
In der modernen Arbeitswelt haben sich die Dynamiken der Bewerbungsgespräche und Einstellungsprozesse drastisch verändert. Ein Phänomen aus der Dating-Welt beschäftigt beispielsweise inzwischen auch immer häufiger Recruiterinnen und Recruiter: Das so genannte "Ghosting". Darunter versteht man den plötzlichen und unerklärlichen Abbruch des Kontakts seitens eines Bewerbenden während des Bewerbungsprozesses.
Laut einer Studie des international tätigen Personaldienstleisters Robert Half International aus dem Jahr 2020 gaben 28 Prozent der Befragten an, dass sie bereits mindestens einmal von einem Bewerbenden geghostet wurden. Zwei Jahre später veröffentlichte Marktforschungsinstitut Appinio eine Umfrage, die unter 400 befragten Recruiterinnen und Recruitern in Deutschland durchgeführt wurde. Etwa ein Viertel der Personalerinnen und Personaler (26 Prozent) erlebt das Problem des Ghostings mindestens einmal pro Woche. Bei fast jedem Zehnten (acht Prozent) reißt sogar täglich der Kontakt zu einem Bewerbenden abrupt ab. Insgesamt haben laut Umfrage bereits 90 Prozent der Befragten Erfahrungen mit Ghosting seitens der Bewerbenden gemacht.
Häufig endet der Austausch noch vor dem Bewerbungsgespräch (36 Prozent). Bei 53 Prozent der Befragten bleiben die Bewerbenden nach dem Vorstellungsgespräch unerwartet stumm. Selbst nach einer Zusage tritt das Ghosting-Phänomen bei 18 Prozent der Recruiterinnen und Recruiter auf, was dazu führt, dass neue Mitarbeitende am ersten Arbeitstag nicht erscheinen. Bei sieben Prozent der Befragten geschieht dies sogar ohne jede Vorwarnung. Besonders stark betroffen sind häufig Branchen wie Technologie, Gastgewerbe und Gesundheitswesen, wo der Arbeitskräftemangel besonders ausgeprägt ist.
Generation Z und Ghosting
Die Gründe für das Ghosting sind in der Regel vielfältig. Der aktuelle Jobmarkt bietet Bewerbenden viele Optionen und verringert somit ihre Loyalität zu einem einzelnen Bewerbungsprozess. Auch eine unklare Kommunikation seitens der Unternehmen, langwierige und undurchsichtige Bewerbungsprozesse sowie ein Mangel an Feedback können dazu führen, dass sich Jobsuchende zurückziehen. Nicht zuletzt können eine enttäuschende Unternehmenskultur oder schlechte Arbeitsbedingungen Bewerbende abschrecken.
Auffällig ist, dass besonders die Generation Z, also jene, die ab Mitte der 1990er bis Anfang der 2010er Jahre geboren wurden, im Fokus steht, wenn es um Ghosting geht. Untersuchungen deuten darauf hin, dass jüngere Bewerbende tendenziell eher zum Ghosting neigen als ältere Generationen. Dies kann verschiedene Gründe haben: Die Generation Z ist mit digitaler Kommunikation aufgewachsen, was zu einer gewissen Entfremdung im persönlichen Umgang führen kann. Zudem hat sie aufgrund des demografischen Wandels und der hohen Nachfrage nach jungen Talenten oft mehr Optionen und fühlt sich weniger verpflichtet, einen Bewerbungsprozess bis zum Ende zu verfolgen.
Umgang mit Ghosting
Bleibt die Frage, wie Personalerinnen und Personaler mit diesem Verhalten umgehen sollten. Für sie stellt Ghosting eine erhebliche Herausforderung dar, weil es nicht nur Zeit und Ressourcen kostet, sondern auch die Planungssicherheit beeinträchtigt. Expertinnen und Experten empfehlen jedoch verschiedene Strategien, um Ghosting möglichst zu vermeiden.
1. Kommunikation optimieren
Bewerbende sollten sich wertgeschätzt fühlen, dann sind sie eher geneigt, den Bewerbungsprozess bis zum Ende zu durchlaufen. Darum ist eine klare, transparente und regelmäßige Kommunikation wichtig. Krankenhäuser sollten daher eine proaktive Kommunikation anstreben, die Bewerbenden den Stand ihrer Bewerbung mitteilt und ihnen das Gefühl gibt, im Prozess eingebunden zu sein.
2. Erwartungsmanagement
Klare Erwartungen zu Beginn des Bewerbungsprozesses zu setzen, kann ebenfalls hilfreich sein. Den Arbeitssuchenden kann das am besten durch die Weitergabe von Informationen über den Ablauf des Bewerbungsprozesses sowie über die Dauer und die jeweiligen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner vermittelt werden. So erhalten die Bewerbenden einen Eindruck, was sie erwartet und wie lange der Prozess dauern wird.
3. Technologie nutzen
Der Einsatz moderner Bewerbermanagementsysteme ist ein hilfreiches Tool, um Ressourcen zu sparen, aber auch um den Überblick zu behalten und sicherzustellen, dass keine Bewerbungen unbeantwortet bleiben. Zudem halten automatisierte E-Mails und regelmäßige Updates Bewerbende auf dem Laufenden – und im Idealfall bei der Stange.
4. Unternehmenskultur und Werte kommunizieren
Krankenhäuser sollten den Wert einer starken Unternehmenskultur und die Vermittlung von klare Werten nach außen nicht unterschätzen. Immer mehr Menschen legen auf solche Aspekte Wert und fühlen sich in der Folge eher dazu motivieren, den Bewerbungsprozess ernst zu nehmen und sich stärker an das Unternehmen zu binden. Hier spielt Social-Media eine entscheidende Rolle. Durch entsprechende Kampagnen können Krankenhäuser authentische Einblicke in den Arbeitsalltag geben. Außerdem eigenen sich die Kanäle für eine transparente Kommunikation nach außen.
5. Feedbackkultur fördern
Eine Kultur, die regelmäßiges Feedback schätzt und pflegt, kann Ghosting ebenfalls entgegenwirken. Wenn Bewerbende das Gefühl haben, dass ihre Rückmeldungen ernst genommen werden und sie selbst wertvolles Feedback erhalten, sind sie eher bereit, den Kontakt aufrechtzuerhalten.
Ghosting von Bewerbenden ist ein wachsendes Problem, das besonders in Branchen mit hoher Fluktuation und bei der Generation Z häufiger auftritt. Personalerinnen und Personaler müssen sich mit den Mechanismen dahinter beschäftigen und Strategien entwickeln, um dem entgegenzuwirken. Dabei hilfreich sind eine verbesserte Kommunikation, klare Erwartungsmanagement, der Einsatz moderner Technologien und die Pflege einer starken Unternehmenskultur. Es ist wichtig, Bewerbende von Anfang an einzubinden und ihnen das Gefühl zu geben, dass ihre Bewerbung geschätzt wird. Nur so kann Ghosting effektiv minimiert und ein reibungsloser Bewerbungsprozess sichergestellt werden.