Ärztinnen und Ärzte in Führung: Über Wirkung leichter führen

13 April, 2022 - 07:22
Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA
Ärztinnen und Ärzte in Führung: Prof. Dr. Sonja Güthoff
Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA ist Ärztin, Führungskräfte-Trainerin, Professorin für Health Care an der AKAD University sowie Stress- und Burnout-Coach und Leiterin der Leaders Academy Augsburg - Garmisch Partenkirchen.

Wissen Sie, wie Sie auf andere wirken? Neben der inhaltlichen Ebene spielt auch die nonverbale Ebene eine große Rolle in unserer Kommunikation. Meist sind wir uns jedoch nicht darüber bewusst, was wir nonverbal transportieren. Dabei können wir gerade über unsere Haltung, unsere Wirkung positiv steuern. Erfahren Sie, wie Sie Ihre Wirkung führungsstark verbessern können!

Was Sie noch sagen, während Sie reden

Wir Ärztinnen und Ärzte konzentrieren uns in der Regel auf die Inhaltsebene. Zahlen, Daten, Fakten werden korrekt angewandt und sorgfältig diskutiert. Was wir inhaltlich sagen, ist jedoch nicht das einzige, das bei unserem Gegenüber ankommt. Es ist ebenso wichtig, anteilig sogar deutlich wichtiger, was unser Körper darüber hinaus noch mitteilt.

Unterschätzen Sie nicht den Einfluss unserer nonverbalen Kommunikation. Hierzu zählen die Mimik, das Blickverhalten (einschließlich einer möglichen Pupillenerweiterung), die Gestik und andere Körperbewegungen, die Körperhaltung, der Körperkontakt, das Raumverhalten (wie ich Raum einnehme), die gewählte Kleidung und andere Aspekte des Aussehens, nonverbale Vokalisierung (lautliche Äußerungen) und Geruch (Michael Argyle, Körpersprache und Kommunikation 2013).

Nicht nur hinsichtlich der Arzt-Patienten-Kommunikation ist es wichtig, richtig verstanden zu werden. Die Kommunikation mit ärztlichen und pflegerischen Kolleginnen und Kollegen bestimmt ebenso maßgeblich Ihren Stations- bzw. Praxisalltag. Über die inhaltliche Ebene hinaus, wie wirken Sie auf andere? Zeigen Sie auch in der nonverbalen Kommunikation Ihre Kompetenz, Ihre Anteilnahme, Ihre Zustimmung etc.?

Zum Beispiel können innerer Zeitdruck und Ungeduld schnell als Desinteresse oder Abneigung gedeutet werden. Müdigkeit und Abgeschlagenheit können hingegen zu leiser Stimme, spannungsloser Körperhaltung und Verlangsamung führen, die als Unsicherheit wahrgenommen werden könnten.

Tipp

Holen Sie sich Feedback ein. Sprechen Sie doch mal mit anderen darüber, wie Sie auf diese wirken. Welche Körpersprache zeigen Sie, wie werden Sie eingeschätzt

  • von Freundinnen und Freunden?
  • von Kolleginnen und Kollegen?
  • von (fremden) Menschen, die Sie nicht gut kennen?

Innere Haltung

Egal ob wie in der Literatur beschrieben mit 90 Prozent, 95 Prozent oder sogar 99,9 Prozent: Der Großteil unserer Wahrnehmung läuft unbewusst ab. Wir empfangen die Sprache des Körpers anderer. Dabei spüren wir auch die innere Haltung des Gegenübers meist unbewusst.

Oft ist uns jedoch auch unsere eigene innere Haltung gar nicht bewusst. Wie gehen Sie in Gespräche? Verspüren Sie vielleicht unbewusst Widerwillen, Feedbackgespräche mit Mitarbeitenden zu führen? Nerven Sie die Unterbrechungen auf der Station, so dass die freundlich gemeinten Worte vielleicht nonverbal etwas anderes sagen? Sind Sie sich Ihrer Therapieentscheidung sicher, wenn Sie zu Ihrer Patientin oder Ihrem Patienten gehen?

Der erste Schritt zu einer wirksamen Führung ist es, sich die unbewussten eigenen Muster zum Beispiel der Kommunikation bewusst zu machen, damit sie diese entsprechend steuern können.

Merke

Die Haltung ist für Sie der größte Hebel, denn unsere innere und äußere Haltung bestimmt die Körpersprache mit.

  • Versuchern Sie, vom Unbewussten ins Bewusste und somit ins Steuerbare zu kommen.
  • Seien Sie sich über die starke Wirkung von Hoch- und Tiefstatus bewusst und setzen Sie diese entsprechend ein.
nach Barbara Fernández

Äußere Haltung

Durch unsere nach außen sichtbare Haltung können wir andere überzeugen, jedoch auch uns selbst stärken. Die Expertin für Körpersprache, Haltung und Auftritt Barbara Fernández zitiert zum Thema "Äußere Haltung" den Theater-Dramaturgen Keith Johnstone (Improvisation und Theater 2018), der das Modell des Hoch- und Tiefstatus im Improvisationstheater definiert hat. Beide Formen begegnen uns auch im Klinik- und Praxisalltag in allen Ausprägungen und Schattierungen.

Barbara Fernández beschreibt vereinfacht die drei körperlichen Merkmale, an denen wir unseren Status anhand der äußeren Haltung definieren können: der Blick, das Sternum und unseren Stand auf dem Boden.

Den Hochstatus zeichnet vereinfacht aus:

  • einen klaren, standhaften Blick,
  • ein erhobenes, angestelltes Sternum und
  • fester Stand mit parallelen Füßen.

Der Hochstatus hat alle Zeit der Welt, was man in seinen (bewusst) gesetzten Pausen wahrnehmen kann, macht große Gesten mit offener, souveräner Körperhaltung.

Der Tiefstatus hingegen wird erkannt an:

  • einem ausweichenden Blick Richtung Boden,
  • einem nach innen gefallenem Brustbein und
  • eher nach innen zeigenden Füßen bzw. nicht standfesten Beinen.

Oft zeigt sich eine ungenauere, fahrigere Sprache, kleine Gesten, eine insgesamt zurückgenommene Körperhaltung, so dass der Tiefstatus eher unsicher wirkt.

Wir selbst bedienen uns beider Status-Formen je nachdem, in welcher Rolle und in welchem Kontext wir uns bewegen. Dabei kann der Status unseres Handels auch unabhängig vom sozialen Status sein. Zum Beispiel kann eine zurecht verärgerte Pflegekraft durchaus mit Hochstatus dem sich dadurch im Tiefstatus befindlichen Chefarzt begegnen. Wichtig ist auch hier, dass Sie sich selbst darüber bewusstwerden, wann Sie welchen Status einnehmen und somit entsprechend wirken.

Toolbox Führung

Power Posing

Eine wissenschaftliche Untersuchung an der Harvard Business School hat gezeigt, dass eine Vorbereitung mittels Einnehmen einer sogenannten High-Power Pose mit großer Geste, breiten standfesten Beinen und erhobenem Kopf die anschließende eigene Leistung (Präsentation im Rahmen eines Bewerbungsgespräches) deutlich verbesserte – verglichen mit der Einnahme einer Low-Power Pose mit verschränkten Armen und Beinen (Amy J. C. Cuddy et al. 2012).

Auch wenn die Studien dieser Gruppe wissenschaftlich kritisch diskutiert werden, ist ihre Beschreibung interessant, dass zweiminütiges Power Posing den Cortisolspiegel senken und Testosteronspiegel erhöhen kann (Dana R. Carney et al. 2010).

Nutzen Sie doch eine bewusste Steuerung Ihrer Haltung, um sich selbst in Ihrer Führungsrolle oder auch vor schwierigen Situationen im Klinik- oder Praxisalltag zu stärken. Führen Sie dazu mindestens zwei Minuten ein High-Power Posing durch:

High-Power Pose im Stehen („Hero“):

  • beide Beine mit festem Stand parallel auf dem Boden,
  • die Hände in die Hüfte stemmen,
  • Kopf erhoben.

High-Power Pose im Sitzen (“Boss”):

  • auf einem Stuhl lässig sitzend,
  • die Füße auf den Tisch legen,
  • Hände hinter den Kopf verschränken.
nach Amy Cuddy et al. 2012

Beispiel aus der Praxis

Das Assistenz-Team der Kardiologischen Station einer Uniklinik ist verunsichert. Der Chefarzt hat sich bereits des Öfteren über die unzureichende Patientenvorstellung in der Morgenbesprechung beschwert. Die Assistenzärztin und der Assistenzarzt wenden sich vertrauensvoll an die Oberärztin, was sie machen können. Sie seien immer gut vorbereitet, kennen ihre Patientinnen und Patienten, fühlen sich jedoch bei der Morgenbesprechung immer wieder wie Anfänger.

Die Oberärztin bittet sie, sich gegenseitig zu beschreiben, wie sie im Stationsalltag und im Vergleich dazu bei der Morgenbesprechung wirken. Sie sollen vor allem auf die Unterschiede in der nonverbalen Kommunikation achten. Beide nehmen sich die Zeit und stellen fest, dass sie schon mit einer verunsicherten Haltung in die Morgenbesprechung gehen. Ihre Körperhaltung sei viel eingefallener, die Stimme dünner und fahriger als sonst.

Daraufhin erklärt ihnen die Oberärztin die Möglichkeit, über die bewusste Haltung sich selbst und ihre Ausstrahlung nach außen positiv beeinflussen zu können. Beide stimmen sich künftig vor der Morgenbesprechung mit dem Power Posing ein und nutzen das Wissen um die Elemente des Hochstatus nun bewusster, was schnell seine Wirkung zeigt.

Denken Sie bitte als Ärztin oder Arzt in Führung daran, dass wir immer wirken, wobei der Großteil dieser Wirkung auf nonverbaler Ebene abläuft. Daher ist es wichtig, uns unser Nichtgesagtes bewusst zu machen und entsprechend einzusetzen. So können Sie leichter über Ihre Wirkung sich selbst und Ihr Team führen. Viel Freude dabei.

Die Autorin:

Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA ist Ärztin, Führungskräfte-Trainerin, Professorin für Health Care an der AKAD University sowie Stress- und Burnout-Coach. Auf ärztestellen.de gibt sie regelmäßig Tipps zu Führungs-Themen. Als Leiterin der Leaders Academy Augsburg - Garmisch Partenkirchen begleitet sie Ärztinnen und Ärzte, aber auch Führungskräfte aus anderen Branchen dabei, sich und andere besser zu führen.

Sie möchten mehr erfahren? Das Modul „Führen über Wirkung“ mit Barbara Fernández als Expertin für Körpersprache, Haltung und Auftritt ist eines der Module im Führungskräfte-Konzept der Leaders Academy.

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