Fachärztinnen und Fachärzte für Klinische Pharmakologie beschäftigen sich mit der klinischen Entwicklung von Arzneimitteln. Wie die Facharzt-Weiterbildung abläuft und wie lange sie dauert, erfahren Sie im Beitrag.
Auf einen Blick: Weiterbildung (Facharztausbildung) Klinische Pharmakologie
- Definition: Die Klinische Pharmakologie beschäftigt sich mit der Anwendung von Arzneimitteln auf den Menschen – und zwar sowohl vor als auch nach der Zulassung. Ihr Ziel ist eine möglichst sichere und wirksame Anwendung von Arzneimitteln.
- Dauer: Die Facharzt-Weiterbildung Klinische Pharmakologie dauert 60 Monate. Davon müssen 12 Monate in der unmittelbaren Patientenversorgung abgeleistet werden. 18 Monate können auch in Pharmakologie und Toxikologie erfolgen.
- Anzahl der Fachärzte: In Deutschland gibt es 336 Fachärztinnen und Fachärzte für Klinische Pharmakologie. Davon sind 209 berufstätig. Nur 10 arbeiten ambulant, 71 stationär in einer Klinik, 18 in Behörden, Körperschaften und ähnlichen Einrichtungen. 110 arbeiten in sonstigen Bereichen, z.B. bei Pharmaunternehmen.
Die Klinische Pharmakologie schließt die Lücke zwischen der Grundlagen-Pharmakologie und der klinischen Praxis. Dabei sind Fachärztinnen und Fachärzte in diesem Gebiet größtenteils in der Forschung tätig: Ihre Aufgabe ist es vor allem, Klinische Studien zu Medikamenten zu planen, durchzuführen und auszuwerten. Daher sind Klinische Pharmakologen vor allem an Unikliniken, aber auch in der Pharmaindustrie beschäftigt.
Bei den Klinischen Studien wird dabei zwischen vier verschiedenen Phasen unterschieden, die alle in den Aufgabenbereich der Klinischen Pharmakologie fallen:
- Phase I: Nach Tests im Reagenzglas, an Zellkulturen oder in Tierversuchen wird ein Wirkstoff in einer Phase-I-Studie erstmals an einer kleinen Gruppe freiwilliger Probanden erprobt. Die Probanden sind zumeist gesund. Hier geht es darum, die generelle Verträglichkeit des Wirkstoffs zu untersuchen.
- Phase II: Phase-II-Studien werden meistens an mehreren Hundert Patienten durchgeführt, bei denen die Forscher davon ausgehen, dass sie von dem zu testenden Wirkstoff profitieren können. Dabei werden verschiedene Patientengruppen miteinander verglichen, um Erkenntnisse über die richtige Dosierung, die Wirksamkeit des Medikaments und mögliche Nebenwirkungen zu gewinnen.
- Phase III: In Phase III werden die Medikamente an einer größeren Patientengruppe von meist mehreren Tausend Probanden erprobt. Hier geht es um Wirksamkeit und Sicherheit des Wirkstoffs. Das Ergebnis der Phase-III-Studie ist für die Zulassung eines neuen Medikaments entscheidend.
- Phase IV: Phase-IV-Studien werden nach Marktzulassung eines Arzneimittels durchgeführt. Dabei wird das Medikament noch genauer untersucht, z.B. in Bezug auf Langzeit-Nebenwirkungen.
Aber Fachärzte und Fachärztinnen für Klinische Pharmakologie sind nicht nur für Studien zuständig: Sie unterstützen Ärzte anderer Fachrichtungen auch bei der Patientenversorgung, erstellen Medikationspläne und bieten vor allem an Unikliniken spezielle Visiten an. Dabei stehen unter anderem die richtige Dosierung von Medikamenten (z.B. Antibiotika) oder die Abklärung unklarer Nebenwirkungen im Fokus. Klinische Pharmakologen beraten andere Ärzte bei Fragen rund um die medikamentöse Therapie – beispielsweise auch, um Mehrfachverordnungen zu vermeiden oder bei Problemfällen therapeutische Alternativen zu empfehlen. Außerdem können sich Fachärzte und Fachärztinnen für Klinische Pharmakologie auch in Arzneimittelkommissionen einbringen, wo sie über das Verbot bzw. die Neuzulassung von Medikamenten mitentscheiden.
Bei der Klinischen Pharmakologie geht es also nur am Rande um die Patientenversorgung, einen großen Teil ihrer Zeit verbringen Fachärzte und Fachärztinnen auf diesem Gebiet im Labor. Wer sich auf dieses Fachgebiet spezialisieren möchte, sollte also vor allem Interesse an Forschungsprojekten haben. Dabei arbeiten Klinische Pharmakologen eng mit Fachärzten anderer Fachbereiche zusammen, für deren Patienten die neuen Medikamente entwickelt werden sollen – beispielsweise mit Internisten (Kardiologen, Onkologen, ...). Eine enge Zusammenarbeit besteht außerdem mit (Klinischen) Pharmazeuten.
Klinischer Pharmakologe werden: Die Weiterbildung (Facharztausbildung) im Überblick
Dauer der Weiterbildung:
Die Weiterbildungszeit beträgt 60 Monate im Gebiet Pharmakologie bei einem Weiterbildungsbefugten in einer Weiterbildungsstätte, davon
- müssen 48 Monate in Klinische Pharmakologie abgeleistet werden (davon können zum Kompetenzerwerb bis zu 18 Monate Weiterbildung in Pharmakologie und Toxikologie erfolgen)
- müssen 12 Monate in Gebieten der unmittelbaren Patientenversorgung abgeleistet werden.
Inhalte der Weiterbildung:
Gemeinsame Inhalte des Gebiets Pharmakologie
- Wesentliche Gesetze, Verordnungen und Richtlinien
- Internationale und nationale Normen der Erforschung, Entwicklung und Anwendung von Arzneimitteln, z. B. Good Clinical Practice des International Council for Harmonisation of Technical Requirements for Pharmaceuticals for Human Use (ICH-GCP), ethische Grundsätze für die medizinische Forschung am Menschen (Deklaration von Helsinki)
- Pharmakologische, toxikologische und klinische Grundlagen der Erforschung, Entwicklung und Anwendung von Arzneimitteln
- Erkennung, Erfassung, Meldung und Bewertung unerwünschter Arzneimittelwirkungen und von Medikationsfehlern
- Risiken von Wirk- und Schadstoffen
- Risikomanagement und -kommunikation
- Biometrie und Statistik, Pharmakoepidemiologie und Arzneimittelanwendungsforschung, Expositionserfassung
- Pharmakologische Methodik, insbesondere Pharmako- und Toxikokinetik sowie Pharmako- und Toxikodynamik relevanter Wirk- und Schadstoffe
- Biochemische, chemische, immunologische, mikrobiologische, molekularbiologische, physikalische und physiologische Arbeits- und Nachweismethoden
- Grundlagen der tierexperimentellen Forschungstechnik zur Wirkungsanalyse von Arzneimitteln und Fremdstoffen, Erzeugung von Krankheitszuständen in Modellorganismen zur Wirkstoffprüfung
- Grundlagen, Methoden und Anwendung der Pharmako- und Toxikogenomik
- Standardmethoden der Qualitätssicherung für Labor- und Klinikuntersuchungen, Berichtswesen
- Wissenschaftlich begründete Gutachtenerstellung und Bewertung von Forschungsberichten
- Grundlagen der Entwicklung und Prüfung von Arzneimitteln und Medizinprodukten
- Arzneimitteltherapie von Erkrankungen
Klinische Prüfung von Arzneimitteln und Medizinprodukten
- Gesetzliche und ethische Anforderungen, Leitlinien und Empfehlungen klinischer Prüfungen
- Zulassungsverfahren für Arzneimittel und Medizinprodukte
- Post-Marketing-Surveillance
- Biometrische Methoden und Datenmanagement
- Planung und Erstellung von Prüfplänen, Durchführung der Studien, statistische Auswertung bzw. Bewertung der Ergebnisse klinischer Prüfungen der Phase I bis IV (Richtzahl: 8), davon
- Durchführung von Studien Phase I/II (Richtzahl: 4)
- Durchführung von randomisierten kontrollierten Studien (RCT) (Richtzahl: 2)
Wirkungsanalyse von Arzneimitteln am Menschen
- Bewertung von Dosis-/ Konzentration-Wirkungsuntersuchungen (Richtzahl: 3)
- Anwendung pharmakokinetischer und/oder - dynamischer Methoden
- Methodik epidemiologischer Studien
- Mitwirkung bei Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von nicht-interventionellen Studien (NIS) (Richtzahl: 2)
Bestimmung von Wirkstoffen und Arzneimitteln in Körperflüssigkeiten und Geweben
- Bestimmungsmethoden, insbesondere chemisch-analytische Verfahren, z. B. Massenspektrometrie, molekularbiologische Verfahren
- Erkennung und Bewertung von Arzneimittelwechselwirkungen, einschließlich der Mitbehandlung
- Durchführung und Bewertung des therapeutischen (Drug-)Monitorings, einschließlich der Mitbehandlung
- Durchführung und Bewertung pharmakogenomischer Untersuchungen
Arzneimittelsicherheit und Arzneimitteltherapiesicherheit
- Prinzipien, Meldesysteme, Stufenplanverfahren
- Erkennung, Erfassung und Bewertung der Sicherheit von Arzneimitteln und Medizinprodukten
- Vorgehen bei Vergiftungen und Überdosierungen
- Beratung bei Vergiftungen und Überdosierungen
Bewertung von Arzneimitteln
- Evaluation von Arzneimitteln und Therapieverfahren anhand der Prinzipien der evidenzbasierten Medizin
- Bewertung von Arzneimitteln in Zusammenarbeit mit behandelnden Ärzten oder Prüfärzten
- (Kosten)-Nutzen-Risiko-Bewertung
Arzneimitteltherapie
- Beratungen und Mitbehandlung in der Arzneimitteltherapie unter Berücksichtigung von Therapie-Leitlinien, einschließlich Nutzen-Risiko-Abschätzung (Richtzahl: 30)
Therapie-Leitlinien
- Grundlagen der Erstellung, Beurteilung und Implementierung von Therapie-Leitlinien unter Berücksichtigung der Prinzipien der evidenzbasierten Medizin
- Mitwirkung bei der Erstellung und Implementierung von Therapie-Leitlinien
Quelle: Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer 2018, Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2023, Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte