Ärztinnen und Ärzte in Deutschland sind unzufrieden mit ihrer Arbeitssituation. Die Lösung für viele: Deutschland den Rücken kehren und im Ausland arbeiten. Besonders beliebt bei den Auswandernden ist Österreich. Laut Angaben der Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2022 belegte unser südliches Nachbarland mit 276 Auswanderungen nach der Schweiz (730) Platz zwei im Ranking der besonders beliebte Ziele.
Wundern dürfte das nicht, immerhin hat Österreich ebenfalls ein Problem mit dem Fachärztemangel und bemüht sich aktiv um Zuwanderung aus dem Ausland. Die Gründe für den Mangel sind der demografische Wandel und eine gestiegene Nachfrage nach Assistenzärztinnen und -ärzten, insbesondere aufgrund von EU-Vorschriften zur Einordnung von Nachtdiensten.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
In manchen Regionen werden mehr Medizinerinnen und Mediziner gebraucht als in anderen, wobei das West-Ost-Gefälle durch die Hauptmigration von Ost- und Mitteleuropäern bestimmt wird. Großstädte wie Wien haben weniger Probleme als Grenzregionen oder Bundesländer wie Vorarlberg und Tirol, die zudem mit der Konkurrenz der hohen Gehälter in der Schweiz zu kämpfen haben. In Bezug auf die medizinischen Fachrichtungen zeigt sich eine Gemeinsamkeit mit Deutschland: Anästhesie und Innere Medizin sind stark gefragt, während chirurgische Fächer wie Chirurgie oder Urologie überlaufen sind.
Für deutsche Ärztinnen und Ärzte, die sich in Österreich bewerben wollen, sind Berufserfahrung, Qualifikation und Deutschkenntnisse entscheidend. Obligatorisch für Absolventinnen und Absolventen des Medizinstudiums aus Deutschland ist eine neunmonatige Basisausbildung, bevor sie die eigentliche Assistenzarztausbildung antreten können. Für den Anerkennungsprozess in Österreich ist eine Beantragung der Approbation nicht notwendig. Allerdings müssen sich deutsche Ärztinnen und Ärzte bei der örtlichen Ärztekammer in die Ärzteliste eintragen lassen. Erst danach ist ihnen die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit erlaubt.
Voraussetzungen für die Arbeit in Österreich
Wichtig zu wissen ist, dass eine deutsche Approbation allein für Österreich nicht ausreicht. Ärztinnen und Ärzte, die dort arbeiten wollen, müssen ein Studium nachweisen können, das in Österreich als gleichwertig anerkannt wird. Dazu zählt beispielsweise ein Abschluss in einem EU-Land. Wer als Facharzt oder Fachärztin tätig werden möchte, braucht ebenfalls einen entsprechenden Abschluss aus einem EU-Land. Auch für eine Tätigkeit als Allgemeinmedizinerin oder Allgemeinmediziner müssen Interessierte eine Ausbildung nachweisen.
Bei den Gehaltsverhandlungen verhält es sich ähnlich wie in Deutschland. Hier sind Qualifikation und Erfahrung entscheidend. Gesucht werden jedoch alle – von Berufsanfangenden bis hin zu Spezialistinnen und Spezialisten. In Deutschland ist der Bezug oft eine Frage der Vereinbarung, wohingegen in Österreich in der Regel nach einem Schema bezahlt wird. Je nach Sonderklassegebühren etc. kann jedoch der Verdienst in Österreich am Ende besser sein. Nach Angaben einer Auswertung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG AG und dem Deutschen Krankenhausinstitut (DKI) beträgt das Durchschnittsgehalt für Einsteigende 45.000 bis 55.000 Euro. In leitender Position können Ärztinnen und Ärzte mit einem Gehalt zwischen 66.000 bis 135.000 Euro rechnen.
Gehalt ist nicht mehr entscheidend
Ganz grundsätzlich verdienten Medizinerinnen und Medizinern in Österreich bisher durchschnittlich weniger als in Deutschland. Doch in den letzten Jahren sind die Gehälter gestiegen, und obwohl die Lebenshaltungskosten höher sind als in Deutschland, ist der finanzielle Unterschied nicht mehr so gravierend. Hinzu kommt, dass vor allem junge Ärztinnen und Ärzte nicht mehr nur aus Verdienstgründen ihr Geburtsland verlassen. So genannte „weiche“ Faktoren wie Arbeitsbedingungen, Anerkennung und Work-Life-Balance spielen mehr und mehr eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung, auszuwandern.
Insgesamt wird deutlich, dass der Ärztemangel in Österreich nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Gelegenheit für deutsche Ärztinnen und Ärzte darstellt, ihre Karriere in einem attraktiven, aber dennoch herausfordernden Umfeld fortzusetzen.
Als Arzt oder Ärztin in Österreich arbeiten: Grundsätzliche Infos
Arbeitsbedingungen: Die Arbeitsbedingungen in Österreich sind vergleichbar mit denen in Deutschland. Ärztinnen und Ärzte können sich auf modern ausgestattete Einrichtungen und fortschrittliche medizinische Standards verlassen. Der Austausch von medizinischem Know-how zwischen den beiden Ländern trägt dazu bei, dass Ärztinnen und Ärzte aus Deutschland sich schnell in die österreichische Arbeitswelt integrieren können.
Arbeitszeiten: Die Arbeitszeiten in Österreich variieren je nach Fachgebiet und Arbeitsort. Generell ist eine 40-Stunden-Woche üblich, wobei Überstunden im Gesundheitswesen nicht selten sind. Im Vergleich zu Deutschland sind die Arbeitszeiten in Österreich jedoch oft etwas flexibler gestaltet, was eine bessere Work-Life-Balance ermöglichen kann. Es gilt: als normale Arbeitszeit pro Woche wird in Österreich ohne Überstunden und Mehrleistungen in Kur- und Rehaeinrichtungen ca. 40 Stunden angesetzt. In Akuteinrichtungen sind es etwa 48 Stunden (inkl. Dienste). Es ist allerdings möglich, in manchen Kliniken mehr zu arbeiten und somit auf eine freiwillige Arbeitszeit von 54 Stunden zu kommen, was sich in einem höheren Einkommen niederschlägt.