Bevölkerungsschutz: Im Notfall schnell und effektiv reagieren

20 Juni, 2023 - 07:29
Dr. Andreas Staufer
Recht bei Gefahren, Symbolbild

COVID-19, der Krieg in der Ukraine oder die Beben in der Türkei und Syrien haben die Bedeutung des Bevölkerungsschutzes wieder deutlich vor Augen geführt. Das betrifft natürlich auch die Krankenhäuser. Wichtig ist, die rechtlichen Grundlagen des Bevölkerungsschutzes im Krankenhaus zu kennen.

Der Begriff „Bevölkerungsschutz“ ist gesetzlich nicht definiert. Er ist ein Oberbegriff der nicht-militärischen und nicht polizeilichen Gefahrenabwehr. Bevölkerungsschutz zielt darauf ab, die Sicherheit und Gesundheit der Bevölkerung vor verschiedenen Gefahren zu schützen. Diese Gefahren können sich in unterschiedlichen Formen ausdrücken, zum Beispiel in Naturkatastrophen, terroristischen Anschlägen, Pandemien oder industriellen Unfällen, aber auch in kriegerischen Auseinandersetzungen. Daher umfasst der Bevölkerungsschutz verschiedene Maßnahmen und Strategien, die darauf abzielen, die Menschen vor diesen Gefahren zu schützen und im Notfall schnell und effektiv reagieren zu können.

Zivile Verteidigung und Katastrophenschutz

Zum einen umfasst der Bevölkerungsschutz die Zivile Verteidigung, die dem Bund obliegt; die Länder sind nur unterstützend tätig. Nicht militärische Maßnahmen sollen die Bevölkerung, ihre Wohnungen und Arbeitsstätten, lebens- oder verteidigungswichtige zivile Dienststellen, Betriebe, Einrichtungen und Anlagen sowie das Kulturgut vor Kriegseinwirkungen schützen, deren Folgen beseitigen oder mildern. Unter anderem fördert der Bund dazu das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Das Technische Hilfswerk (THW) wiederum ist als Bundesanstalt organisatorisch dem Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums zugeordnet. Zum anderen umfasst der Bevölkerungsschutz auch den Katastrophenschutz in Friedenszeiten. Dieser obliegt originär den Ländern; daraus resultieren entsprechend viele gesetzliche Regelungen zum Katastrophenschutz. Beide Ressorts schützen die Bevölkerung, verpflichten aber auch zu Präventions- und Vorsorgemaßnahmen.

Die Aufspaltung des Katastrophenschutzes auf Landesebene hat zwar den Vorteil, dass Konzepte auf die regionalen Besonderheiten abgestimmt werden können. Sie führen aber zu Abstimmungsproblemen bei der überregionalen Zusammenarbeit. Für Krankenhäuser und Rettungsdienste wiederum bedeutet dies unterschiedliche gesetzliche Vorgaben in den Ländern, auch in technischer Hinsicht. Der Bund kann nur eingeschränkt agieren. Immerhin soll ein Gemeinsames Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz (GeKoB) beim BBK künftig als Informations- und Kooperationsplattform aller Akteure im Bevölkerungsschutz agieren. Schwierigkeiten bleiben Zuständigkeiten und Kompetenzen.

Kritische Infrastrukturen (KRITIS)

Inwieweit Krankenhäuser verpflichtet sind, bei Prävention und Krise mitzuwirken, ist zum einen von der Größe ihrer Träger abhängig, aber auch vom jeweiligen Bundesland. Größere Krankenhäuser können als Kritische Infrastrukturen (KRITIS) im Rahmen der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (BSI-KritisV) verpflichtet sein.

KRITIS sind Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen. Fallen sie aus oder sind sie beeinträchtigt, würden nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe eintreten, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen. Notfallplanungen sind daher ebenso erforderlich wie die Vorhaltung notwendiger Versorgungsgüter. Dabei gilt ein Allgefahrenansatz. Neben dem Ausfall von Personal, versorgungskritischer Zuwege, technischer Anlagen spielt unter anderem auch der Schutz der IT und der Daten eine zunehmend wichtige Rolle. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) kann kontrollieren, ob die Anforderungen erfüllt werden.

Im Gesundheitssektor können betroffen sein:

  • die stationäre medizinische Versorgung,
  • die Versorgung mit unmittelbar lebenserhaltenden Medizinprodukten, die Verbrauchsgüter sind,
  • die Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sowie Blut- und Plasmakonzentraten zur Anwendung im oder am menschlichen Körper sowie
  • die Laboratoriumsdiagnostik.

Gesetzliche Regelungen für Krankenhäuser

Die Länder haben jeweils eigene gesetzliche Regelungen für Krankenhäuser erlassen, um den Katastrophenschutz zu gewährleisten und diesen zu unterstützen. Eine durchdachte Krankenhaus-Alarm- und -Einsatzplanung (KAEP) ist daher wichtig. Ein Handbuch nebst Grafik zu Strukturen, Prozessen und Funktionen können Interessierte beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe beziehen. Doch auch kleinere Häuser können ganze Regionen in Versorgungskrisen stürzen.

Bayern beispielsweise verpflichtet die Träger von Krankenhäusern, die geeignet sind, einen Massenanfall von Verletzten zu bewältigen, Alarm- und Einsatzpläne aufzustellen und fortzuschreiben, die insbesondere organisatorische Maßnahmen zur Ausweitung der Aufnahme- und Behandlungskapazität vorsehen. Die Verantwortlichen können die Gefahren und Schadenslagen nur mit einer guten Vorbereitung abwehren und bewältigen.

Abläufe sind zu hinterfragen und zu proben

Doch Einsatzpläne allein genügen nicht. Die Abläufe sind im Rahmen der Planung zu hinterfragen und zu proben. Dabei sollten auch die rechtlichen Besonderheiten, Kompetenzen und Zuständigkeiten im Katastrophen- oder Spannungsfall bekannt und möglichst transparent kommuniziert sein. Zuständigkeiten der einzelnen Funktionen und deren Kompetenzbereiche sind nicht nur namentlich zu benennen, sondern auch deren Zuständigkeiten rechtlich gegenzuprüfen und möglichst zu dokumentieren. Der Umgang mit den Patienten, dem Vorgehen bei knappen Ressourcen und deren Zuteilung, aber auch der Umgang mit personenbezogenen Daten, der Presse und Medien sind bereits im Vorfeld vorzubereiten. Dadurch ist es möglich, auch Haftungsrisiken einschließlich solcher der Geschäftsführer zu reduzieren.

Zusammenarbeit ist dabei wertvoll. Ratsam ist, die Pläne ressort- und fachübergreifend abzustimmen. Das gebieten Wirtschaftlichkeitserwägungen, auch werden Doppelbeschaffungen verhindert. Im Schadenfall hilft dies auch beim koordinierten Ablauf der Patientenversorgung. Letztlich bleibt zu hoffen, dass es trotz einer guten Vorbereitung nicht zur Katastrophe gereicht.

Dtsch Arztebl 2023; 120(25): [2]

Der Autor

Dr. Andreas Staufer
Fachanwalt für IT-Recht, Fachanwalt für Medizinrecht
Staufer Kirsch GmbH
80336 München

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