Die Andrologie beschäftigt sich mit den Fortpflanzungsfunktionen männlicher Patienten. Wie die Zusatz-Weiterbildung abläuft und welche Voraussetzungen es dafür gibt, erfahren Sie im Beitrag.
Auf einen Blick: Zusatz-Weiterbildung Andrologie
- Definition: Die Andrologie (Männerheilkunde) befasst sich mit der Physiologie, Anatomie und Pathologie der männlichen Fortpflanzungsorgane in allen Phasen des Lebens.
- Voraussetzungen: Facharztanerkennung in Haut- und Geschlechtskrankheiten, Innere Medizin und Endokrinologie / Diabetologie oder Urologie
- Dauer: 12 Monate bei einem Weiterbilder für Andrologie
- Anzahl der Ärzte: In Deutschland sind 1.742 Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung "Andrologie" bei den Kammern registriert. Davon sind 1.477 berufstätig.
Was ist eigentlich das männliche Gegenstück zur Gynäkologie? Nein, es ist nicht die Urologie, sondern die Andrologie – ein Fachgebiet, dass außerhalb medizinischer Kreise relativ unbekannt ist. Kein Wunder: Während es in Deutschland mehr als 26.000 Gynäkologinnen und Gynäkologen gibt (Stand: 2020), sind nur 1.679 Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung "Andrologie" bei den Kammern registriert. Viele von ihnen haben sich allerdings tatsächlich zunächst auf die Urologie spezialisiert: Die Urologie ist eine von drei Facharzt-Richtungen, die eine Zusatzweiterbildung in der Andrologie ermöglichen – neben dem Gebiet Haut- und Geschlechtskrankheiten und der Inneren Medizin mit Spezialisierung auf Endokrinologie und Diabetologie.
Die Andrologie beschäftigt sich dabei mit der Anatomie, Physiologie und Pathologie der männlichen Genitalien. Dazu gehören die äußeren (Penis und Hodensack) und die inneren Geschlechtsorgane (Hoden, Nebenhoden, Samenleiter, Samenblase, Spritzkanälchen und Prostata). Die Zusatz-Weiterbildung Andrologie wurde vom Deutschen Ärztetag 2003 beschlossen und in die (Muster-)Weiterbildungsordnung aufgenommen.
Zeugungsunfähigkeit beim Mann
Ein Arbeitsschwerpunkt der Andrologie sind Störungen der Zeugungsfähigkeit bei Männern. Bei etwa jedem dritten Paar ist eine andrologische Störung die Ursache. Hintergrund können beispielsweise Infektionen, Störungen des Hormonhaushaltes oder genetische Erkrankungen sein. Enthält das Ejakulat keine Spermien, können die männlichen Spermien auch operativ aus den Hoden oder Nebenhoden entnommen und für eine künstliche Befruchtung eingesetzt werden.
Die Andrologie beschäftigt sich aber auch mit endokrinologischen Fragestellungen – also Themen rund um den männlichen Hormonhaushalt. Bei zunehmendem Alter lässt die Testosteronproduktion im Hoden nach. Doch auch bei jüngeren Männern kann Testosteronmangel vorkommen und verschiedene schwerwiegende Folgen haben: Dazu gehören Osteoporose und Stimmungsschwankungen, aber auch kognitive Einschränkungen. Testosteron kann beispielsweise in Form von Gels oder Spritzen substituiert werden.
Hilfe bei Erektionsstörungen
Doch auch Störungen der Erektionsfähigkeit gehören zum Gebiet der Andrologie. Eine erektile Disfunktion kann mehrere Ursachen haben: Bei jedem dritten Patienten liegt eine Erkrankung der Blutgefäße vor, bei jedem vierten ist Diabetes mellitus der Grund. Auch bestimmte Medikamente oder Drogen können Erektionsstörungen herbeiführen. Besonders häufig tritt das Problem bei älteren Männern auf: Etwa jeder dritte Mann über 50 ist betroffen – die Ursache ist auch hier der altersbedingt niedrigere Testosteronspiegel.
Allerdings kann eine erektile Disfunktion auch psychische Ursachen haben. Daher arbeiten Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatz-Bezeichnung Andrologie häufig auch mit Psychotherapeutinnen und -therapeuten zusammen. Außerdem bestehen neben der Urologie auch viele Verbindungen zur Inneren Medizin, speziell zum Bereich Endokrinologie. In reproduktionsmedizinischen Praxen arbeiten Androloginnen und Andrologen mit Fachärztinnen und Fachärzten für Gynäkologie häufig zusammen, um bei einem unerfüllten Kinderwunsch beide Partner betreuen zu können.
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Androloge werden: Die Zusatz-Weiterbildung im Überblick
Dauer der Weiterbildung
- 12 Monate Andrologie unter Befugnis an Weiterbildungsstätten
Inhalte der Weiterbildung
Übergreifende Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Andrologie
- Prävention und Früherkennung andrologischer Krankheitsbilder
- Psychogene Symptome, somatopsychische Reaktionen und psychologische Führung andrologischer Patienten
Hormonelle Störungen
- Erkennung, Diagnostik und Therapie der Pubertas tarda
- Erkennung, Diagnostik und Therapie des endokrinen Hypogonadismus, auch beim alternden Mann (Richtwert: 100)
- Erkennung, Diagnostik und konservative Therapie der Gynäkomastie
- Endokrinologische Diagnostik und Therapie andrologischer Erkrankungen, Indikation zu diagnostischen Funktionstesten
Infertilität und ungewollte Kinderlosigkeit
- Erkennung, Diagnostik und Therapie der männlichen Infertilität
- Diagnostik, Beratung und Therapie entzündlicher Erkrankungen des männlichen Genitale bei Infertilität
- Interdisziplinäre Indikationsstellung für Verfahren der assistierten Reproduktion (Richtwert: 100)
- Beratung des Paares bei ungewollter Kinderlosigkeit
- Andrologische Beratung, auch onkologischer Patienten, bezüglich Kryokonservierung von Spermatozoen und Hodengewebe (Richtwert: 25)
Sexualmedizinische Aspekte
- Diagnostik und Therapie von Störungen der Erektion, der Libido, der Ejakulation und der Kohabitation einschließlich sexualmedizinischer Beratung (Richtwert: 100)
- Beratung zur männlichen Kontrazeption
Diagnostik und Therapie
- Sonographische/Duplexsonographische Untersuchungen des männlichen Genitale einschließlich Hoden, Nebenhoden, Skrotalgefäße, Penis (Richtwert: 100)
- Ejakulatuntersuchungen nach WHO-Vorgaben einschließlich Spermaaufbereitungsmethoden (Richtwert: 100)
- Grundlagen andrologischer hereditärer Krankheitsbilder
- Indikationsstellung zur humangenetischen Diagnostik und Beratung bei andrologischen Fragestellungen
- Einordnung des histologischen Ergebnisses der Hodenbiopsie in das Krankheitsbild
- Indikationen und Prinzipien andrologisch relevanter Operationen, z. B. Varikozelenoperation, Hodenbiopsie einschließlich testikuläre Spermienextraktion, mikrochirurgische epididymale Spermienaspiration, Vasektomie, Refertilisierung, Korporoplastik, Schwellkörperimplantat
Quellen: Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer 2018, Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2023, Andrologie-Experten