Prof. Dr. Erlacher: „Die Kinder- und Jugendmedizin ist bunt und abwechslungsreich“

10 Oktober, 2024 - 07:34
Dr. Sabine Glöser
Köpfe und Karriere: Prof. Dr. Miriam Erlacher
Prof. Dr. med. Miriam Erlacher ist seit 15. April 2024 Ärztliche Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Ulm.

Über wichtige Erfahrungen, gewonnene Einsichten und ausgefallene Wünsche spricht aerztestellen.de mit erfolgreichen Ärztinnen und Ärzten. Dieses Mal stellt sich Prof. Dr. med. Miriam Erlacher unseren Fragen. Sie ist seit 15. April 2024 Ärztliche Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Ulm.

Frau Professorin Erlacher, warum eigentlich sind Sie Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin geworden?

Prof. Dr. Miriam Erlacher: Dass ich gern mit Kindern und Jugendlichen arbeite, weiß ich schon seit meinem Studium. Andere Fächer sind für mich aus diesem Grund eigentlich nie in Frage gekommen. Durch die großen Entwicklungsschritte, die ein Neu- oder sogar Frühgeborenes auf dem Weg zum Erwachsenenalter durchmacht, und durch die ganz unterschiedlichen medizinischen und psychosozialen Bedürfnisse der verschiedenen Altersstufen wird der Beruf bunt und abwechslungsreich. Auch die vielen unterschiedlichen Fachbereiche, die wir abdecken, machen das Fach ausgesprochen spannend und vielseitig. Für den Schwerpunkt pädiatrische Hämatologie und Onkologie habe ich mich entschieden, weil mich die zugrundeliegenden Erkrankungsmechanismen und die rasche Entwicklung in Diagnostik und Therapie in diesem Gebiet faszinieren und mir die Betreuung von chronisch kranken Menschen besonders am Herzen liegt.

Was ist für Sie unabdingbar, damit Sie gut arbeiten können?

Prof. Dr. Miriam Erlacher: Das Wichtigste sind gute, motivierte Mitarbeitende, die Freude daran haben, Projekte voranzutreiben und die sich gegenseitig befruchten. Ich selbst brauche aber auch Gestaltungsfreiraum und Zeitfenster, in denen ich allein über Probleme und Lösungsmöglichkeiten nachdenken kann.

Wie lautet der beste Rat, den Sie auf Ihrem Karriereweg bekommen haben?

Prof. Dr. Miriam Erlacher: Wahrscheinlich war der Rat meiner früheren Chefin, Frau Prof. Charlotte Niemeyer aus Freiburg der beste: „Think big!“ war ihr Motto und ihre Herangehensweise an Probleme. Ich hoffe, das auch so umsetzen zu können.

Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?

Prof. Dr. Miriam Erlacher: Ehrlichkeit, Geradlinigkeit und eine menschenfreundliche Grundhaltung sind mir wichtig, sowohl im beruflichen als auch privaten Umfeld.

Was treibt Sie an?

Prof. Dr. Miriam Erlacher: Mich treibt einerseits der Wunsch an, Hintergründe zu verstehen, andererseits möchte ich Dinge verändern und optimieren, zum Beispiel Therapieansätze. Das ist sicherlich der Grund, warum ich mich früh für eine Clinician Scientist Karriere entschieden habe. Es ist mein Traum, irgendwann eigene wissenschaftliche Erkenntnisse in den klinischen Alltag zu bringen. Allerdings wissen alle, die Forschung machen, wie schwierig das ist.

Mit wem würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?

Prof. Dr. Miriam Erlacher: Mit den Biontech-Gründern Uğur Şahin und Özlem Türeci, die es zum richtigen Zeitpunkt und in kurzer Zeit geschafft haben, einen Covid-Impfstoff zu entwickeln und bis zur Zulassung zu bringen – obwohl ihre eigentliche Expertise in der onkologischen Immuntherapie lag.

Was raten Sie jungen Ärztinnen und Ärzten?

Prof. Dr. Miriam Erlacher: Lasst Euch nicht entmutigen, wenn Dinge nicht so laufen, wie Ihr es Euch vorgestellt habt. Jede Durststrecke geht irgendwann vorbei. Und verliert nie den Anspruch an Euch selbst, qualitativ hochwertige Arbeit zu leisten.

Wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance?

Prof. Dr. Miriam Erlacher: Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden, ein gutes Buch, gute Musik, eine schöne Reise oder Wanderung. Auch wenn die Zeit dafür manchmal knapp ist, gibt mir das viel Kraft und neue Energien für den beruflichen Alltag.

Woran mangelt es dem deutschen Gesundheitssystem?

Prof. Dr. Miriam Erlacher: Darauf gäbe es viele Antworten. Ich möchte aber besonders auf die mangelnde Innovation in der Pädiatrie hinweisen. Strenge regulatorische Auflagen und wenig finanzieller Spielraum erschweren die Durchführung früher klinischer Studien für Kinder und Jugendliche. Als Folge werden neue Therapieansätze oft erst mit einiger Verzögerung in Deutschland angeboten.

Wann sind Sie glücklich?

Prof. Dr. Miriam Erlacher: Wenn Probleme sich unerwarteterweise von allein lösen.

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