
Tropische Regionen stellen ganz andere Anforderungen an den menschlichen Körper als unsere gemäßigten Breiten in Mitteleuropa. Die Tropenmedizin befasst sich mit dem Umgang mit den besonderen klimatischen Bedingungen und Risiken, aber auch mit der Behandlung von Infektionskrankheiten, die hauptsächlich in den Tropen vorkommen. Wie die Weiterbildung abläuft und welche Voraussetzungen es gibt, erfahren Sie im Beitrag.
Auf einen Blick: Zusatz-Weiterbildung Tropenmedizin
- Definition: Die Tropenmedizin beschäftigt sich mit der Behandlung, Vorbeugung und Epidemiologie von Erkrankungen, die ausschließlich oder hauptsächlich in tropischen und subtropischen Regionen vorkommen. Die Tropenmedizin ist unter anderem auch Teil der Reisemedizin.
- Voraussetzungen: 24 Monate Weiterbildung in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung
- Dauer: 9 Monate Tropenmedizin unter Befugnis an Weiterbildungsstätten, 9 Monate tropenmedizinische Tätigkeit in einer medizinischen Einrichtung in einem tropischen Land und 3 Monate Kurs-Weiterbildung in Tropenmedizin und Medizinischer Parasitologie
- Anzahl der Ärzte: In Deutschland sind 408 Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Tropenmedizin" bei den Kammern registriert (2022).
Ebola, Dengue-Fieber, Malaria oder Zika: Einige gefährliche parasitäre, bakterielle oder virale Infektionskrankheiten treten nur oder zumindest fast nur in tropischen Ländern auf. Diese Erkrankungen sind ein wesentlicher Schwerpunkt der Tropenmedizin. Sie können sehr gefährlich werden – sowohl für die einheimische Bevölkerung als auch für Reisende, die sich in tropischen Ländern aufhalten. Allein an Malaria sterben laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jedes Jahr rund eine halbe Million Menschen – etwa 90 Prozent davon in Afrika.
Zu den Tropenkrankheiten zählen unter anderem:
- Dengue-Fieber
- Ebola
- Japanische Enzephalitis
- Malaria
- West-Nil-Fieber
- Lepra
- Gelbfieber
- Zika
- Typhus
- Cholera
Allerdings: So ganz lässt sich das geografisch nicht eingrenzen. Einige dieser Erkrankungen wie Typhus und Cholera waren früher auch in Europa eine Gefahr. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war beispielsweise auch Malaria in Süd- und Mitteleuropa durchaus verbreitet. Erst in den 1960er Jahren konnte die Krankheit durch die großflächige Trockenlegung von Sumpfgebieten und die Begradigung von Flüssen in Europa ausgerottet werden. Damit Tropenkrankheiten gefährlich werden können, spielen neben dem Klima und den geographischen Bedingungen auch die sozioökonomischen Bedingungen in tropischen Ländern des globalen Südens für die Verbreitung eine Rolle.
Arbeiten in den Tropen, arbeiten in Deutschland
Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatz-Bezeichnung Tropenmedizin können natürlich einerseits in einem tropischen Land in einem Krankenhaus oder bei einer humanitären Organisation arbeiten. Dort sind sie unter anderem für Impfkampagnen, aber auch in der medizinischen Basisversorgung vor Ort tätig. In Deutschland arbeiten Tropenmediziner und Tropenmedizinerinnen beispielsweise in entsprechenden Instituten der Unikliniken in der Forschung, aber auch bei der Behandlung von Menschen, die sich auf Reisen mit einer Tropenkrankheit angesteckt haben.
Ein weiterer Arbeitsbereich ist die Beratung von Menschen, die so eine Reise noch vor sich haben. Viele Unikliniken bieten eine reisemedizinische Beratung an. Dazu gehört unter anderem die sogenannte Tropentauglichkeitsuntersuchung nach Grundsatz 35 der Berufsgenossenschaften. Gegen viele Tropenkrankheiten gibt es eine Impfung oder – im Fall von Malaria – eine medikamentöse Prophylaxe, die vor einer Ansteckung schützen kann. Zur reisemedizinischen Beratung gehören aber auch Ratschläge darüber, wie sich Reisende beispielsweise durch Insektenschutzmittel und Moskitonetze vor Mückenstichen schützen können, wie man am besten mit dem ungewohnt heißen Klima umgeht und welche Hygieneregeln beispielsweise einer Durchfallerkrankung vorbeugen können. In Unternehmen, deren Mitarbeitende regelmäßig in tropische Länder reisen, kann die Zusatz-Weiterbildung beispielsweise auch für Betriebsärztinnen und -ärzte sinnvoll sein.
Tropenkrankheiten in Europa
Doch einige tropische Erkrankungen sind aktuell – begünstigt durch die globale Erwärmung und den internationalen Flugverkehr – in Europa auf dem Vormarsch. So breitet sich die Asiatische Tigermücke, die mehrere gefährliche Infektionskrankheiten übertragen kann, seit etwa zehn Jahren verstärkt in Teilen Deutschlands aus. Zwar halten Experten das Risiko, sich hierzulande durch einen Mückenstich mit einer tropischen Krankheit wie Dengue oder Zika zu infizieren, aktuell für gering. In wärmeren europäischen Ländern wie Spanien, Südfrankreich oder Italien könnte es aber durchaus zu Ausbrüchen kommen. Und auch die Affenpocken, die sich derzeit weltweit ausbreiten, stammen ursprünglich aus West- und Zentralafrika. Das macht die Tropenmedizin zu einem Fachgebiet, das neben der Reisemedizin auch für die staatliche Seuchenbekämpfung relevant ist und es perspektivisch in Zukunft noch stärker werden wird.
Tropenmediziner werden: Die Zusatz-Weiterbildung im Überblick
Dauer der Weiterbildung
- 9 Monate Tropenmedizin unter Befugnis an Weiterbildungsstätten und zusätzlich
- 9 Monate tropenmedizinische Tätigkeit in einer medizinischen Einrichtung in den Tropen und zusätzlich
-
3 Monate Kurs-Weiterbildung in Tropenmedizin und Medizinischer Parasitologie
Inhalte der Weiterbildung
Übergreifende Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Tropenmedizin
- Gesundheitssysteme in ressourcenarmen Ländern sowie geomedizinische Zusammenhänge und deren Folgen
- Meldung von Infektions- und Tropenkrankheiten nach dem Infektionsschutzgesetz sowie der Berufskrankheiten-Verordnung
- Soziokulturelle Besonderheiten und deren Berücksichtigung bei Anamnese, Befunderhebung und Therapie
- Ethnische und altersspezifische Besonderheiten
Epidemiologie
- Auftreten und Verbreitung von infektiösen und nicht-übertragbaren länderspezifischen Erkrankungen sowie umwelt-, fauna- und florabedingte Gefahren
- Epidemiologie der Übertragungswege tropenmedizinisch relevanter Erreger, deren zoonotische Reservoire sowie Übertragungsvektoren und Übertragungskompetenz
- Epidemiologische Grundlagen bei tropenmedizinischen Fragestellungen
- Identifizierung von Vektoren von Infektionskrankheiten
Diagnostik
- Diagnostische Verfahren zum Nachweis von tropenmedizinisch relevanten Infektionserregern
- Mikroskopische Untersuchungen, z. B. von Blut, Gewebe, Sputum, Stuhl, Urin, Haut- und Liquorproben einschließlich der wichtigsten Färbeverfahren tropenmedizinischer Erreger (Richtwert: 100)
- Durchführung von Schnelltest-Verfahren bei tropenmedizinischen Fragestellungen (Richtwert: 30)
- Indikationsstellung, Präanalytik und Befundinterpretation von Laboruntersuchungen
Reisemedizin
- Besonderheiten der Höhen-, Tauch- und klimaspezifischen Medizin
- Länderspezifische Beratung vor Reisen, Entsendung und Auslandseinsätzen einschließlich Prophylaxemaßnahmen unter besonderer Berücksichtigung von Risikogruppen sowie Beurteilung der Reisefähigkeit
- Nationale und supranationale Impfvorschriften
- Indikationen und Kontraindikationen von Impfungen sowie Immun- und Chemoprophylaxe, z. B. Malariaprophylaxe
- Impfung von Reisenden einschließlich Gelbfieberimpfungen (Richtwert: 100)
- Erstellung von individuellen länderspezifischen Expositionen und Chemoprophylaxeplänen (Richtwert: 100)
Tropenmedizinische Erkrankungen
- Erkennung, Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie von infektiösen und nicht-übertragbaren Erkrankungen in den Tropen einschließlich bakterieller, viraler, mykotischer und parasitärer Infektionen und Gifttierunfälle
- Erkennung, Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie von infektiösen und nicht-übertragbaren Erkrankungen bei Reiserückkehrern, Reisenden und Migranten einschließlich bakterieller, viraler, mykotischer und parasitärer Infektionen und Gifttierunfälle
- Länderspezifische Erkrankungsmuster
- Vorgehen bei Verdacht auf Import lebensbedrohlicher und hochkontagiöser Erreger
Arbeitsmedizinische Aspekte
- Arbeits- und umweltmedizinische Aspekte im Ausland einschließlich Vorsorge und Tauglichkeit
- Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen in den Tropen
- Durchführung von Tropentauglichkeitsuntersuchungen und Rückkehreruntersuchungen einschließlich Beratung (Richtwert: 35)
- Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge
- Gutachtenerstellung
Quellen: Musterweiterbildungsordnung 2018 der Bundesärztekammer, Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2022, Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit, Auswärtiges Amt