
Die Krankenhäuser stehen vor großen Herausforderungen, die auch Ärztinnen und Ärzte persönlich betreffen. Wachsende Anspannung wirkt sich auf das Team sowie die Zusammenarbeits- und Fehlerkultur aus. Dies stellt Mitarbeitende und insbesondere Führungskräfte vor besondere Herausforderungen.
Unsichere Zeiten sind nicht nur aus wirtschaftlicher, sondern vor allem aus psychologischer Sicht herausfordernd. Als Kernaufgabe für Führungskräfte bedeutet dies, Orientierung zu schaffen und Sicherheit zu vermitteln. Auch wenn Führungskräfte sich selbst häufig mit widersprüchlichen Anforderungen konfrontiert sehen: Patienten erwarten eine professionelle Versorgung, Mitarbeitende suchen Sicherheit und Kontinuität und das Management fordert wirtschaftliches Handeln. Selbst unter Druck stehend bedeutet dies für Führungskräfte, dem Team die erforderliche Sicherheit zu geben.
Transparente Kommunikation und Entscheidungen
Basis für den Erfolg von Führung sind Kommunikation, Transparenz, Dialog, Vertrauen und zeitnahes Feedback sowie eine Kultur, in der Fehler offen und konstruktiv besprochen werden, um aus ihnen zu lernen. Besonders, aber nicht nur für Mitarbeitende der Generation Z und Millennials, bedeuten Transparenz und Dialog, über die eigene Zukunft mitzuentscheiden. Tatsächlich wird Führung im medizinischen Arbeitsalltag allerdings eher über die Übernahme von Verantwortung für das medizinische Tagesgeschäft wahrgenommen als über das persönliche Führen und Begleiten der den Führungskräften zugeordneten Ärztinnen und Ärzte.
Vor allem in unsicheren Zeiten ist es wichtig, dass Führungskräfte ihren Blick auf die Menschen ihres Teams, auf ihre Sorgen, Bedürfnisse nach Sicherheit, ihre Motivationen und Befindlichkeiten, legen, ohne dabei den wirtschaftlichen Erfolg aus den Augen zu verlieren. Es bedarf einer klaren Führung, die in einem Klima der Zusammenarbeit mit gesteigerter Arbeitsqualität und -quantität, zielgruppenorientierter Kommunikation und letztlich mehr Erfolg sichtbar wird. Entscheidend ist die Passung zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft, die sich vor allem im Vertrauen der Mitarbeitenden in die Führungskraft zeigt. Eine transparente Kommunikation und Entscheidungsfindung, das Gefühl von Gerechtigkeit und eine Beteiligung an Entscheidungsprozessen sind dabei wesentlich.
Voraussetzung für die Vermittlung von Sicherheit ist ein gelebtes Wirgefühl, eine von jedem einzelnen Teammitglied durchaus unterschiedlich wahrgenommene Zusammenarbeitskultur. Eine sicherheitsgebende Vertrauenskultur fußt auf bisher gemachten Erfahrungen im Miteinander. Sie ist geprägt durch die Haltung der Führungskraft und ein berechenbares Verhalten. Regeln, die heute gelten, sollten auch morgen noch Bestand haben und für alle gleichermaßen gelten, für das Team und die Führung selbst.
Vertrauen in die Führungskraft
Maßgeblich für Vertrauen in die Führungskraft als Basis für neue Wege in unsicheren Zeiten sind:
- situations- und zielgruppengerechte Kommunikation,
- transparente Entscheidungen und die Beteiligung des Teams an der Entscheidungsfindung,
- konstruktive Fehlerkultur in Verbindung mit der Delegation von Verantwortung, aber auch der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen,
- Fokussieren auf Lösungen anstatt Schuldzuweisungen und
- eigene Bereitschaft, Veränderungen mitzugehen und zu gestalten.
Auch wenn die Wirkung nicht sofort eintritt, ist es nie zu spät, das eigene Führungsverhalten zu reflektieren und situationskonform anzupassen. Eine situations- und zielgruppengerechte Kommunikation umfasst Offenheit, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und Transparenz. In unsicheren Zeiten bedeutet dies, mögliche oder teils auch unausweichliche Szenarien klar und deutlich und vor allem unmissverständlich anzusprechen. Ein Leugnen oder Verschweigen dieser würde Misstrauen in die Führung schüren und zu einem Vertrauensverlust des gesamten Teams führen.
Konstruktives Lernumfeld und offene Fehlerkultur
Eine offene Fehlerkultur ist wesentlich für das Vertrauen in Führung und Teams sowie auch zwischen den Mitgliedern des Teams. Vertrauen entsteht in der Gewissheit, sich vor anderen Fehler einzugestehen und offen kommunizieren zu können, ohne Sanktionen zu befürchten. Gerade in unsicheren Zeiten ist es eine Aufgabe der Führungskraft, darauf zu achten, dass eine offene Fehlerkultur erhalten bleibt und nicht aus der Sorge vor der Zukunft unberechtigte Schuldzuweisungen entstehen bis hin zum Denunziantentum. Gerade das frühe und rechtzeitige Eingestehen von Fehlern führt zu einer zeitnahen Lösungsfindung.
Seitens der Führungskraft geht es darum, ein konstruktives Lernumfeld zum Ausprobieren sowie eine konstruktive Fehlerkultur zu gestalten und mit gutem Beispiel voranzugehen. Nicht zuletzt, indem sie aktiv Veränderungsprozesse anstößt, sich an diesen beteiligt und umsetzt. Es gilt, das Team dazu zu befähigen, die aktuellen Herausforderungen im Umgang mit unsicheren Beschäftigungsperspektiven und prozessualen Veränderungen professionell und gestalterisch zu vollziehen.
Gemeinsam im Team Lösung erarbeiten
So gibt eine transparente Kommunikation von Szenarien die Möglichkeit, die Mitarbeitenden einzubinden. Durch das Einbringen verschiedener Perspektiven können die Szenarien weiterentwickelt und konkretisiert werden. Beispielsweise können Führungskräfte gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden idealerweise berufsgruppenübergreifend erarbeiten, wie sie sich angesichts der Ambulantisierung elektiver Leistungen eines Fachgebietes auf Themen wie Arbeitsorganisation, Personaleinsatzplanung und ärztliche Weiterbildung fokussieren können. So können geeignete Ideen und Wege der Ärztinnen und Ärzte einbezogen und gemeinsam im Team die beste Lösung gefunden werden.
Die ärztliche Führungskraft kann dem Management eine Entscheidungsgrundlage vorlegen, die für verschiedene Szenarien vielfältige Perspektiven und Informationen umfasst, die die Sichtweisen des Controllings ergänzt und auf deren Basis entschieden werden kann. Durch eine aktive Einbindung in die Zukunftsgestaltung fühlen sich die Mitarbeitenden wertgeschätzt. Vor allem wird ihnen damit die Möglichkeit des Verstehens gegeben, sodass sie selbst Managemententscheidungen besser nachvollziehen können.
Dtsch Arztebl 2025; 122(2): [2]
Die Autorin
Christiane Reuter-Herkner
Geschäftsführerin
indialogia GmbH
10407 Berlin