COVID-19: Ina Henning-Rußwurm zu Maßnahmen der Zentralklinik Bad Berka

22 April, 2020 - 07:33
Stefanie Hanke
Ina Henning-Rußwurm
Ina Henning-Rußwurm ist Personalchefin der Zentralklinik Bad Berka

Die Kliniken in Deutschland bereiten sich auf die erwartete Welle von COVID-19-Patienten vor. In Thüringen gibt es aktuell noch nicht viele Infektionen. Die Zentralklinik Bad Berka hat trotzdem schon einiges unternommen, um für den Ernstfall gut aufgestellt zu sein. Was genau, erklärt Personalchefin Ina Henning-Rußwurm im Interview.

Wie ist die Lage gerade an Ihrer Klinik? In Thüringen gibt es aktuell ja relativ wenige Corona-Infektionen.

Ina Henning-Rußwurm: Ja, unsere Region ist zum Glück weniger stark betroffen. Deshalb ist es in unserer Klinik aktuell sehr ruhig. Im Moment haben wir sieben COVID-19-Patienten auf der Intensivstation, die wir auch beatmen müssen. Zwei weitere Patienten, die Corona-positiv sind, werden auf einer Normalstation betreut.

Was haben Sie unternommen, um sich auf die Corona-Krise vorzubereiten?

Ina Henning-Rußwurm: Wir haben unsere Notaufnahme in einen Corona- und einen Normalbereich aufgeteilt. So können wir die Patienten, die mit Corona-Symptomen kommen, direkt an der richtigen Stelle versorgen und unter Vollschutz behandeln. Diese Patienten müssen sich vorher anmelden und werden dann zu einem anderen Eingang gebracht. Manche kommen sogar zu Fuß zu uns. Dazu haben wir unsere Tagesklinik umgebaut, an der normalerweise die ganzen ambulanten Eingriffe durchgeführt werden. Diesen Bereich nutzen wir jetzt als Corona-Notaufnahme – hier haben wir auch Beatmungsbetten, die für eine Kurzzeitbeatmung oder einen Schnelleingriff genutzt werden können. Wir haben außerdem innerhalb von eineinhalb Wochen eine ganz neue Intensivstation aufgebaut. Darauf sind wir sehr stolz.

Wie haben Sie das geschafft?

Ina Henning-Rußwurm: Wir haben zum Glück zwei getrennte Gebäudeteile. Das heißt, wir können die Corona-positiv getesteten Patienten komplett separat unterbringen. Wir wollten sowieso eine neue Station eröffnen und waren da schon in der Planung. Mit Beginn der Corona-Krise haben wir dann alles Nötige zusammengestellt und konnten 30 Beatmungsbetten für den C- Bereich einrichten. Diese Corona-Intensivstation ist auch völlig vom Rest der Klinik abgekoppelt und hat eine eigenständige Luftzirkulation. Aber dass das alles so schnell geklappt hat, ist vor allem auch eine super Teamleistung. Da haben alle sehr gut zusammengearbeitet: die Kollegen aus Technik, Medizintechnik, IT, Pflege, Verwaltung und die Ärztinnen und Ärzte.

Im Moment geht es ja vor allem darum, die Kapazitäten der Intensivstationen zu erhöhen. Wie sind Sie so schnell an die nötigen Geräte gekommen?

Ina Henning-Rußwurm: Wir betreiben normalerweise zwischen 45 und 50 Intensivbetten. Unser Einkauf hat medizintechnischen Geräte besorgt – Thema waren ja vor allem die Beatmungsgeräte. Wir hatten schon vorher für 2020 eine neue Intensivstation geplant. Einige Investitionen wurden durch das Virus vorgezogen. Das bedeutet, dass wir unter extremer Volllast 80 Beatmungsbetten zur Verfügung stellen könnten. Das würde aber bedeuten, dass wir alle anderen Bereiche im Haus zurückfahren und uns ganz auf die Intensivbetreuung fokussieren. Das ist in Thüringen aber zum Glück noch nicht nötig.

Damit sind Sie doch gut aufgestellt, oder?

Ina Henning-Rußwurm: Wir warten immer darauf, dass sich die Lage ändert. Jena ist eine Stadt in unserer Region – dort sind die Fallzahlen ziemlich schnell angestiegen und wir haben uns darauf eingestellt, dass es bei uns auch so kommen wird. Aber bisher ist das ausgeblieben. Wir fühlen uns derzeit tatsächlich gut aufgestellt. Das liegt aber auch daran, dass wir uns schon vor der Krise Gedanken darüber gemacht haben, welche Art Medizin wir in Zukunft machen wollen und wie wir mit Mitarbeitern kommunizieren wollen. Wir haben zum Beispiel erst vor kurzem eine neue digitale Entgeltabrechnung eingeführt. Mit diesem System konnten wir auch sehr schnell für 1.800 Mitarbeiter Arbeitgeber-Bescheinigungen ausstellen. So könnten die Mitarbeiter im Falle einer Ausgangssperre nachweisen, dass sie „systemrelevant“ sind. Auch diese neue Software hilft uns gerade sehr – es gab in der letzten Zeit einfach mehrere Umstände, die dafür sorgen, dass wir jetzt gut aufgestellt sind.

Wie sieht es mit Schutzausrüstung bei Ihnen aus?

Ina Henning-Rußwurm: Das Problem ist ja, dass wir im Gesundheitswesen auch auf diese „Just in time“-Logistik umgestiegen sind. Wir machen also keine Vorratshaltung mehr, sondern bestellen, wenn wir es brauchen. Jetzt in der Krise funktioniert das natürlich nicht. Für ein paar Tage und eine höhere Patientenanzahl hätten wir also genug Material gehabt. Unserem Einkauf ist es gelungen, genug Schutzkleidung zu beschaffen. Auch da sind wir also gut aufgestellt.

Wie informieren Sie derzeit die Mitarbeiter über die aktuelle Lage?

Ina Henning-Rußwurm: Wir haben einen Krisenstab. Anfangs hat der täglich getagt: Mit dabei waren Verantwortliche aus den Bereichen Hygiene, Pneumologie und den Intensivbereichen, dem Einkauf, der Notaufnahme, der ärztliche Direktor, die Pflegedirektorin, die Geschäftsführung, die Personalabteilung und andere – insgesamt 15 Personen. Inzwischen trifft sich diese Gruppe nur noch zweimal pro Woche. Über die Ergebnisse dieser Gruppe haben wir dann immer einen Newsletter verschickt – eine sogenannte „WIR“. In der ersten Woche gab es davon mehr als 15 Stück. Das war natürlich manchen zu viel. Inzwischen verschicken wir einmal pro Woche eine Zusammenfassung – das „Corona Wochenblatt“. Da stellen wir jeweils die aktuellen Informationen auch über interne und gesetzliche Regelungen oder neue Schutzmaßnahmen zusammen.

Wie ist denn die Stimmung unter den Mitarbeitern derzeit?

Ina Henning-Rußwurm: Wir sind eigentlich guter Dinge. Für unser Klinikteam ist es aber schon eine merkwürdige Situation: Erst haben sich die Ereignisse überschlagen – wir investierten viel Energie, um uns auf den Ernstfall vorzubereiten und die ständig neuen Richtlinien aus der Politik und von Behörden umzusetzen. Zu Beginn der Krise mussten wir uns zunächst orientieren. Und zugegeben: Manche waren auch starr vor Angst. Dann begann das Arbeiten und am Abend merkt man, wie erschöpft man ist. Von heute aus können wir sagen, dass wir das zusammen alles super hinbekommen haben. Und dann – passiert nichts. Jetzt ist es, als wären wir bei voller Fahrt auf die Bremse gestiegen – die erwartete Infektionswelle ist bisher noch ausgeblieben.

Wie ausgelastet ist Ihre Klinik denn aktuell?

Ina Henning-Rußwurm: Wie überall sonst auch sind bei uns die elektiven Eingriffe verschoben worden und es kommen wesentlich weniger Patienten. Viele kommen viel zu spät in die Notaufnahme und sagen auch nötige Eingriffe ab. Es ist wunderbar, dass die erwartete Corona-Welle nicht kommt. Für uns heißt das aber auch: Die Klinik ist viel weniger ausgelastet als sonst. Die Mitarbeiter bauen jetzt erstmal Überstunden ab und nehmen ihre geplanten Urlaube. Das Wetter wird jetzt auch besser – da können viele die freie Zeit auch ganz gut genießen.

Das heißt, die Personalsituation bei Ihnen ist eher entspannt gerade, oder?

Ina Henning-Rußwurm: Uns fehlen Assistenzärzte – das hat aber nichts mit Corona zu tun. Vor allem in der Neurologie, der Kardiologie und der Pneumologie suchen wir gerade neue Mitarbeiter. Unter anderem haben wir eine leitende Position für einen Oberarzt (w/m/d) in der Pneumologie ausgeschrieben und suchen Fachärzte (w/m/d) für die Neurologie. Aber ansonsten sind wir gut aufgestellt – Corona macht uns da keine Sorgen.

Hier finden Sie alle aktuellen Stellen der Zentralklinik Bad Berka auf aerztestellen.de
 


Die Klinik:

Die Zentralklinik Bad Berka gehört mit insgesamt 21 Fachkliniken und Fachabteilungen zu den großen Thüringer Kliniken. Hier arbeiten mehr als 1.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Pro Jahr werden hier etwa 40.000 Patienten behandelt.

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