Ärztinnen und Ärzte in Führung: Kollegiale Beratung im Gesundheitswesen nutzen

8 Januar, 2025 - 07:30
Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA
Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA
Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA ist Ärztin, Führungskräfte-Trainerin, Professorin für Health Care an der AKAD University sowie Stress- und Burnout-Coach.

Kennen Sie die Kollegiale Beratung? Erhalten Sie in diesem Artikel Informationen zu den Voraussetzungen sowie dem Ablauf einer Kollegialen Beratung, damit diese auch für die Unterstützung von Einzelpersonen und ganzen Teams im Gesundheitswesen nutzbar gemacht werden kann.

Wir haben in der Klinik, Praxis oder anderen Einrichtungen im Gesundheitswesen alltäglich viele Herausforderungen zu meistern. Angespannte Arbeitsbedingungen gerade unter Fachkräftemangel führen zusätzlich noch zu Konflikten im Team. Hier kann das Etablieren einer (regelmäßigen) Kollegialen Beratung Einzelpersonen und auch festen Teams eine Unterstützung geben. Der Psychologe Dr. Kim-Oliver Tietze beschreibt in seinem Fachbuch „Kollegiale Beratung – Problemlösungen gemeinsam entwickeln“ (Rowohlt; 12. Aufl. 2023), dass die Kollegiale Beratung ein strukturiertes Beratungsgespräch in einer Gruppe sei, in dem eine Person von den weiteren Teilnehmenden nach einem festen Ablauf mit verteilten Rollen beraten werde mit dem Ziel, Lösungen für eine konkrete berufliche Schlüsselfrage zu entwickeln.

Im Gegensatz zu einer Balintgruppe, die primär die Arzt-Patienten-Beziehung im Fokus hat und von einer erfahrenen, meist psychotherapeutisch weitergebildeten Person geleitet wird (König W. Die Leitung von Balintgruppen. Ein Leitfaden, begründet durch Werner Stucke im Auftrag der Deutschen Balintgesellschaft. Deutscher Ärzte-Verlag; 2. Aufl. 2004), basiert die Kollegiale Beratung auf einer selbstgesteuerten und leiterlosen Gruppe Berufstätiger (Tietze KO. 2023, siehe oben). Als Themen, die im Gesundheitswesen am häufigsten Anlass für eine Kollegiale Beratung waren, wurden von Prof. Dr. Marion Roddewig (Kollegiale Beratung für Gesundheitsberufe – Ein Anleitungsprogramm. Mabuse-Verlag; 4. Aufl. 2023) genannt: Beziehungskonflikte mit anderen Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzten sowie Auszubildenden, schwierige gruppendynamische Prozesse und Überlastungssituationen; jedoch könne die Kollegiale Beratung auch zur Begleitung von Veränderungsprozessen oder zur Bewältigung neuer Aufgaben eine wertvolle Unterstützung sein.

Aus eigener Erfahrung der Autorin kann berichtet werden, dass die Kollegiale Beratung für alle Teilnehmenden einen Gewinn darstellt. Dabei ist es egal, welche Rolle eingenommen wird, also unabhängig davon, ob es die eigene Fragestellung ist, für die eine Beratung eingeholt wird. Alle Teilnehmenden reflektieren nicht nur die eigenen Erfahrungen, sondern profitieren auch von dem Input der anderen. Es kann durch eine bewusste Diversität bei der Gruppenzusammenstellung zudem ein besseres interdisziplinäres und interprofessionelles Verständnis entwickelt werden.

Nachfolgend sollen erste Grundlagen geschaffen werden, um die Einrichtung einer Kollegialen Beratung für die eigene Klinik, Praxis oder andere Einrichtung im Gesundheitswesen zu evaluieren. Dabei werden vor allem die Empfehlungen aus dem Buch von Dr. Kim-Oliver Tietze „Kollegiale Beratung – Problemlösungen gemeinsam entwickeln“ (Rowohlt; 12. Aufl. 2023), herangezogen und um die Erfahrung der Autorin mit ärztlich-pflegerisch gemischten Gruppen ergänzt.

Gute Voraussetzungen für die Kollegiale Beratung schaffen

Die Kollegiale Beratung kann entweder innerhalb eines Teams, eines Krankenhauses, einer Praxis oder Einrichtung etabliert werden, oder von einer unabhängigen Stelle regional oder überregional angeboten werden. Der Vorteil der internen Gruppe ist, dass diese zu mehr Vertrauen untereinander und auch mehr Verständnis für die anderen Perspektiven führen kann. Jedoch kann es für bestimmte Themen, wie zum Beispiel gravierende Konflikte oder Unzufriedenheit mit der Führung etc., auch von Vorteil sein, wenn externe Gruppen wahrgenommen werden. Hier kann ggf. dann unabhängiger bzw. anonymer über Probleme gesprochen werden. Die Beratung kann entweder online oder in Präsenz erfolgen. Die Länge der Beratung sollte von Vornehinein festgelegt sein (z. B. 60 min oder 90 min). Es kann ein regelmäßig stattfindendes Treffen sein, oder es werden bei konkreten Beratungsanlässen die entsprechenden Gruppen zusammengerufen.

In jedem Fall braucht es einen geschützten Raum von Menschen, die miteinander wachsen und ehrliche Unterstützung bieten möchten. Grundvoraussetzung ist Vertrauen, Vertraulichkeit und ein respektvoller Umgang miteinander. Die Kommunikation muss wertschätzend und mit einer unterstützenden Haltung erfolgen. Wichtig ist auch, die Beratung aus der eigenen Ich-Perspektive zu gestalten und Verallgemeinerungen zu vermeiden. Die ratsuchende Person (Fallerzählende bzw. Fallerzählender) benötigt Vertrauen in die Gruppe sowie Offenheit, angebotene Lösungsvorschläge und wertschätzenden Rat zu überdenken und auf die Anwendbarkeit hin zu prüfen.

Eine optimale Gruppengröße für die Kollegiale Beratung sind ca. acht bis zwölf Personen. Wenn es weniger Personen sind, so kann die Person, die die Moderation übernimmt, auch gleichzeitig Protokoll schreiben. Es kann auch ganz auf die Moderation verzichtet werden, wenn nur fünf oder sechs Personen an der Kollegialen Beratung teilnehmen können (siehe Rollenverteilung). Grundsätzlich sind auch größere Gruppen möglich. Diese erfordern dann jedoch gute Absprachen, so dass die Beratenden nacheinander zu Wort kommen.

Rollenverteilung in der Kollegialen Beratung

Zu Beginn der Kollegialen Beratung werden die sogenannten Rollen für die nachfolgende Beratung festgelegt. Auch bei festen Gruppe ist es sinnvoll, dass diese immer wieder wechseln, um die Gleichwertigkeit der Gruppenmitglieder zu bewahren (Roddewig M. 2023, siehe oben). Die Gruppe einigt sich darauf, wer durch die Beratung Unterstützung erhält, um z. B. eine Lösung für ein Problem, eine Situation, einen Konflikt oder Ähnliches zu finden. Diese Rolle der ratsuchenden Person wird als Fallerzählende bzw. Fallerzählender beschrieben. Je nach Vorgehen, kann eine regelmäßige Gruppe dann reihum die Fälle der Teilnehmenden beraten, oder es kann auch eine Beratung gezielt einberufen werden, wenn ein konkreter Fall mit Bitte zur Beratung vorliegt.

Eine Person sollte als Moderierende bzw. Moderierender ausgewählt werden. Diese Person aus der Gruppe übernimmt in dieser Beratung die Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass die Gruppe den strukturierten Ablauf mit den entsprechenden Zeiten und Regeln einhält. Wichtig ist, dass sie sich nicht aktiv an der Beratung beteiligt, sondern neutral ihrer Aufgabe widmet. Eine Protokollierende bzw. ein Protokollierender ist sehr hilfreich für die ratsuchende Person. Diese Person schreibt möglichst mit genauem Wortlaut, also ohne eigene Interpretation, die Beratung mit. Dadurch kann sich die ratsuchende Person komplett auf das Gesagte konzentrieren, darauf, was die Vorschläge und Diskussionen in ihr auch auf der Gefühlsebene auslösen. Spannend ist zudem, dass man ggf. in der konkreten Situation vielleicht auch (noch) nicht offen für Kritik sein kann. Dann ist das Aufgeschriebene später nicht nur eine gute Gedankenstütze, sondern kann auch nochmal neue Impulse setzen, wenn man dafür bereit ist.

Natürlich benötigen wir in der Kollegialen Beratung auch noch mehrere Beratende, wobei es mindestens vier, besser mehr Personen der Gruppe sein sollten. Oft zeigt sich ein Vorteil darin, eine interdisziplinäre, interprofessionelle und hinsichtlich Alter sowie Geschlecht gemischte Gruppe von Beratenden zu haben. Dadurch können auch ganz unterschiedliche Perspektiven aufgezeigt und in der Beratung berücksichtigt werden, und für alle Teilnehmenden steigt der Lernaspekt.

Falls genügend Teilnehmende an der Kollegialen Beratung beteiligt sind, kann auch ergänzend eine Prozessbeobachtende bzw. ein Prozessbeobachtender eingesetzt werden. Diese Person könnte ein wenig abseits der Gruppe sitzen und sich alles notieren, was sie im gesamten Ablauf beobachtet. Am Ende der Kollegialen Beratung gibt sie dann dem gesamten Team Rückmeldung, was den Einzelnen in ihren Rollen im Beratungsprozess schon gut gelungen ist bzw. welche Verhaltensweisen sich eventuell negativ auf die Beratung bzw. die Annahme der Vorschläge ausgewirkt haben könnte.

Ablauf der Kollegialen Beratung

Der strukturierte Ablauf ist ein Kennzeichen der Kollegialen Beratung. Es hilft der Gruppe dabei, sich zu orientieren und das komplexe Beratungsgeschehen in Abschnitte zu untergliedern. Ziel ist es, dass der Erkenntnisgewinn für alle Beteiligten möglichst hoch ist. Gerade, weil der Anspruch an die Kollegiale Beratung ist, dass sich Teams – ggf. nach einer professionell begleiteten Etablierung – selbst durch die Kollegiale Beratung führen, hilft die klare Struktur mit eindeutigen Rollen und einem festgelegten Ablauf dabei, einen qualitativ hochwertigen Erfolg zu garantieren.

Auch die Einhaltung der Zeiten ist relevant. Gerade ungeübte Gruppen glauben, dass man eine bessere Beratung schaffen kann, wenn man mehr Zeit hat. Allerdings wird die Fallbeschreibung immer unvollständig sein, egal wie lange diese ausgeführt wird. Erfahrungsgemäß sind die wichtigsten Informationen ohnehin in den ersten Minuten der Schilderung enthalten, während Ergänzendes manchmal sogar eher zur Verwirrung beitragen kann. Und eine längere Beratungsphase muss nicht unbedingt mehr Erkenntnisse bringen. Tatsächlich hilft die Zeitbegrenzung vor allem dabei, dass sich alle auf das Wesentliche konzentrieren, ihre Gedanken besser sortieren und dann fokussiert mit der Gruppe teilen.

Tipp:

Achten Sie als Moderierende oder Moderierender auf den klaren Ablauf der Kollegialen Beratung – damit erhält die Gruppe eine gute Orientierung und der Erkenntnisgewinn für alle ist am besten. Gerade die Einhaltung der Zeitvorgaben bei den einzelnen Phasen ist sinnvoll, weil sich dadurch alle auf das Wesentliche konzentrieren und fokussiert ihre Gedanken teilen.

Die Kollegiale Beratung startet jeweils mit einem sogenannten Casting (ca. 5 min), bei dem die Rollen verteilt werden. Wie oben bereits beschrieben, sollten diese Rollen auch oder gerade bei relativ geschlossenen Gruppen entsprechend immer wieder wechseln. Dabei wird erst die moderierende Person festgelegt. Das kann nach einem definierten Rotationszyklus erfolgen oder auch spontan eruiert werden. Danach können dann Vorschläge gemacht, bzw. Wünsche nach einer Beratung eines konkreten Falles geäußert werden. Die Gruppe entscheidet dann, welcher Fall bzw. ob vielleicht auch mehrere Fälle beraten werden können. Eventuell steht auch schon ein konkreter Fall fest, so dass die beratende Person bereits definiert ist. Falls genügend Personen an der Kollegialen Beratung teilnehmen können, ist es hilfreich, nun die protokollierende und die prozessbeobachtende Person auszuwählen. Alle anderen Personen sind folglich die Beratenden.

Danach erfolgt die Spontanerzählung (ca. 10-15 min): Die ratsuchende Person hat nun ca. 5-8 min Zeit, den eigenen Fall zu schildern, wobei sie sich auf das Wesentliche fokussiert. Entscheidend ist, wie sie sich fühlt, wie sie selbst z. B. die Situation oder einen Konflikt wahrnimmt. Die Beratenden hören während dieser Zeit respektvoll und kommentarlos zu. Sie achten auch auf die nonverbale Kommunikation und die Eindrücke, die bei ihnen selbst bei der Erzählung entstehen. Es ist wichtig zu respektieren, dass die Fallschilderung die Wahrnehmung der ratsuchenden Person mit all den eigenen Emotionen und Bewertungen ist. Danach hat die Gruppe nochmal 5-7 min, um Verständnisfragen an die ratsuchende Person zu richten, die selbst noch keine Beratung darstellen sollen.

Für eine möglichst konkrete Ausrichtung der Beratung formuliert die ratsuchende Person nach Abschluss der Spontanerzählung ggf. mithilfe der moderierenden und beratenden Personen eine konkrete Schlüsselfrage (ca. 5 min). Diese stellt die Basis der Beratung dar. Diese Frage richtet sich konkret an die Beratenden, so dass am Ende der Beratung auf diese Schlüsselfrage hin eine Antwort bzw. auf das Problem Lösung(en), Verbesserungsvorschläge oder Ähnliches gefunden werden können.

Steht die Schlüsselfrage fest, so kann die Methode der Beratung (ca. 5 min) gewählt werden. Je nach Thema bieten sich hier unterschiedliche Methoden an. Sollen Lösungen gefunden werden, kann ein (kreatives) Brainstorming sinnvoll sein, bei dem wild überlegt wird, was alles möglich wäre. Es sollte auch erstmal unmöglich Erscheinendes geäußert werden – trauen Sie sich also ruhig, „Outside-the-Box“ zu denken. Manchmal kann sich auch über das sogenannte Kopfstand-Brainstorming angenähert werden, wobei darüber nachgedacht werden kann, was die Situation verschlimmern würde, also von der ratsuchenden Person vermieden werden sollte. Bei Konflikten oder Arbeitsherausforderungen wird die Beratung vermutlich eher aus dem Erfahrungsschatz der Peer-Group schöpfen, was als „Sharing“, also Teilen der eigenen Erfahrungen beschrieben wird. Manchmal soll auch ein konkretes Gespräch z. B. mit der Vorgesetzten vorbereitet werden, so dass ein sogenanntes „Actstorming“ gewählt werden kann, bei dem wörtliche Aussagen für das anstehende Gespräch gesammelt werden. Teilweise ist es auch hilfreich, bei eingefahrenen Situationen der ratsuchenden Person verschiedene Perspektiven aufzuzeigen, so dass mit der Methode der „Identifikation“ vermutete weitere Positionen ergänzt werden können. Weitere Methoden sind von Dr. Tim-Oliver Tietze (2023, siehe oben) beschrieben.

Anschließend kann die eigentliche Beratung beginnen. Auch hier sollte der Zeitrahmen bereits zuvor festgesetzt sein. Je nach Thema und verfügbarer Zeit des Teams kann die Beratung z. B. 10-30 min betragen. Wichtig ist, dass die ratsuchende Person nicht direkt angesprochen wird, sondern die Beratenden wertschätzend und mit einem unterstützenden Ansatz über sie und ihre Fallschilderung reden. Es fühlt sich zwar erstmal seltsam an, über eine anwesende Person, in diesem Fall die ratsuchende Person, zu reden anstatt mit ihr direkt zu diskutieren. Es hat jedoch einen guten Grund. Wir neigen dazu, gerade bei unangenehmen Themen, uns selbst zu rechtfertigen oder zu verteidigen. Das ist jedoch meist nicht hilfreich bzw. bringt uns nicht voran. Teilweise beendet Entsprechendes auch den Gedankengang der Beratenden. Sind wir als Ratsuchende nicht in die Beratung eingebunden, können wir uns einfach nur auf das Zuhören konzentrieren und die Beratenden behalten ihren Redefluss. Fällt es der Gruppe schwer, die Ratsuchende bzw. den Ratsuchenden nicht direkt anzusprechen, so kann diese Person auch außerhalb des Stuhlkreises sitzen oder in einer Online-Beratung auch die Kamera und den Ton ausschalten.

Merke:

Die Beratung der ratsuchenden Person erfolgt ohne die direkte Anrede, sondern indem man über sie und ihre Fallschilderung redet.

Falls dies der Gruppe schwerfällt, kann sich die ratsuchende Person auch außerhalb des  Stuhlkreises hinsetzen bzw. in der Online-Beratung Bild und Ton ausstellen.

Der Abschluss (5-10 min) ist ebenso ein wichtiger Teil der Kollegialen Beratung. Hier wird als erstes die ratsuchende Person gebeten, Bilanz zu ziehen. Was hat sie aus der Beratung mitgenommen? Welche Eindrücke und Lösungsmöglichkeiten hat sie gewonnen? Gibt es vielleicht Aha-Momente, neue Erkenntnisse durch einen Perspektivwechsel? Sie kann auch eventuell erste Überlegungen zum weiteren Vorgehen mit der Gruppe teilen. Danach schließt sich optimalerweise ein Feedback an, erst von der ratsuchenden Person an die Team-Mitglieder, dann auch vom Team an die Moderierende bzw. den Moderierenden und die anderen. Ist eine prozessbeobachtende Person vorhanden, so kann auch sie noch ihre Beobachtungen teilen, um die Gruppe in ihrer Weiterentwicklung der Prozesskompetenz für weitere Beratungen zu unterstützen.

Toolbox Führung

Kollegiale Beratung im Gesundheitswesen

VORAUSSETZUNGEN

  • Entscheidung, ob interne oder externe Gruppenzusammensetzung
  • Geschützter, ungestörter Beratungsraum – online oder in Präsenz
  • Sowohl die Länge der Beratung sollte bereits festgelegt sein z. B. 60 min, wie auch der Turnus z. B. monatlich oder bei konkretem Anlass
  • optimale Gruppengröße ca. 8 bis 12 Personen (min. 5, mehr als 12 Personen grundsätzlich möglich)
  • gegenseitiges Vertrauen, Vertraulichkeit der Inhalte, respektvoller Umgang miteinander, unterstützende Haltung, Kommunikation in der Ich-Perspektive, Verallgemeinerungen vermeiden, Offenheit

ROLLEN

  • Fallerzählende bzw. Fallerzählender: eine ratsuchende Person, die selbst eine Lösung für ein Problem, eine Situation, einen Konflikt oder Ähnliches sucht.
  • Moderierende bzw. Moderierender: eine Person aus der Gruppe, die für diese Beratung auf die Einhaltung des strukturierten Ablaufes mit den entsprechenden Zeiten und die Regeln achtet, sich jedoch nicht aktiv an der Beratung beteiligt.
  • Protokollierende bzw. Protokollierender (auch Sekretärin bzw. Sekretär genannt): eine Person, die möglichst mit genauem Wortlaut (keine eigene Interpretation) die Beratung mitschreibt, so dass die ratsuchende Person später nochmal eine Gedankenstütze hat und sich während der Beratung nur auf das Gesagte konzentrieren kann.
  • Mehrere Beratende: mindestens vier, besser mehr Personen, die nach vorher festgelegter Methode die Schlüsselfrage der ratsuchenden Person miteinander diskutieren und wertschätzend ihre Unterstützung geben.
  • Ggf. Prozessbeobachtende bzw. Prozessbeobachtender: kann ergänzend bei einer größeren Gruppe eingesetzt werden, um die Beratung insgesamt zu beobachten und anschließend dem gesamten Team Rückmeldung zu geben, was im Prozess schon gut gelungen ist bzw. was sich eventuell negativ auf die Beratung ausgewirkt haben könnte.

ABLAUF

  1. Casting (5 min): Wahl der moderierenden Person (sorgt für Einhaltung der Rollen, Regeln und Phasen mit entsprechenden Zeiten), danach ggf. Vorschläge der zu beratenden Fälle und Auswahl der ratsuchenden Person (falls diese noch nicht im Vorhinein feststeht), Bestimmen der protokollierenden und der prozessbeobachtenden Person, falls genügend Personen teilnehmen; die anderen Personen sind die Beratenden.
  2. Spontanerzählung (10-15 min): die ratsuchende Person schildert in ca. 5-8 min den eigenen Fall, wobei sie sich auf das Wesentliche fokussiert; danach hat die Gruppe nochmal 5-7 min, um Verständnisfragen an die ratsuchende Person zu richten, die noch keine Beratung darstellen.
  3. Schlüsselfrage (5 min): die ratsuchende Person formuliert ggf. mithilfe der moderierenden und beratenden Personen eine konkrete Schlüsselfrage, auf die sie Antworten, Lösungen, Verbesserungsvorschläge oder Ähnliches am Ende der Beratung erhalten möchte.
  4. Methodenwahl (5 min): auf der Basis der Schlüsselfrage wird die Methode eruiert, die am Besten zur Beantwortung der Schlüsselfrage führen kann z. B. „Brainstorming“ bei einer Lösungsfindung oder das Teilen der eigenen Erfahrung („Sharing“) bei Konflikten oder Arbeitsbelastung.
  5. Beratung (10-15 min / 30 min): die Länge der Beratung bemisst sich nach dem Thema, sollte jedoch bereits anfangs festgelegt werden; es wird wertschätzend über die ratsuchende Person und ihre Fallschilderung geredet (nicht mit ihr) – hierzu kann diese z. B. außerhalb des Stuhlkreises sitzen oder bei Online-Beratungen Kamera und Ton ausschalten; ggf. wird die Abfolge der Beiträge der Beratenden moderiert; die protokollierende Person schreibt alles möglichst unter Benutzung der gesagten Wörter mit.
  6. Abschluss (5-10 min): Bilanz der ratsuchenden Person, was sie aus der Beratung mitnimmt, welche Eindrücke und Lösungsmöglichkeiten sie gewonnen hat, eventuell teilt sie bereits Überlegungen zum weiteren Vorgehen; Feedback an das Team und auch Feedback aus dem Team ggf. gesondert noch von der prozessbeobachtenden Person.

in Anlehnung an Kim-Oliver Tietze. Kollegiale Beratung – Problemlösungen gemeinsam entwickeln. Rowohlt; 12. Aufl. 2023

Die Autorin:

Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA ist Ärztin, Führungskräfte-Trainerin, Professorin für Gesundheitsmanagement, Medical Leadership und Digital Health an der AKAD Hochschule Stuttgart sowie Stress- und Burnout-Coach. Auf ärztestellen.de gibt sie regelmäßig Tipps zu Führungs-Themen. Als Leiterin des Instituts für ein gesundes Arbeitsleben im Gesundheitswesen (INSTGAG) begleitet sie Ärztinnen und Ärzte, Pflegefachkräfte und andere Zusammenarbeitende im Gesundheitswesen dabei, sich und andere besser zu führen. Kontaktieren Sie Sonja Güthoff gerne unter info@sonjaguethoff.de.

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