Finanzplanung: „Ärztinnen und Ärzte kümmern sich oft zu wenig um ihr Geld“

19 März, 2021 - 08:24
Stefanie Hanke
Finanzexperte Robert Gimm
Robert Gimm ist selbstständiger Finanzexperte in Jena und hat sich auf die Beratung von Ärztinnen und Ärzten spezialisiert.

Viele Ärztinnen und Ärzte gehören  verglichen mit den meisten anderen Berufen zu den Besserverdienern in Deutschland. Aber was machen sie mit ihrem Geld? Geldanlagen sind ein Thema, mit dem sich Mediziner oft zu wenig beschäftigen – das ist die Erfahrung des Finanzberaters Robert Gimm. Im Interview verrät er, worauf Sie bei der Finanzplanung achten sollten.

Herr Gimm, Sie haben sich als Finanzberater unter anderem auf Ärztinnen und Ärzte spezialisiert. Brauchen denn Mediziner eine andere Finanzberatung als Menschen mit anderen Berufen?

Robert Gimm: Ärzte brauchen eigentlich keine andere Beratung als andere Anleger auch. Wichtig ist, dass sie fair und ehrlich beraten werden. Ich habe viele Mediziner in meiner Familie und in meinem Freundeskreis – und etliche davon haben die Erfahrung gemacht, dass irgendwelche „Finanzheinis“ ihnen einfach irgendetwas verkaufen wollen. Ärzte gelten als finanzstarke Kunden – und viele Berater sind vor allem auf die guten Provisionen aus. In einer guten Beratung sollte es darum gehen, den Kunden individuell zu betreuen und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen – egal, ob es eine Ärztin ist oder ein Maler.

Woran erkennt man eine seriöse Finanzberatung?

Robert Gimm: Wichtig ist, dass die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden im Zentrum stehen und nicht die des Beraters. Das heißt: Ein seriöser Berater nimmt sich auch mehrere Termine Zeit, den Arzt oder die Ärztin richtig kennenzulernen und drängt nicht auf einen schnellen Vertragsabschluss. Am Anfang sollte es darum gehen, über die individuellen Wünsche und Ziele zu sprechen. Manche wünschen sich beispielsweise eine Immobilie als Kapitalanlage, andere wollen sich mit einer eigenen Praxis selbstständig machen. Eine seriöse Finanzberatung sollte sich an diesen Zielen orientieren. Und es ist auch wichtig, dass es menschlich passt. Ehrlichkeit, Vertrauen und Sympathie sind da sehr wichtig.

Sie haben die Erfahrung gemacht, dass gerade Ärztinnen und Ärzte sich zu wenig um ihre Finanzen kümmern. Woran liegt das?

Robert Gimm: Man kann da natürlich nicht alle über einen Kamm scheren. Aber die Situation der Mediziner ist ja schon außergewöhnlich: Sie haben ein sehr langes und aufwendiges Studium hinter sich, in dem sie in der Regel nur wenig Geld zur Verfügung haben. Als Berufseinsteiger steigt das Gehalt dann verhältnismäßig schnell an. Viele junge Ärzte sind mit diesem Sprung bei ihren finanziellen Möglichkeiten überfordert. Außerdem ist der Arztberuf natürlich stressig – da haben die meisten weder Zeit noch Lust, sich auch noch um die Finanzen zu kümmern. Gleichzeitig gibt es ein Überangebot an Finanzdienstleistungen. Da ist es für Laien schwierig, sich einen Überblick zu verschaffen und seriöse von unseriösen Anbietern zu unterscheiden. Viele lassen es dann ganz sein.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um mit der Finanzplanung anzufangen? Und was sind die ersten Schritte?

Robert Gimm: Am besten fängt man direkt mit dem ersten Gehalt damit an – dafür ist es nie zu früh. Denn auch wenn man von einem Einstiegsgehalt als Assistenzarzt schon ganz gut leben kann, sollte man auch schon in die Zukunft schauen. Wer früh mit der Finanzplanung anfängt, kann die Grundlage für ein entspanntes Leben schaffen. Vermögensplanung ist im Grunde Lebensplanung. In der Analyse am Anfang der Beratung wird festgestellt, welche Fixkosten und flexiblen Kosten der Kunde hat. Das ist für viele Berufseinsteiger gut – denn wer plötzlich viel mehr Geld zur Verfügung hat, muss auch erst lernen, damit umzugehen und nicht über seine Verhältnisse zu leben.

Was empfehlen Sie in dieser Situation?

Robert Gimm: Eine gute Idee, um den Überblick zu behalten, ist ein Zwei-Konten-Modell. Auf das erste Konto geht das Gehalt ein und die Fixkosten wie Miete, Versicherungen etc. werden abgebucht. Dann gibt es noch ein zweites Konto: Das ist das Konsumkonto. Der Arzt entscheidet sich für eine bestimmte Summe, die er sich selbst auf dieses zweite Konto überweist. Dieses Geld kann er nach Lust und Laune ausgeben. Und wenn das Konto dann nach vier Wochen leer ist, ist auf dem Hauptkonto vermutlich noch etwas gespart. Das hilft sehr dabei, nicht den Überblick zu verlieren.

Worauf kommt es beim Sparen an?

Robert Gimm: Ich empfehle, in drei verschiedenen Dimensionen zu sparen. Einmal kurzfristig – das sind die liquiden Mittel, zum Beispiel auch für den nächsten Urlaub. Das mittelfristige Sparen zielt auf die größeren Träume, etwa die eigene Praxis oder eine Immobilie. Und langfristig ist natürlich auch die Altersvorsorge ein Thema. Das sollte man auch schon beim Berufseinstieg im Blick haben.

Was ist Ärztinnen und Ärzten in finanzieller Hinsicht wichtig?

Robert Gimm: Für viele ist es ein wichtiges Thema, Steuern zu sparen – gerade bei den hohen Einkommen, beispielsweise mit einem Chefarzt-Gehalt. Außerdem wünschen sich Ärztinnen und Ärzte oft eine oder mehrere Immobilien als Kapitalanlage. Die meisten wollen auch, dass ihre Familien vernünftig abgesichert sind. Da geht es dann um Themen wie Unfall- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen. Auch diese Themen spielen bei der Finanzberatung ja eine wichtige Rolle.

Welche Anlagekonzepte eignen sich für Ärztinnen und Ärzte besonders?

Robert Gimm: Gut ist ein Mix aus verschiedenen Geldanlagen: Immobilien, Aktien, verschiedene Fonds oder Sparpläne, aber auch Edelmetalle. Was zu wem passt, hat etwas mit den jeweiligen Wünschen und der Risikobereitschaft zu tun. Wichtig ist, dass die Geldanlagen dynamisch und flexibel bleiben und sich an verschiedene Situationen anpassen lassen. Denn im Leben kann sich schnell etwas ändern: Wenn sich die Karriere entwickelt, steigt das Einkommen. Aber natürlich kann sich auch die familiäre Situation verändern, wenn Kinder geboren werden, bei einem Umzug oder wenn es im schlimmsten Fall zu einer Scheidung kommt. Das alles hat natürlich Auswirkungen auf die finanzielle Situation und sollte bei den Geldanlagen berücksichtigt werden.
 


Der Experte:

Robert Gimm ist selbstständiger Finanzexperte in Jena. Er hat sich dabei auf die Beratung von Ärztinnen und Ärzten spezialisiert. Dabei berät er sowohl angestellte als auch niedergelassene Mediziner.

Kontakt: E-Mail: robertgimm@gmx.de, Telefon: 01590-1915412

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