Arbeitgeberwechsel: So gelingt der erfolgreiche Start in die neue Führungsposition

21 September, 2021 - 09:18
Christiane Reuter-Herkner
Illustrierte Icons vor einem Arzt im blauen Kittel

Die Klinik zu wechseln, bedeutet nicht nur, mit einem neuen Team und neuen Vorgesetzten konfrontiert zu sein, sondern auch mit neuen Strukturen, Aufgaben und Herausforderungen. Um diesen nachhaltig zu begegnen, sollten Führungskräfte aktiv und strukturiert vorgehen.

Ein erfolgreicher Start fängt nicht erst am ersten Arbeitstag an, sondern bereits vor dem Absenden der Bewerbung. So ist es notwendig, sich über die eigenen Wechselmotive und Erwartungen an die neue Stelle klar zu werden. Um sich auf das Bewerbungsgespräch vorzubereiten, bedarf es der Überlegung, was man selbst über die Aufgaben, die Arbeitsorganisation, das Team und die Vorgesetzten erfahren will. Wichtig ist, konkret eigene Erwartungen an die neue Stelle und das Unternehmen zu äußern.

Zwei Rollen: Mitarbeitende und Vorgesetzte

Darüber hinaus stehen neue Führungskräfte vor besonderen Herausforderungen. Sie haben gleich zwei Rollenerwartungen zu erfüllen: einerseits als Mitarbeitende, andererseits als Vorgesetzte eines etablierten Teams. Wichtig ist, dass sie sich dieser beiden Rollen, in denen sie sich beweisen müssen, bewusst sind. Dazu müssen sie die an sie gesetzten Erwartungen ihrer Vorgesetzten sowie Zielvorgaben und Handlungs- und Entscheidungsspielräume kennen.

Gerade neue Führungskräfte stehen, je nach Stellung im Unternehmen, ganz besonders im Fokus. Denn sie prägen die Arbeitsbedingungen in der Klinik und die berufliche Entwicklung ihrer Mitarbeitenden in erheblichem Maße, auch die Zusammenarbeit an den Schnittstellen. So ist beispielsweise der Start neuer Chefärztinnen oder Chefärzte meistens mit neuen medizinischen Schwerpunkten verbunden. Diese wirken sich wiederum potenziell auf die abteilungs- und berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit und Ressourcenverteilung sowie auf die Weiterbildung aus.

Eigenmarketing – am besten vor Dienstantritt

Die Zeit vom Bekanntwerden der Auswahl einer neuen Führungskraft bis hin zu den ersten einhundert Tagen im Unternehmen sind nicht nur für die „Neuen“ eine prägende Zeit, sondern vor allem auch für die Mitarbeitenden. Die offizielle Kommunikation und die entstehende Gerüchteküche in der Zeit vor dem Start legen den Grundstein für die künftige Zusammenarbeit. Diese Zeitspanne sollte jede neue Führungskraft aktiv für sich nutzen und Eigenmarketing betreiben, bestenfalls sogar vor Dienstantritt. In persönlichen Gesprächen zu Aufgaben- und Verantwortungsbereichen so wie Zielen und Wünschen der Mitarbeitenden und dem Aufzeigen von Perspektiven können sie um deren Mitarbeit und Loyalität werben. Unerlässlich ist, die Erfahrungen und die Bewahrung des Organisationswissens insbesondere der langjährig Beschäftigten zu berücksichtigen. Das zollt Respekt und schafft Vertrauen.

Neue Führungskräfte müssen sich bewusst machen, dass ihr Erfolg zwar auch vom eigenen beruflichen Können und der Situation vor Ort abhängt. Insbesondere hängt ihr Erfolg aber auch mit dem Vorgänger zusammen. So müssen sie schon vor Dienst-antritt mit Widerständen rechnen, vor allem, wenn es für die Position hausinterne Mitbewerbende gab oder wenn vielschichtige Veränderungen bevorstehen. Sie müssen wissen, wie der Wechsel kommuniziert wurde. Mitarbeitende nehmen den Wechsel einer langjährigen Führungskraft aufgrund einer altersbedingten Fluktuation anders wahr als beispielsweise wiederholt unschöne Wechsel mehrerer Führungskräfte in der Vergangenheit. Das sind immer Situationen, in der Mitarbeitende Führung nicht als Konstante wahrnehmen konnten und sie faktisch gezwungen waren, das Tagesgeschäft selbst zu steuern. Auch der Auftrag an die neue Führungskraft, ob eine erfolgreiche Weiterführung des Bestehenden oder ein zeitlich eng gesteckter struktureller, kultureller oder technischer Transformationsprozess, beeinflusst die inoffizielle Kommunikation und das Verhalten der Mitarbeitenden erheblich.

Rechtzeitig mit dem Team befassen

Aus dem Kreis des Teams gibt es immer diejenigen, die sich auf einen Neustart unter neuer Führung freuen, diesem offen begeg-nen und die in der Lage sind, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Doch gibt es auch immer diejenigen, die der vorherigen Führung nachtrauern. Insoweit ist es für neue Führungskräfte hilfreich, sich rechtzeitig mit dem Team zu befassen, mit den Ängsten und Wünschen der Mitarbeitenden, der Historie und der Zukunft. Wie im Veränderungsprozess gilt es, Bewährtes zu würdigen und zu halten. Aus der Perspektive der Mitarbeitenden gilt es, unklare Themen zu benennen und Antworten auf mögliche Fragen zu finden. Ein frühzeitiges persönliches Vorstellen und Präsentieren der geplanten Ausrichtung, das Angebot Fragen zu beantworten und zum Mitmachen und Mitdenken einzuladen, nehmen Mitarbeitende allgemein positiv auf, auch reduziert es die Gerüchteküche. Vorsicht ist allerdings geboten, frühzeitig Versprechen einzugehen, die Führungskräfte dann möglicherweise nicht einhalten können.

Auf positive Resonanz stößt zudem, eigene Vorstellungen, formale Entscheidungsspielräume und Entscheidungsprozesse, die mit der neuen Position und Tätigkeit verbunden sind, transparent zu kommunizieren. Gerade die strategische Neuausrichtung gehen neue Führungskräfte häufig ohne das nötige Feingespür an. Im Vorfeld ist es hilfreich, sich ein kurzes Briefing über die internen Strukturen und das interne Regelwerk einzuholen. Gerade für Führungskräfte ist es sinnvoll, sich über formelle und infor-melle Strukturen, Erwartungen, unternehmensspezifische Werte und Regeln zu informieren.

Kennenlerngespräche mit allen Mitarbeitenden

Sofern noch nicht vor dem ersten Arbeitstag organisiert, ist es für die neue Führungskraft wichtig, kurzfristig Termine zu Kennenlerngesprächen mit allen Mitarbeitenden zu vereinbaren. Dadurch gelingt es, eine persönliche Beziehung aufzubauen sowie die Erwartungshaltungen und Stärken der Mitarbeitenden kennenzulernen und Ideen abzufragen. Ratsam ist, mit allen ins Gespräch zu kommen. So können neue Führungskräfte von deren Organisationswissen profitieren. Bei abteilungsübergreifenden Schnittstellen macht es ebenfalls Sinn, sich auch dortigen Ansprechpartnern vorzustellen und deren Erwartungshaltung an die Zusammenarbeit abzufragen.

Dtsch Arztebl 2021; 118(38): [2]

Die Autorin:

Christiane Reuter-Herkner
Geschäftsführerin
indialogia GmbH
10407 Berlin

Das könnte Sie auch interessieren: