Fachkräftemangel: Angie Bru-Perez holt Ärztinnen und Ärzte aus Lateinamerika

28 Februar, 2024 - 08:18
Miriam Mirza
Angie Bru-Perez
Angie Bru-Perez stammt aus Venezuela und lebt seit fast zehn Jahren in Deutschland. Die Ärztin hilft Medizinerinnen und Medizinern aus Lateinamerika dabei, nach Deutschland einzuwandern und eine Zulassung zu bekommen.

Angie Bru-Perez ist seit fast zehn Jahren in Deutschland. Die gebürtige Venezolanerin kam zum Arbeiten hierher, lernte ihren deutschen Mann kennen und lebt heute in Aalen. Sie ist selbst Medizinerin und hat während ihrer Arbeit im Krankenhaus hautnah mitbekommen, wie der Fachärztemangel die Häuser immer mehr in Bedrängnis bringt. Gleichzeitig kennt sie die Hürden und Tücken, wenn es darum geht, nach Deutschland einzuwandern und eine Zulassung als Ärztin zu erhalten. Vor ein paar Jahren reifte in ihr die Idee, daraus ein Geschäftsmodell zu machen und Kolleginnen und Kollegen aus Lateinamerika bei der Migration nach Deutschland zu unterstützen.

Bürokratische Hürden und lange Wartezeiten

„Die bürokratischen Herausforderungen sind groß, und Ärztinnen und Ärzte aus Lateinamerika wissen oft nicht, wie sie das alles angehen sollen“, berichtet Bru-Perez. Ihre Firmen Bru Perez Consulting & Services GmbH und Bru Perez Fachsprachakademie GmbH, deren Geschäftsführerin sie ist, suchen einwanderungswillige Medizinerinnen und Mediziner, planen alle notwendigen Schritte und bereiten diese bereits im Heimatland vor – etwa durch Online-Deutschkurse, die die Ärztinnen und Ärzte auf die fachsprachliche Prüfung vorbereiten. „Wir erzählen ihnen auch, wie das Gesundheitssystem in Deutschland funktioniert oder klären über kulturelle Unterschiede auf. Ziel ist, dass sie dadurch schneller in Deutschland arbeiten und zum Beispiel sofort eine Hospitation in einem Krankenhaus machen können.“

Der Einwanderungsprozess kann sich je nach Bundesland unterschiedlich lang hinziehen – von wenigen Monaten bis zu mehreren Jahren. Bei Bru-Perez selbst dauerte es lediglich sieben Monate. Was ist der Grund für diese Unterschiede? „Lange Bearbeitungszeiten in Approbationsverfahren und fehlende Fachkenntnisse in Behörden machen die Verfahren oft unnötig kompliziert und zeitaufwendig“, berichtet Bru-Perez von ihren Erfahrungen.

Typischerweise steigen Medizinerinnen und Mediziner in den Kliniken mit einem Praktikum ein, das auch konkrete Einblicke in den deutschen Klinikalltag bietet. Danach kann die Fachsprachenprüfung abgelegt werden, die die Voraussetzung für eine temporäre Berufszulassung als Gastärztin bzw. Gastarzt darstellt. Schließlich folgt die Approbation. Nur mit deren Erlangen ist eine vollwertige ärztliche Tätigkeit in Deutschland erlaubt.

Deutschland als attraktives Einwanderungsland für Medizinerinnen und Mediziner

Um in Lateinamerika ihre Dienstleistung bekannt zu machen, setzt Bru-Perez auf die sozialen Medien. Das Interesse der dort ansässigen Medizinerinnen und Mediziner an der Arbeit in Deutschland ist groß, berichtet sie. Kein Wunder, denn in ihren Heimatländern haben sie schlechtere Verdienstmöglichkeiten bei mehr Arbeitszeiten, weniger Bildungschancen für ihre Kinder und eine geringere Lebensqualität. „Viele kommen aus Orten, die mit hoher Kriminalität zu kämpfen haben. Da möchte man keine Kinder großziehen. Das deutsche Gesundheitssystem und der Sozialstaat sind ebenfalls Dinge, die für Deutschland sprechen“, so Bru-Perez. Die Medizinerin gibt ihren Kolleginnen und Kollegen jedoch auch mit auf den Weg, dass man nichts geschenkt bekommt. „Aber wer sich anstrengt – und unsere Ärztinnen und Ärzte sind dazu bereit – hat eine echte Chance, in Deutschland ein gutes Leben zu führen, und Deutschland hat die Möglichkeit, etwas gegen den Fachkräftemangel zu tun“, fasst sie zusammen.

Das Konzept scheint aufzugehen. Inzwischen konnte sie nach eigenen Angaben mehr als 100 Ärztinnen und Ärzte nach Deutschland vermitteln. Weitere 200 stehen quasi in den Startlöchern, um hier zu arbeiten. „Derzeit kontaktieren wir Krankenhäuser, die auf der Suche nach Personal sind.“ Bru-Perez betont allerdings, dass der Erfolg der Integration nicht nur von ihr und ihrem Team der Bru Perez Consulting & Services GmbH abhängt. Die Kliniken sind auch gefordert und müssen einen strukturierten Onboarding-Prozess in Gang setzen, bei dem die Ärztinnen und Ärzte von ihren Teams willkommen geheißen und beim Ankommen unterstützt werden.

Von den Krankenhäusern wünscht sich die Geschäftsführerin die Einrichtung von mehr Praktikumsplätzen. Außerdem sei es wichtig, dass sie erkennen, dass mehr Investitionen notwendig sind, um qualifizierte Ärztinnen und Ärzte zu gewinnen. Um dem Ärztemangel langfristig zu begegnen, sei jedoch eine koordinierte Aktion aller Beteiligten – Ministerien, Behörden, Botschaften und Kliniken notwendig, so Bru-Perez.

Arbeiten in Deutschland: Hier gibt es Unterstützung

Deutschland braucht Ärztinnen und Ärzte. Darum setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass ausländische Fachkräfte hier arbeiten können. Auf der Webseite www.make-it-in-germany.com/de/arbeiten-in-deutschland/gefragte-berufe/aerzte erhalten Interessierte erste wichtige Informationen über die Einwanderungs- und Anerkennungsbestimmungen als Arzt oder Ärztin.

Für Ärztinnen und Ärzte aus Mexiko und Jordanien mit bereits vorhandenen B2-Sprachkenntnissen gibt es derzeit das Programm „Specialized! – Rekrutierung, Qualifizierung und Integration von ausländischen Humanmedizinerinnen und -medizinern“. Informationen zu diesem Programm gibt es bei der Bundesagentur für Arbeit.

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