Führung: Wie Ärztinnen und Ärzte schwierige Gespräche professionell führen

1 November, 2022 - 07:40
Christiane Reuter-Herkner
Ärztliche Führungskraft im Gespräch

Kommunikation ist ein effizientes Werkzeug für den Erfolg einer Klinik. Eine gelungene Kommunikation stärkt die Arbeitsbeziehung und das Vertrauen zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft. Vor allem die Führungskräfte sind für das Gelingen von Gesprächen mit schwierigen Themen verantwortlich.

Einen großen Teil des Arbeitsalltags von Ärztinnen und Ärzten in Führungspositionen nimmt die Kommunikation mit Mitarbeitenden in Anspruch. Kommunikation im Führungskontext dient vorrangig dazu, aufgabenbezogene Informationen zu übermitteln. Zu beachten ist, dass Kommunikation in vielfacher Hinsicht nicht konfliktfrei ist. Es gibt schwierige Themen, wie das Auslaufen eines befristeten Arbeitsvertrags, die Übergabe einer Kündigung oder die Einleitung von Disziplinarmaßnahmen. In Personalgesprächen fungieren ärztliche Führungskräfte als Arbeitgebervertretung und haben zugleich auch die Fürsorgepflicht einzuhalten. Zu den Themen, die das gesamte Team betreffen, zählen beispielsweise der Umgang mit reduzierten Abteilungsbudgets aufgrund von Leistungseinbrüchen oder interprofessionelle Neuzuschnitte von Aufgaben- und Verantwortungs bereichen.

Aktives Zuhören ist unabdingbare Voraussetzung

Vor allem zu schwierigen Themen gilt es, sich gut vorzubereiten und den Gesprächszweck herauszuarbeiten. Um auch den Mitarbeitenden eine Vorbereitung zu ermöglichen, sollte die Einladung zu Gesprächen unter Benennung des Themas und mit einem zeitlichen Vorlauf erfolgen. Führungskräfte sollten möglichst unvoreingenommen in die Gespräche gehen, um potenzielle Konflikte nicht heraufzubeschwören und um die eigene Anspannung zu vermeiden. Eine offene Haltung im Gespräch hilft dabei, sich auf das Sachthema zu konzentrieren und nonverbale Zeichen des Gesprächspartners sowie emotionale Reaktionen besser wahrzunehmen.

Aktiv zuzuhören, eine aufmerksame, offene, respektvolle und empathische Einstellung zum Gesprächspartner und -thema, unterstützt eine gute Gesprächsatmosphäre und ist unabdingbare Voraussetzung für eine gelungene Kommunikation. Zuhören statt zu bewerten sowie der Versuch, die Sicht des Gesprächspartners zu verstehen, führen zu einem konstruktiven Austausch. Dabei kann es helfen, mit eigenen Worten zu wiederholen, was man vom Gesagten des Gegenübers verstanden hat.

Wenn sachliches Mitdenken unmöglich wird

Ärztliche Führungskräfte sollten sich darüber im Klaren sein, dass das Konzentrieren auf den Gesprächspartner und den Sachverhalt nur möglich ist, wenn die eigenen Themen, Gefühle oder Ängste und eine daraus resultierende eigene Anspannung nicht in den Vordergrund gelangen, selbst wenn der Gesprächspartner persönlich verletzendes Verhalten zeigt. Gelingt es, aktiv zuzuhören, wird es für den Gesprächspartner gerade in emotionalen Situationen möglich, sich zu beruhigen und zuzuhören. Gelingt dies nicht und ist die eigene Anspannung für den Gesprächspartner wahrnehmbar, besteht die Gefahr einer gestörten Kommunikation.

Nicht jeder Gesprächspartner ist in der Lage, angemessen mit schwierigen Botschaften umzugehen. Zeichen emotionaler Erregung können sich in der Veränderung von Tonlage oder Blickkontakt, aber auch der Körperhaltung oder Mimik zeigen. Fällt der Führungskraft ein solches Verhalten auf, kann sie den Gesprächspartner bitten zu formulieren, was ihn beunruhigt oder was er benötigt, um die Situation zu verbessern. Reagiert der Gesprächspartner sehr emotional und ist ein sachliches Mitdenken mitunter nicht mehr möglich, ist es oft besser, das Gespräch zu vertagen und zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen. Im Idealfall sollte gleich ein neuer Termin festgesetzt werden. Durch aktives und ruhiges Zuhören, Empathie und das Wahrnehmen emotionaler Veränderungen beim Gesprächspartner können selbst schwierige Situationen geklärt werden.

Gesprächsanlass auf jeden Fall im Auge behalten

Wenn sich ein Gespräch schwierig entwickelt, ist es Aufgabe der Führungskraft herauszufinden, worum es dem Gesprächspartner genau geht und ob man selbst auf das Arbeitsumfeld bezogen überhaupt etwas ändern kann. Dabei ist darauf zu achten, den Gesprächsanlass auf jeden Fall im Auge zu behalten. Keinesfalls dürfen die Erwartungen an den Gesprächsteilnehmenden aus Respekt vor einer emotionalen Reaktion verwässert werden.

Es ist wichtig, dass die ärztliche Führungskraft das Gesprächsziel verständlich vermittelt. Sobald dies geklärt ist, sollte sie das Interesse auf die Gedanken und Gefühle des Gesprächspartners legen. Gerade in schwierigen Situationen blockieren sich viele Menschen selbst. Das führt wiederum dazu, dass sie noch nervöser werden, was wiederum den Gesprächserfolg deutlich beeinträchtigt. Fällt dies der Führungskraft auf, gilt es Ruhe zu bewahren und im Ergebnis das Gespräch unter Kontrolle zu halten.

Neben einer angenehmen und gewohnten Umgebung mit einer adäquaten Sitzordnung ist es für die Gesprächsführung selbst ratsam, die Gesprächspartner ausreden zu lassen und sie nicht zu unterbrechen. Werden als Gesprächsziel Entscheidungen des Mitarbeitenden erwartet, so sollte die Führungskraft ihm dafür ausreichend Zeit geben. Sie sollte nicht auf eine Entscheidung im Gespräch drängen. Stattdessen sollten beide Gesprächspartner einen verbindlichen Termin zur Rückmeldung vereinbaren.

Verantwortung für positive Atmosphäre

Vor allem Führungskräfte haben also die Verantwortung für eine positive Gesprächsatmosphäre. Sie haben organisatorisch dafür Sorge zu tragen, dass Gespräche in einer ungestörten Atmosphäre und auf Augenhöhe stattfinden. Dabei ist gegenseitiger Respekt oberstes Gebot. Gerade bei schwierigen Themen sollte man auf den sonst üblichen Smalltalk verzichten.

Es ist zudem Aufgabe der Führung darauf zu achten, dass das Gespräch selbst den Kern des Problems aufgreift und sich nicht in Phrasen verläuft. Die Führungskraft ist gehalten, sich offen für die Argumente des Mitarbeitenden zu zeigen und je nach Gesprächsziel ergebnisoffen in das Gespräch zu gehen. Führungskräfte sollten sich jederzeit darüber im Klaren sein, dass es auch bei schwierigen Gesprächen nicht darum geht, Recht zu behalten, sondern ein zielführendes, bestenfalls einvernehmliches Ergebnis anzustreben.

Dtsch Arztebl 2022; 119(44): [2]

Die Autorin

Christiane Reuter-Herkner
Geschäftsführerin
indialogia GmbH
10407 Berlin

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