Facharzt-Weiterbildung Nuklearmedizin: Dauer, Inhalte, Perspektiven

10 Mai, 2024 - 07:14
Emily Klee
Nuklearmediziner mit Patientin und Gammakamera

Was ist eigentlich Nuklearmedizin? Bei welchen Krankheitsbilder unterstützt die Nuklearmedizin die Diagnostik und Therapie?  Wie lange die Facharzt-Weiterbildung dauert und wie sie abläuft, erfahren Sie im Beitrag.

Auf einen Blick: Weiterbildung (Facharztausbildung) Nuklearmedizin

  • Definition: Die Nuklearmedizin ist ein Teilgebiet der Medizin, das sich mit der Verwendung radioaktiver Substanzen, sonographischer und kernphysikalischer Verfahren zur Diagnose und Therapie von Krankheiten befasst.
  • Dauer: Die Facharzt-Weiterbildung in Nukelarmedizin dauert 60 Monate. Davon können bis zu 12 Monate Weiterbildung in der Radiologie erfolgen. Weitere 6 Monate der Weiterbildung können in anderen Gebieten erfolgen.
  • Anzahl der Fachärzte: In Deutschland gibt es 1.701 Fachärztinnen und Fachärzte für Nuklearmedizin. Davon sind 1.240 berufstätig. 788 arbeiten ambulant, 396 stationär in einer Klinik.

Hauptaufgabe der Nuklearmedizin: Anwendung von Radionukliden

Die Nuklearmedizin gehört zu den kleinen medizinischen Fachrichtungen. Derzeit gibt es 1.228 berufstätige Ärztinnen und Ärzte in diesem Bereich; die meisten davon arbeiten ambulant. Die Hauptaufgabe eines Nuklearmediziners oder eine Nuklearmedizinerin ist die Anwendung von Radionukliden zur Diagnostik und Therapie. Außerdem umfasst dieser Bereich auch das Anwenden von kernphysischen Verfahren, radioaktive Substanzen und der Strahlenschutz.

In der Nuklearmedizin werden die Patienten und Patientinnen nicht nur – wie beispielsweise in der Strahlentherapie – von außen mit radioaktiver Strahlung behandelt. Die radioaktiven Substanzen werden gezielt in den Körper eingebracht, um dort therapeutische Effekte zu erzielen oder Stoffwechselprozesse sichtbar zu machen: Sie werden beispielsweise ins Blut gespritzt oder in Form von Tabletten eingenommen. Diese radioaktiven Substanzen werden als Radiopharmaka bezeichnet. Da der Körper nicht zwischen radioaktiven und nicht-radioaktiven Isotopen unterscheiden kann, nehmen die Radiopharmaka genauso am Stoffwechsel teil wie nicht-radioaktive Moleküle – beispielsweise Jod.

Radiopharmaka bei der Therapie von Schilddrüsenerkrankungen

Radiopharmaka enthalten Beta-Strahler, die das krankhafte Gewebe gezielt schädigen. Der Vorteil: Die Strahlung hat eine sehr kurze Reichweite. Das bedeutet: Anders als beispielsweise bei einer Chemotherapie werden andere Organe kaum belastet. In der Behandlung von Schilddrüsenkrebs oder einer Schilddrüsenüberfunktion wird beispielsweise das radioaktive Jod-131 verwendet. Diese Substanz sammelt sich ausschließlich in der Schilddrüse an und stellt für das umliegende, gesunde Gewebe keine Gefahr da.

Obwohl die Nuklearmedizin ein relativ junges Fachgebiet ist, wurde diese Methode schon in der erste Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt. In der Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen wurde radioaktives Jod erstmals bereits 1938 eingesetzt, die erste Therapie einer Schilddrüsenüberfunktion mit Jod-131 wurde 1942 dokumentiert.

Bis heute ist die Diagnose und Therapie von Schilddrüsenerkrankungen die bekannteste nuklearmedizinische Anwendungen. Aber auch bei anderen Erkrankungen spielt die Nuklearmedizin eine entscheidende Rolle: Dazu gehören beispielsweise Tumorerkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen,  Nierenfunktionsstörungen oder Demenz. Bei Gelenkerkrankungen wie Rheuma wird die radioaktive Substanz direkt in das Gelenk gespritzt. Das kann eine schmerzlindernde Wirkung haben und beim Aufbau einer neuen Gelenkschleimhaut helfen.

Radiopharmaka in der Diagnostik

In der Diagnostik ermöglichen es Radiopharmaka, Stoffwechselprozesse sichtbar zu machen, um Aussagen über die Funktion und die Aktivität verschiedener Gewebearten zu treffen. Beispielsweise lassen sich bestimmte Glukose-Moleküle radioaktiv markieren. Da Tumorzellen besonders viel Energie benötigen, lässt sich so nachvollziehen, wo im Körper neue Krebszellen entstehen. Auf diese Art können Radiopharmaka dabei helfen, bestimmte Stoffwechselprozesse und Strukturen zu erkennen. Sie werden daher als Tracer (Markierungssubstanzen) bezeichnet. Die Strahlung der Isotope durchdringt das Gewebe des Patienten und kann außerhalb des Körpers von speziellen Detektoren aufgefangen werden.

Die Strahlenbelastung für die Patientinnen und Patienten, aber natürlich auch für Ärztinnen und Ärzte ist bei diesen Methoden gering: Die verwendeten Radioisotope haben nur eine geringe Halbwertszeit und zerfallen meistens schon nach wenigen Stunden. Trotzdem hat der Strahlenschutz in der Facharzt-Weiterbildung Nuklearmedizin einen hohen Stellenwert.

Stark vernetzt mit anderen Fachgebieten

Da die Nuklearmedizin bei vielen verschiedenen Krankheitsbildern zum Einsatz kommt, arbeiten die Fachärztinnen und Fachärzte eng mit anderen Fachgebieten zusammen. Dazu gehören die Radiologie und die Onkologie, aber auch die Innere Medizin oder die Neurologie.

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Nuklearmediziner werden: Die Weiterbildung (Facharztausbildung) Nuklearmedizin im Überblick

Dauer der Weiterbildung

Die Weiterbildungszeit in der Nuklearmedzin beträgt 60 Monate. Davon

  • können zum Kompetenzerwerb bis zu 12 Monate Weiterbildung in Radiologie erfolgen

  • können zum Kompetenzerwerb bis zu 6 Monate Weiterbildung in anderen Gebieten erfolgen

Inhalte der Weiterbildung

Übergreifende Inhalte der Facharzt-Weiterbildung Nuklearmedizin

  • Wesentliche Gesetze, Verordnungen und Richtlinien
  • Medizinische Auswirkungen von Strahlenunfällen und deren Behandlung

Strahlenphysik, Strahlenbiologie und Messtechnik

  • Grundlagen der Strahlenbiologie, Strahlenphysik und Messtechnik, insbesondere Dosisbegriffe und physikalische und biologische Dosimetrien
  • Durchführung von Dosimetrien

  • Prinzipien der nuklearmedizinischen Bildentstehung, insbesondere der Detektortechnik, des Tracerprinzips und der Gammaspektrometrie

27.09.2024, Gemeinschaftspraxis für Radiologie und Nuklearmedizin
27.09.2024, klinik Werk.
Köln

Strahlenschutz

  • Indikationsstellung für nuklearmedizinische Untersuchungs- und Behandlungsverfahren, auch in Abgrenzung zu radiologischen Verfahren
  • Besonderheiten der nuklearmedizinischen Diagnostik im Kindes- und Jugendalter, insbesondere Auswahl und Dosierung der Radiopharmaka

  • Prinzipien der ionisierenden und nichtionisierender Strahlung und des Strahlenschutzes bei der Anwendung am Menschen

  • Reduktionsmöglichkeiten der medizinisch indizierten Strahlenexposition in der Diagnostik

  • Grundlagen des Strahlenschutzes beim Patienten und bei Begleitpersonen sowie beim Personal einschließlich der Personalüberwachung und des baulichen und apparativen Strahlenschutzes

  • Diagnostische Referenzwerte

  • Qualitätssicherung und Aufzeichnungspflichten

  • Voraussetzung zur Erlangung der erforderlichen Fachkunden im gesetzlich geregelten Strahlenschutz

Radiopharmazie

  • Radiopharmaka-Markierungen einschließlich KITPräparation mit α-, ß- und γ -Strahlern, von PETTracern unter Berücksichtigung rechtlicher Vorgaben (Richtzahl: 100)
  • Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen (Radionukliden) und markierten Radiopharmaka einschließlich der Qualitätskontrolle

  • Umgang mit Hybrid-Sonden

Kontrastmittel

  • Pharmakologie, Indikationen undKontraindikationen zur Kontrastmittelgabe in der Diagnostik einschließlich gewebespezifischer Kontrastmittel und deren Kinetik
  • Grundlagen radiologischer Kontrastmittel

Gerätetechnik

  • Konstanz- bzw. Zustandsprüfungen (Richtzahl: 30)
  • Gerätebezogene Qualitätssicherungsmaßnahmen

  • Grundlagen der Bild- und Datenverarbeitung und deren Archivierung einschließlich Datenakquisition und MRT-Sequenzauswahl

  • Prinzipien der Bilddatennachverarbeitung

  • Physikalische Grundlagen und praktische Anwendung der Gammakamera und -sonde, der SPECT, PET, CT, MRT und fMRT, Magnetspektroskopie (MRS) sowie der Sonographie

Nuklearmedizinische Befunderstellung

  • Befundinterpretation unter Berücksichtigung der Quantifizierung und Bewegungsanalyse sowie Erkennung inzidenteller Befunde
  • Technische Verfahren zur Planung von nuklearmedizinischen Untersuchungen und zur Schwächungskorrektur von nuklearmedizinischen Bilddaten

  • Einfluss von Begleiterkrankungen auf die Tracer-Kinetik

Immunologische Labordiagnostik

  • Durchführung und Auswertung immunometrischer Assays einschließlich Qualitätskontrolle, insbesondere RIA, IRMA, LIA, FIA, EIA (Richtzahl: 200)
  • Immunologische in-vitro-Testverfahren, z. B. Bestimmung von Tumormarkern

Entzündungen/Infektionen

  • Dreiphasen-Skelettszintigraphie (Richtzahl: 80)
  • Entzündungsszintigraphie, auch mittels Positronen- Emissions-Tomographie (PET) bzw. PET in Hybridtechnik (Richtzahl: 70)

  • Diagnostik bei entzündlichen und infektiösen Erkrankungen, insbesondere des Skelett- und Gefäßsystems sowie bei Organ- und Weichteilinfekten

  • Bedeutung der Positronen-Emissions-Tomographie (PET)- bzw. der PET/CT-Diagnostik

Erkrankungen der Schilddrüse

  • Prävalenz, Prophylaxe, Symptomatik, diagnostische Algorithmen, Labordiagnostik, Therapie und Nachsorge sowie Medikation von benignen, malignen und entzündlichen Schilddrüsenerkrankungen einschließlich deren Funktionsstörungen, auch in der Schwangerschaft
  • Sonographie der Schilddrüse (Richtzahl: 150)

  • Sonographie der Halsweichteile (Richtzahl: 100)

  • Schilddrüsenszintigraphie (Richtzahl: 400)

  • Feinnadelpunktion (Richtzahl: 50)

Endokrine Erkrankungen

  • Prävalenz, Symptomatik, diagnostische Algorithmen und Labordiagnostik der endokrinen Erkrankungen einschließlich deren Funktionsstörungen
  • Szintigraphie endokriner Organe, insbesondere Nebenschilddrüse und Nebenniere (Richtzahl: 25)

Zentrales Nervensystem

  • Diagnostik von Erkrankungen des zentralen Nervensystems, insbesondere Morbus Parkinson, Multisystematrophie, Demenzerkrankungen, Zerebrovaskuläre Insuffizienz und fokale Prozesse
  • Nuklearmedizinische Untersuchungen des zentralen Nervensystems einschließlich Hirnrezeptor-PET (Richtzahl: 100)

  • Hirnperfusionsszintigraphie

  • Verfahren zur Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms

Skelett- und Gelenksystem

  • Diagnostik von Erkrankungen des Skelett- und Gelenksystems, insbesondere Arthrose/Arthritis, Prothesenlockerung und -infekt
  • Nuklearmedizinische Untersuchungen des Skelett- und Gelenksystems (Richtzahl: 800)

Kardiovaskuläres System

  • Diagnostik von Erkrankungen des kardiovaskulären Systems, insbesondere Koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt und Innervationsstörung
  • Nuklearmedizinische Untersuchungen des kardiovaskulären Systems, insbesondere Myokardperfusionsszintigraphie mit körperlicher oder medikamentöser Belastung einschließlich quantifizierter Auswertung (Richtzahl: 500)

Respirationssystem

  • Diagnostik von Erkrankungen des Respirationssystems, insbesondere bei Lungenarterienembolie und präoperativer Lungenfunktionsüberprüfung
  • Nuklearmedizinische Untersuchungen des respiratorischen Systems, insbesondere Lungenperfusions- und -ventilationsszintigraphie (Richtzahl: 200)

Gastrointestinaltrakt

  • Diagnostik von Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes, insbesondere Motilitätsstörungen des Magen-Darmtraktes und Blutungen
  • Szintigraphie des Gastrointestinaltraktes (Richtzahl: 25)
  • Prinzipien der Leberfunktionsszintigraphie und der Szintigraphie mit radioaktiv markierten Erythrozyten

Urogenitalsystem

  • Diagnostik von Erkrankungen des Urogenitalsystems, insbesondere bei Abflussbehinderungen, Anlagestörungen und zur Bestimmung der Nierenfunktion (Clearance- Bestimmung) auch als Captopril-Szintigraphie
  • Nuklearmedizinische Untersuchungen des Urogenitalsystems, insbesondere Nierenfunktionsszintigraphie  (Richtzahl: 250)
  • Richtungsweisende sonographische Untersuchungen des Retroperitoneums und der Urogenitalorgane

Hämatologie/Lymphatisches System

  • Diagnostik von Erkrankungen des hämatologischen und lymphatischen Systems
  • Sentinel-Lymphknotenszintigraphie (Richtzahl: 100)

Tumordiagnostik

  • Diagnostik onkologischer Erkrankungen
  • Interdisziplinäre Indikationsstellung, Durchführung und Befunderstellung von Positronen-Emissions- Tomographie (PET) und PET im Rahmen von Hybridtechniken (PET/CT und PET/MRT) verschiedener Tumorentitäten ( Richtzahl: 1.000)
  • Tumorspezifische und unspezifische Szintigraphie, planare Szintigraphie, SPECT, Ganzkörperszintigraphie (Richtzahl: 25)
  • Richtungsweisende Sonographie des Abdomens

Magnetresonanztomographie einschließlich Magnetresonanzspektroskopie

  • Indikationsstellung und Befundinterpretation von MRT-Untersuchungen
  • Auswahl und mögliche Modifikation von Sequenzprotokollen für alle Körperregionen und untersuchungstypischen Techniken und Verfahren einschließlich der Wahl der geeigneten Kontrastmittel
  • Prinzipien von Magnetfeldstärke, Gradientenstärke, Orts- und Zeitauflösung
  • Gerätebezogene Sicherheitsvorschriften in Bezug auf Personal und Patienten
  • Typische Artefakte in der MRT und ihre Ursachen
  • Grundlagen der Gefäßdarstellung und funktioneller MRT-Techniken
  • Prinzipien der Spektroskopie und spektroskopischen Bildgebung
  • Indikation für PET/MRT im Kontext multimodaler Bildgebung
  • Besonderheiten der MRT-basierten Erstellung der Schwächungskorrekturmatrix und die Bedeutung für die PET-Quantifizierung

Therapie mit Radioisotopen und Radiopharmaka

  • Festlegung der therapeutischen Dosis
  • Auswahl und Bewertung von Dosiskonzepten
  • Toxizitätsermittlung und -prävention
  • Kombinationstherapien, z. B. Behandlung mit Tyrosinkinaseinhibitoren

Radiojodtherapie benigner Schilddrüsenerkrankungen

  • Therapieoptionen benigner Schilddrüsenerkrankungen, insbesondere der funktionellen Autonomie und der Autoimmunthyreopathien
  • Therapie benigner Schilddrüsenerkrankungen (Richzahl: 200)
  • Durchführung und Auswertung von Radiojodtests (Richtzahl: 200)

Radiojodtherapie maligner Schilddrüsenerkrankungen

  • Therapieoptionen maligner Schilddrüsenerkrankungen, insbesondere differenzierter Schilddrüsenkarzinome
  • Therapie maligner Schilddrüsenerkrankungen (Richtzahl: 50)

Selektive radionuklidbasierte Tumortherapie

  • Therapieoptionen onkologischer Erkrankungen
  • Selektive radionuklidbasierte Therapie (Richtzahl: 25)
  • Selektive interne Radiotherapie (SIRT), Peptidradiorezeptortherapie (PRRT), Therapieverfahren mit 90-Yttrium und Radioimmuntherapie (RIT)

Sonstige radionuklidbasierte Therapien

  • Alternative Verfahren zu Radiosynoviorthese (RSO), Radionuklidtherapie von Knochenmetastasen und endovaskuläre Brachytherapie (EVBT)

Quellen: Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer 2018, Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2023, Berufsverband deutscher Nuklearmediziner
 


Aktuelle Stellenangebote in diesem Fachgebiet:

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