Personalentwicklung: Gefragt sind überfachliche Kompetenzen

2 Mai, 2023 - 07:35
Petra Schubert
Personalsuche, Symbolbild

Idee und Ziel der überfachlichen Personalentwicklung ist, Ärztinnen und Ärzte dabei zu unterstützen, die vielfältigen Herausforderungen im Klinikalltag zu bewältigen. Inzwischen haben die Kliniken die Wichtigkeit dieser Kompetenzen als wesentlichen Erfolgsfaktor erkannt.

Wenn man vor etwa zehn Jahren von Personalentwicklung im ärztlichen Dienst sprach, fokussierten die Verantwortlichen in Kliniken die fachliche Entwicklung und die fachliche Karriere. Zum damaligen Zeitpunkt standen „überfachliche“ Kompetenzen noch nicht im Vordergrund. Inzwischen liegt der Fokus nicht nur auf der fachlichen, sondern auch auf der überfachlichen Personalentwicklung. Gemeint sind damit Kompetenzen wie Kommunikation, Kooperation, Konfliktmanagement, aber auch Verantwortungsbewusstsein.

Gutes Miteinander als wichtiger Erfolgsfaktor

Die überfachliche Personalentwicklung tritt immer mehr in den Vordergrund, da die Verantwortlichen die Wichtigkeit dieser Kompetenzen erkannt haben. So ist eine gute Zusammenarbeit und ein gutes Miteinander wesentlicher Erfolgsfaktor für den reibungslosen Ablauf der Patientenversorgung, die Arbeitgeberattraktivität und die Bindung von Mitarbeitenden. Gerade in Zeiten, in denen die Belastung der Ärztinnen und Ärzte sowie der Pflegekräfte hoch ist, wird der Umgang miteinander stressbedingt schwieriger. Wie man miteinander umgeht, hängt vor allem von den überfachlichen Verhaltensweisen und Eigenschaften der Beteiligten ab, meist weniger von den fachlichen Kompetenzen.

30.03.2025, MVZ-Neuropsychiatrie GmbH
Hamburg
29.03.2025, German Medicine Net
Zürich

Um eine gezielte überfachliche Personalentwicklung zu gewährleisten, ist es wichtig, ein Ziel zu haben, in welche Richtung sich die Mitarbeitenden entwickeln sollen. Dazu dient ein Abgleich des Anforderungsprofils, also der notwendigen Verhaltensweisen und Eigenschaften, mit dem aktuellen Verhalten. Beispiel: Mitarbeitende sollten auch in stressigen Phasen ruhig und respektvoll miteinander umgehen. Falls das nicht der Fall ist, kann eine Schulung zum Umgang mit Belastungen hilfreich sein. Notwendige Verhaltensweisen und Eigenschaften können sein: Analysevermögen, organisatorisches Denken und Handeln, Ergebnis- und Lösungsorientierung, Kommunikation und Kooperation, aber auch Patientenorientierung, Verantwortungsbewusstsein, Belastbarkeit und Flexibilität. Geht es um ärztliche Führungskräfte, können notwendige Eigenschaften sein: Mitarbeiterorientierung, aber auch das Fördern und Fordern der Mitarbeitenden.

Festlegen eines klar definierten Prozesses

Um die Entwicklungsnotwendigkeit zu definieren, sollten die Beteiligten einschätzen, welche Eigenschaften und Verhaltensweisen Mitarbeitende gut erfüllen, welches also ihre Stärken sind, und in welcher Hinsicht es Entwicklungsbedarf gibt. Diese Einschätzung sollten Vorgesetzte und Mitarbeitende gemeinsam reflektieren, sofern ein Anforderungsprofil definiert wurde. Allerdings kann auch ein situatives Erleben zu dieser Einschätzung führen. Beispiel: Ein Chefarzt hat mitbekommen, dass sich einer seiner Fachärzte in bestimmten Situationen in der Zusammenarbeit mit der Pflege umständlich und zwischenmenschlich missverständlich ausdrückt. Empfehlen würde sich in solchen Fällen eine überfachliche Personalentwicklungsmaßnahme mit dem Fokus auf „Kommunikation mit anderen Berufsgruppen“.

Um die überfachlichen Entwicklungsmaßnahmen nutzen zu können, ist es wichtig, dass zuvor ein klar definierter Prozess festgelegt wurde. Er sollte beschreiben, wer wen für eine Entwicklungsmaßnahme anmeldet, welche Maßnahmen genutzt werden können und wer für die Organisation der Maßnahmen zuständig ist. In vielen Krankenhäusern melden Vorgesetzte die Mitarbeitenden zu Entwicklungsmaßnahmen an, nachdem die Inhalte abgestimmt wurden. Die koordinierende Stelle ist meist die Personalabteilung oder die Abteilung der Personalentwicklung. Die koordinierende Stelle sammelt alle Teilnehmenden, die eine bestimmte Maßnahme besuchen wollen und organisiert diese.

Entwicklungsmaßnahmen sind keine Incentives

Ziel einer Entwicklungsmaßnahme ist grundsätzlich, Mitarbeitende zu unterstützen. Sie ist kein Incentive und nicht als Bonus zu verstehen, sondern als Maßnahme, damit Betroffene ihre jeweiligen Aufgaben und Herausforderungen im Arbeitsalltag besser erledigen können. Einige Beispiele sollen das Vorgehen, den Prozess, aber auch die Inhalte verdeutlichen:

28.03.2025, Deutsche Personal- und Praxisvermittlungsagentur DEPVA GmbH
Zürich

  • Eva Müller, Fachärztin, gerät mit einer bestimmten Pflegekraft in Diskussion. Man hat das Gefühl, dass beide Machtkämpfe austragen und Recht behalten wollen. In diesem Fall sollte der Vorgesetzte mit Eva Müller sprechen, die Hintergründe der Situation erfassen und gemeinsam überlegen, wie die Situation verbessert werden kann. Hilfreich wäre entweder ein Seminar zum Umgang mit Konflikten oder ein gemeinsames Coaching von Eva Müller und der Pflegekraft, um die Zusammenarbeit zu stärken. Coachings eignen sich gut, wenn mehrere Mitarbeitende beteiligt sind, um ein gemeinsames Ziel zu bearbeiten und zu erreichen.
     
  • Ralf Schmidt, Assistenzarzt, erhält in der Reflexion des Anforderungsprofils von seiner Vorgesetzten die Rückmeldung, noch stärker auf seine Organisation und sein Selbstmanagement zu achten. Im Alltag erledigt er seine Aufgaben oft umständlich und langwierig, teils verdreht er die Prioritäten. Nach der Reflexion sollte die Vorgesetzte ihn für eine Entwicklungsmaßnahme im Zeit- und Selbstmanagement anmelden. Nach dem besuchten Seminar sollten beide gemeinsam besprechen, welche Erkenntnisse der Assistenzarzt gewonnen hat und wie er diese umsetzen kann und will.
     
  • Lukas Schulze besitzt eine besondere Stärke im Umgang mit anderen Menschen. Dies hat der leitende Oberarzt der Abteilung schon häufiger beobachtet. Sowohl im Umgang mit der Pflege als auch mit Patienten ist er ein angenehmer und viel geschätzter Partner. Zunächst sollte der leitende Oberarzt diese Erkenntnis Lukas Schulze mitteilen und danach auch dessen Chefarzt rückmelden, um eine Entwicklung anzustoßen. Beispielsweise würde sich anbieten, Lukas Schulze zu fördern, damit er künftig Personalverantwortung übernehmen kann, sofern es seine fachlichen Fähigkeiten erlauben. Dazu bietet sich ein Führungskräfte-Entwicklungsprogramm an, um ihn zum Personal-Oberarzt oder leitenden Oberarzt auszubilden und seine Personalkompetenz zu nutzen.

Dtsch Arztebl 2022; 120(18): [2]

Die Autorin

Petra Schubert
Geschäftsführerin
Schubert Management Consultants GmbH & Co. KG
88662 Überlingen
Mitglied des Initiativkreises neue Personalarbeit in Krankenhäusern (InPaK)

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