Psychische Gesundheit im Krankenhaus: Ein Paradigmenwechsel im Umgang mit Mitarbeitenden

11 September, 2024 - 07:20
Miriam Mirza
Junge, gestresste Ärztin am Laptop

Die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen sind häufig belastend. Vor diesem Hintergrund rückt für viele Arbeitgeber die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden immer mehr in den Fokus. Welche Vorteile hat das und wann wird es zur Notwendigkeit? Darüber spricht im Beitrag Nadine Kimmich, zuständig für Betriebliches Gesundheitsmanagement sowie Personal- und Organisationsentwicklung bei den Waldburg-Zeil Kliniken. „Wir dürfen nicht nur auf die körperliche Gesundheit unserer Mitarbeitenden achten, sondern müssen auch ihre psychische Widerstandsfähigkeit fördern“, betont sie.

Flexible und anonyme Unterstützung für Mitarbeitende

Seit Juli 2022 bieten die Waldburg-Zeil Kliniken das Online-Beratungsangebot des Unternehmens Instahelp an. Die Firma stellt eine Online-Plattform zur Verfügung, die psychologische Beratung und Unterstützung durch qualifizierte Psychologinnen und Psychologen bereitstellt. Die Dienstleistungen sind flexibel und anonym, und die Nutzenden können zwischen verschiedenen Kommunikationsformen wie Video, Chat oder Telefon wählen. Dadurch bietet sich eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit, psychologische Hilfe zu erhalten. Die Nutzenden erhalten nach Angabe ihrer Anliegen sofort einen Vorschlag für eine passende Psychologin oder Psychologen. Die Plattform ermöglicht es, innerhalb von 24 Stunden einen Termin zu bekommen. Die Klinik will sich damit als Arbeitgeber proaktiv für psychische Gesundheit und Wohlbefinden einsetzen.

Das Angebot gilt für alle Klinik-Mitarbeitenden, somit auch für Ärztinnen und Ärzte. „Der Vorteil ist, dass man schnell Hilfe bekommt“, sagt Kimmich. Den Verantwortlichen war es wichtig, ein möglichst niedrigschwelliges und unkompliziertes Angebot bereitzustellen – auch, damit der innere Widerstand leichter überwunden werden kann, sich Hilfe zu suchen. Auf diese Weise bekommen Mitarbeitende auch ohne lange Wartezeiten und bürokratische Hürden psychologische Unterstützung.

Ein wachsender Trend im Gesundheitswesen

Das Engagement der Waldburg-Zeil Kliniken spiegelt auch einen allgemeinen Trend wider, bei dem sich Kliniken als Arbeitgeber stärker für die physische und psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden einsetzen. Dies ist eine Reaktion auf den Fachkräftemangel und die steigenden Belastungen, denen Ärztinnen und Ärzte ausgesetzt sind. „Wir tun viel dafür, dass unser Programm unter den Mitarbeitenden bekannt wird“, erklärt Kimmich. „In regelmäßigen Abständen posten wir dazu etwas auf Instagram und im Intranet, außerdem animieren wir die Führungskräfte, das Thema anzusprechen. Sie haben eine wichtige Vorbildfunktion.“

Bis zu fünf Beratungen pro Jahr können Nutzerinnen und Nutzer in den Waldburg-Zeil Kliniken kostenlos in Anspruch nehmen. „Unsere Mitarbeitenden können sich jederzeit anmelden und erhalten innerhalb von 24 Stunden eine Beratung. Oft reichen schon wenige Sitzungen aus, um Probleme zu lösen“, berichtet Kimmich weiter. Die Kliniken stoßen mit ihrem Angebot in eine echte Versorgungslücke, da die psychische Gesundheit von Ärztinnen und Ärzten häufig vernachlässigt wird.

Ein Paradigmenwechsel im Gange

Der Trend zur psychischen Gesundheitsförderung in Krankenhäusern dokumentiert, dass ein Paradigmenwechsel im Gange ist. Während früher vor allem die körperliche Gesundheit des Personals im Vordergrund stand, wird heute erkannt, dass mentale Gesundheit genauso wichtig ist. Kimmich bringt es auf den Punkt: „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen tagtäglich anderen Menschen, aber sie müssen auch lernen, auf sich selbst zu achten.“

Burnout bei Ärztinnen und Ärzte

Ärztinnen und Ärzten sind besonders gefährdet, einen Burnout zu erleiden. Die Erkrankung ist in dieser Berufsgruppe weit verbreitet und wird zunehmend als typische Berufskrankheit erkannt. Eine Umfrage von Medscape im Jahr 2020 ergab, dass mehr als 50 Prozent der befragten Medizinerinnen und Mediziner Burnout-Symptome zeigten. Besonders betroffen waren Ärztinnen und Ärzte in den Bereichen Intensivmedizin, Rheumatologie und Pulmologie.

Hauptursachen sind übermäßige bürokratische Aufgaben, zu hohe Arbeitszeiten, fehlende Wertschätzung, mangelnde Autonomie und die zunehmende Digitalisierung des Arbeitsalltags. Diese Faktoren wurden durch die Corona-Pandemie noch verschärft.

Burnout führt zu emotionaler Erschöpfung, Zynismus und einem reduzierten Gefühl von Selbstwirksamkeit. Dies beeinträchtigt nicht nur die Zufriedenheit und Gesundheit der Ärztinnen und Ärzte, sondern auch die Qualität der Patientenversorgung.

Die Expertin:

Nadine Kimmich

Nadine Kimmich ist Referentin für Betriebliches Gesundheitsmanagement, Personal- und Organisationsentwicklung bei den Waldburg-Zeil Kliniken.

Bild: © Waldburg-Zeil Kliniken

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