Rehabranche: Beschäftigte verspüren hohen Arbeitsdruck

21 Februar, 2020 - 10:48
Dr. Sabine Glöser / Stefanie Hanke
Frau mitvKrücken in einer Turnhalle,vor ihr steht ein Mann und erklärt etwas

Viele Beschäftigte in Rehabilitationseinrichtungen klagen über einen hohen Arbeitsdruck. Das jedenfalls ergab eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Umfrage der Unternehmensberatung wmp Consult. Für die Untersuchung führten die Ökonomin Sabine Baldauf und die Politologin Dr. Katrin Vitols Interviews mit Branchenexperten der Beschäftigten- und Arbeitgeberseite und befragten mehr als 236 Arbeitnehmervertreter.

Demnach nehmen 88 Prozent der Beschäftigten eine Arbeitsverdichtung im Pflegedienst wahr. 81 Prozent gaben an, ihre Einrichtung leide unter einem Mangel an Pflege-Fachkräften. Ähnliches gelte auch für den ärztlichen Dienst: So bestätigt die Umfrage, dass im ärztlichen Bereich ein hoher Fachkräftemangel existiert (Zustimmung 74 Prozent). Um diesem Problem zu begegnen, werden von Rehabilitationseinrichtungen verstärkt ausländische Ärzte und Ärztinnen rekrutiert.

Vorteil im Reha-Bereich: Geregelte Arbeitszeiten

Gleichzeitig zeigt die Umfrage aber auch, dass es eine Abwanderung von ärztlichen Fachkräften gibt (Zustimmung 66 Prozent). Viele Interviewpartner sehen vor allem fehlende Entwicklungsmöglichkeiten und Karrierewege in den Rehabilitationskrankenhäusern als Ursache – gerade im Vergleich mit den Akutkrankenhäusern. Die geregelten Arbeitszeiten werden dagegen von vielen als Anreiz bewertet, in einer Rehabilitationseinrichtung zu arbeiten: Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, Wechselschichten, Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften kommen nur selten vor. So ermöglichen die geregelten Arbeitszeiten im Reha-Bereich eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.

Ein weiterer Befund der Umfrage: Der ärztliche Dienst leidet aus Sicht der Befragten an einer knappen Personalausstattung. So gibt ein Großteil (86 Prozent) der Befragten an, dass die Menge der Arbeit zugenommen hat, 85 Prozent haben den Eindruck, dass die mentale Belastung bei der Arbeit zugenommen hat. Knapp 80 Prozent empfinden die emotionalen Arbeitsanforderungen als hoch. Hier zeige sich deutlich, welche Auswirkungen es auf die Ärzte habe, dass sie es in Reha-Einrichtungen immer häufiger mit schwer erkrankten Patienten zu tun bekommen, heißt es von den Studienautoren.

Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen im ärztlichen Dienst (in Prozent)

Patienten in Rehaeinrichtungen sind den Forscherinnen zufolge heute oft kränker und älter als in früheren Zeiten. Eine verkürzte Verweildauer in Akutkrankenhäusern und Multimorbidität hätten zu gestiegenen Schweregraden der Erkrankungen unter den Rehabilitanden geführt. So nehme der Pflege- und Betreuungsbedarf zu. Da gleichzeitig die Zahl der Beschäftigten umgerechnet auf Vollzeitstellen stagniere, habe sich die Arbeitsbelastung erhöht. Hinzu kämen neue Anforderungen wie die Digitalisierung, die zunächst Mehrarbeit und Schulungsbedarf bedeuteten.

Bezogen auf die Profitabilität der Einrichtungen zeigt sich ein heterogenes Bild. Während große private Ketten oft gute Gewinne machten, stünden manche kleineren Kliniken finanziell unter Druck. Den größten Teil der mehr als 1.000 Rehaeinrichtungen in Deutschland betreiben private Firmen, ein Teil gehört zum öffentlichen Dienst, andere werden von Kirchen oder Wohlfahrtsverbänden getragen. Die Branche hat knapp 123.000 Beschäftigte, von denen viele in Teilzeit arbeiten.

Öffentliche Arbeitgeber liegen bei Entwicklungsmöglichkeiten vorn

Dabei werden die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen in privaten und öffentlichen Rehabilitationseinrichtungen von den Befragten recht ähnlich bewertet. Allerdings schneiden öffentilche Arbeitgeber besser ab, wenn es um die arbeitgeberfinanzierten Weiterbildungen sowie Entwicklungsmöglichkeiten und Karrierewege in den Einrichtungen geht. Auch, was die Zufriedenheit mit der Bezahlung betrifft,liegen die öffentlichen Einrichtungen vorn: 35 Prozent der Befragten halten ihr Gehalt hier für angemessen – in privaten und freigemeinnützigen Häusern sind es nur 23 bzw. 22 Prozent.

Aufgrund der Wachstums- und Gewinnorientierung gehörten Kostendruck sowie Einspar- und Rationalisierungsprogramme inzwischen in vielen Rehakliniken zum Alltag, stellen die Studienautorinnen fest. Ihre Forderung: „Die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen in Rehabilitationseinrichtungen müssen attraktiver werden.“

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