1.274 Medizinerinnen und Medizinern zeigt, dass dem nicht so ist. Die Untersuchung wurde vom Fraunhofer Institut gemeinsam mit dem Bündnis Junge Ärzte und der Universität Witten / Herdecke durchgeführt. Das Ergebnis: Es besteht ein grundsätzliches Interesse an der Digitalisierung in allen Analysegruppen, Gerade in den Bereichen Fortbildung und E-Learning sehen die Befragten großes Potenzial. Die Studienmacher bemängeln jedoch, dass es an einer strukturierten Vorgehensweise bei der Vermittlung von digitalen Kompetenzen fehlt. Daher plädieren sie für die Etablierung eines eHealth-Leitbildes, das Orientierung bietet.

29.03.2024, Ambulantes Zentrum für Lungenkrankheiten und Schlafmedizin (AZLS)
Cottbus

Sicher ist, dass sich das Lernen grundsätzlich verändern wird. In den vergangenen Jahren – nicht zuletzt getrieben von der Pandemie – hat sich die Organisationen von Unternehmen stark gewandelt: Es gibt immer mehr Homeoffice-Arbeitsplätze, Arbeitszeiten und die Organisation von Arbeit werden flexibler, das Lernen findet immer mehr online und selbstorganisiert statt.

Neue Formen des Lernens

Diese Entwicklungen erfordern Anpassungen bei der Wissensvermittlung. Das heißt nicht, dass man das Rad nun neu erfinden muss. Kliniken und Krankenhäuser sollten weiterhin Seminare und Workshop anbieten, in denen ihre Mitarbeitenden das für sie nötige Fachwissen und neue Kompetenzen vermittelt bekommen. Doch in Zeiten neuer technischer Möglichkeiten und sich wandelnder Rahmenbedingungen sollte die Wissensvermittlung in unterschiedlichsten Formen stattfinden.

Dazu gehört zum Beispiel das so genannte informelle Lernen. Darunter versteht man das alltägliche, individuelle, nicht-standardisierte Lernen, beispielsweise am Arbeitsplatz oder in der Freizeit. Wichtig dabei, dass sich die Lernenden selbstgesteuert, allein oder in Teams lernen und sich in Eigeninitiative genau das Know-how aneignen, das sie in diesem Moment und für die Lösung ihres konkreten Problems benötigen.

Für viele Ärztinnen und Ärzte ist es angesichts ohnehin vollgepackter Arbeitstage eher ein Hindernis, sich Zeit für Fortbildungsveranstaltungen zu nehmen. Doch das ist auch gar nicht immer notwendig, wenn ihre Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen Räume schaffen, in denen auch kleine, aber sehr effektive Lerneinheiten (man spricht dann von Microlearning) stattfinden können.

Was bedeutet das für die Krankenhäuser? Sie sollten sich vor Augen führen, dass in der neuen Arbeitswelt weniger wichtig wird, welche Abschlüsse die Mitarbeitenden haben, sondern welche Kompetenzen sie vorweisen können. Weiterhin sollten sie sich Gedanken machen, wie sie Medizinerinnen und Medizinern diese für ihre Arbeit notwendigen Kompetenzen vermitteln. Das erfordert Offenheit gegenüber neuer und unterschiedlicher Lernformen. Dabei gilt: Das Althergebrachte muss nicht über Bord geworfen, sondern um sinnvolle Lernformen ergänzt werden.

Mögliche Lernformen – eine Auswahl

  • Besuch von Fachmessen, Konferenzen, Barcamps
  • Lesen von Fachliteratur
  • Kolleginnen oder Kollegen fragen
  • Interdisziplinärer Austausch mit Kolleginnen und Kollegen anderer Abteilungen oder Fachbereiche
  • Recherche im Internet
  • Vernetzung mit Expertinnen und Experten auf Social Media
  • E-Learning: kurze Videotutorials, internetbasierte Trainings, Online-Seminare und- Workshops
  • Krankenhausinterner Austausch in Chats, Blogs, Wikis oder über Messender-Dienste
  • Lernen durch Trial and Error (darunter versteht man Beobachten und Ausprobieren)

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