Weiter arbeiten oder faulenzen? Was sich Ärztinnen und Ärzte für den Ruhestand wünschen

30 Oktober, 2025 - 06:56
Stefanie Hanke
Gruppe älterer Menschen in Freizeitkleidung, entspannt im Freien sitzend, umgeben von grüner Natur und sommerlicher Atmosphäre.

Wie stellen sich Ärztinnen und Ärzte ihren Ruhestand vor? Wollen sie überhaupt aufhören zu arbeiten? Was haben sie stattdessen vor? Und fühlen sie sich finanziell gut genug abgesichert für einen sorgenfreien Ruhestand? Das untersucht der aktuelle Medscape-Report.

Möglichst früh aufhören zu arbeiten? Für die meisten Ärztinnen und Ärzte ist das nicht das Ziel. Der aktuelle Medscape-Report "Wie Ärztinnen und Ärzte ihren Ruhestand planen" zeigt: Etwa ein Drittel der Befragten (34 Prozent) möchte erst in den späten 60ern in Rente gehen, jeder und jede Vierte (25 Prozent) möchte sogar mit über 70 noch weiterarbeiten. Vier Prozent können sich sogar vorstellen, mit über 80 Jahren noch zu praktizieren. Ebenfalls nur vier Prozent wünschen sich, schon vor dem 60. Geburtstag aus dem Berufsleben auszusteigen. Insgesamt gibt es hier Unterschiede je nach Beschäftigungsart: 25 Prozent der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte können sich vorstellen, mit über 70 Jahren noch zu arbeiten. Bei den Kolleginnen und Kollegen in der Klinik sind es nur 17 Prozent.

 

 

Rente? Erstmal nur in Teilzeit

Viele der Befragten können sich den Übergang in den Ruhestand eher fließend vorstellen. So möchten 28 Prozent weiterhin in Teilzeit im medizinischen Bereich arbeiten, sieben Prozent planen einen Wechsel in einen nichtmedizinischen Beruf. Etwa ein Viertel will komplett aus dem Berufsleben aussteigen.

Von denjenigen, die in Teilzeit weiterarbeiten möchten, können sich die meisten (61 Prozent) vorstellen, zwischen 26 und 50 Prozent ihres bisherigen Arbeitspensums zu arbeiten. Andere planen beispielsweise ein ehrenamtliches Engagement bei der Betreuung von Obdachlosen oder eine Lehrtätigkeit.

Mehr Zeit für Hobbys und Familie oder Leidenschaft für die Medizin?

Von denjenigen, die schon mit Anfang 60 oder früher in den Ruhestand gehen möchten, wünscht sich ein großer Teil (66 Prozent) mehr Freizeit, beispielsweise für Hobbys. 38 Prozent möchten mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen. Allerdings fühlen sich auch mehr als die Hälfte von ihrer ärztlichen Tätigkeit ausgebrannt (56 Prozent), 19 Prozent haben gesundheitliche Gründe, aus dem Berufsleben auszusteigen.

Und was treibt diejenigen an, die gern noch möglichst lange weiterarbeiten möchten? Die meisten (59 Prozent) identifizieren sich stark mit ihrer Tätigkeit als Arzt oder Ärztin. 42 Prozent bezeichnen Medizin als ihre Leidenschaft. Gut ein Viertel (27 Prozent) möchte die bisherigen Patientinnen und Patienten weiter versorgen. Etwa jeder und jede Dritte (34 Prozent) glaubt allerdings auch, nicht genug Geld gespart zu haben, um sich einen früheren Ruhestand finanziell leisten zu können.

Die Medizin wird auch im Ruhestand bei den meisten noch eine Rolle spielen. Knapp drei Viertel der Befragten (73 Prozent) wollen auch dann weiterhin über medizinische Entwicklungen informiert bleiben, wenn es beruflich nicht mehr wichtig ist. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) will auch in Zukunft medizinische Fachzeitschriften wie beispielsweise das Deutsche Ärzteblatt lesen. 37 Prozent wollen auch im Ruhestand Mitglied in einer medizinischen Fachgesellschaft bleiben.

Gedanken an den Ruhestand: Erleichterung oder Trauer?

Interessant ist auch die Frage, mit welchem Gefühl die Ärztinnen und Ärzte ihrem Ruhestand entgegenblicken. 57 Prozent der Befragten blicken grundsätzlich positiv auf diesen neuen Lebensabschnitt: 26 Prozent erwarten, dass sie sich "erleichtert" fühlen werden, 25 Prozent erwarten ein "gutes" Gefühl, 6 Prozent gehen davon aus, beim Renteneintritt "glücklich" zu sein. Allerdings blicken auch 14 Prozent dem Ende ihres Berufslebens "traurig" entgegen. Viele haben mit ambivalenten Gefühlen zu tun: Der Gedanke, keine Patientinnen und Patienten mehr zu versorgen, kann mit Trauer verbunden sein, während man gleichzeitig Erleichterung darüber empfindet, sich nicht mehr mit der Bürokratie herumplagen zu müssen.

Eine große Mehrheit von 79 Prozent fühlt sich "sehr zuversichtlich" oder zumindest "zuversichtlich", dass auch der Ruhestand für sie erfüllend sein kann. 15 Prozent sind zumindest noch "eher zuversichtlich". Nur fünf Prozent glauben nicht, dass sie nach dem Ausstieg aus dem Arztberuf noch ein erfüllender Lebensabschnitt erwartet.

Reisen, Ehrenamt, neue Investitionen

Worauf freuen sich die Ärztinnen und Ärzte besonders, wenn sie an den Ruhestand denken? 78 Prozent möchten gern mehr reisen, 76 Prozent möchten gern ihre Freizeitaktivitäten genießen. Weit dahinter liegen "gemeinnützige Tätigkeiten": Immerhin ein Drittel (34 Prozent) möchte sich im Ruhestand dafür engagieren bzw. Geld spenden. 15 Prozent möchten gern Geld in ein Ferienhaus oder eine Ferienwohnung investieren, jeder und jede Zehnte (10 Prozent) plant andere finanzielle Investitionen. Einen Umzug planen aber nur wenige: Jeweils 17 Prozent überlegen, in eine andere Stadt oder in eine kleinere Wohnung umzuziehen.

 

 

Wie finanzieren Ärztinnen und Ärzte ihren Ruhestand?

Das Geld für den neuen Lebensabschnitt kommt für die meisten aus der Ärzteversorgung (95 Prozent), einer privaten Altersvorsorge (40 Prozent) und / oder aus der gesetzlichen Rentenversicherung (29 Prozent). 66 Prozent verfügen außerdem über persönliche Ersparnisse, 31 Prozent können auf eine Lebensversicherung zurückgreifen.

Im Durchschnitt erwarten die Befragten, dass sie monatlich 2.874 Euro netto brauchen, um nach ihren Vorstellungen zu leben. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Während Ärztinnen nur 2.004 Euro brauchen, sind es bei Männern 3.314 Euro. Dabei sind die meisten "sehr zuversichtlich" (42 Prozent) oder "zuversichtlich" (25 Prozent), dieses Ziel auch erreichen zu können. Neun Prozent sind "weniger zuversichtlich". Nur vier Prozent glauben nicht, dass sie ihr finanzielles Ziel erreichen können.

Zu alt zum Praktizieren?

Gibt es eigentlich eine Altersgrenze, aber der Ärztinnen und Ärzte "zu alt" sind, um weiterhin in ihrem Beruf zu arbeiten? Für die Mehrheit der Befragten ist das nicht der Fall: 58 Prozent antworten auf diese Frage mit "nein". 42 Prozent sehen durchaus eine Altersgrenze: Die Mehrheit gibt hier 75 Jahre als ein Alter an, nach dem man endgültig den Beruf an den Nagel hängen sollte. Viele sehen das allerdings differenziert: Für 74 Prozent spielt die individuelle Eignung eine größere Rolle als das konkrete Alter. 58 Prozent sagen, auch das Fachgebiet spiele bei dieser Frage eine Rolle. 

Für die Studie hat Medscape zwischen März und Juli 2025 insgesamt 1.035 Ärztinnen und Ärzte, die in Deutschland leben und arbeiten, online befragt. Davon sind 60 Prozent männlich und 40 Prozent weiblich. Die Mehrheit der Befragten ist älter als 45 Jahre.

Quelle: Medscape-Report: "Wie Ärztinnen und Ärzte ihren Ruhestand planen" (2025)

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