In der Notfallrettung stehen aktuell Entscheidungen im Vergaberecht im Fokus. Darüber hinaus bietet der Arbeitsalltag auch immer wieder Anlass, Regelungen des Medizinprodukterechts, des Persönlichkeitsrechts und des Datenschutzes zu erläutern.
Öffentliche Auftraggeber dürfen ihre Aufträge nicht unter der Hand vergeben. Das gilt auch für den Rettungsdienst. Zahlreiche Entscheidungen beschäftigen sich derzeit mit Fragen der Vergabe rettungsdienstlicher Leistungen. Einer der Streitpunkte ist, ob die Auftraggeber den Auftrag ausschließlich an gemeinnützige Organisationen oder gar auf wenige Hilfsorganisationen beschränken dürfen. Damit könnten sie das strenge Vergabeverfahren umgehen, die sogenannte Bereichsausnahme. Aufgrund der unterschiedlichen Rettungsdienstgesetze in den Bundesländern lässt sich dies nicht pauschal beantworten. Sämtliche Vergaben sind allerdings gerichtlich überprüfbar. Die fünf Grundprinzipien Wettbewerb, Transparenz, Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und Verhältnismäßigkeit sind bei den Vergaben stets zu wahren.
Stellenbesetzung im Rettungsdienst
Ähnliches gilt auch für die Auswahl der Notärzte, Leitenden Notärzte und Ärztlichen Leiter Rettungsdienst sowie vieler anderer Positionen im Rettungsdienst. Im öffentlichen Dienst dürfen diese Stellen nicht willkürlich an Freunde und Bekannte oder politisch motivierte Persönlichkeiten vergeben werden. Unterlegene Mitbewerber können die Auswahl gegebenenfalls mit einer Konkurrentenklage anfechten.
Dass diese Auswahl Probleme bereiten kann, zeigte eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Dieser äußerte sich missmutig über die Führungskompetenz eines Ärztlichen Leiters und fand eindeutige Worte: Aufgabe der Entscheidungsträger vor Ort einschließlich der Aufsichtsbehörden sei es festzustellen, ob der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes die Kompetenz aufweise, einen größeren Personalkörper zu führen. Für Selbstherrlichkeit und Standesdünkel, heißt es in dem Beschluss vom 21. April 2021, sei im Rettungsdienst kein Raum.
Selbstverständlich ist das Prüfen einer Führungsposition dem Einzelfall vorbehalten. Erfüllt die jeweilige Person die Voraussetzungen nicht mehr, sind die zuständigen Stellen, beispielsweise der Rettungsdienstträger, verpflichtet, deren Absetzung in Betracht zu ziehen, auch um Haftungsansprüche zu vermeiden.
Anforderungen an Umgang mit Medizinprodukten
Um die Gesundheit der Mitarbeitenden und Patienten zu schützen, setzen die Medizinprodukteverordnung und Medizinproduktebetreiberverordnung hohe Anforderungen an den Umgang mit Medizinprodukten. Das damit einhergehende Gefährdungsrisiko sollen Einweisungen verringern, beispielsweise im Umgang mit der Fahrtrage, dem Defibrillator oder Beatmungsgerät. Wer ein Medizinprodukt unsachgemäß verwendet, kann sich selbst, andere Rettungsdienstmitarbeitende und Patienten gefährden.
Medizinprodukte dürfen daher nur den Vorgaben der Hersteller entsprechend eingesetzt werden. Beispielsweise ist das Anbringen medizinischen Equipments an Fahrtragen zwar möglich, für die Fahrt aber möglicherweise nicht vom Hersteller freigegeben. In diesem Fall muss das Equipment anderweitig im Fahrzeug mit der entsprechenden Ladungssicherheit verstaut werden. Notärzte und Rettungsdienstmitarbeitende müssen zudem in die Anwendung eingewiesen sein.
Probleme bereitet oftmals der Umgang mit vergleichbaren Medizinprodukten und wechselndem Personal. Hat beispielsweise ein Defibrillator optional ein 12-Kanal-EKG und verfügt der Betreiber über ein Gerät mit 3-Kanal- und eines mit 12-Kanal-EKG, so sind die Anwender auf die verschiedenen Modelle einzuweisen. Selbst der Wechsel des Softwarestands kann eine neue Einweisung erfordern. Einer hohen Personalfluktuation wiederum kann der Betreiber des Medizinprodukts nur mit einer strukturierten Organisation der erforderlichen Einweisungen der Mitarbeitenden begegnen. Geschäftsführer sollten penibel auf eine ordnungsgemäße Umsetzung achten, um nicht selbst zu haften.
Vorsicht beim Verordnen von Krankentransporten
Auch können Mitbewerber selbst aktiv werden und ihre Konkurrenten abmahnen. Das bekamen verschiedene Mietwagenunternehmer zu spüren, die in ihren Fahrzeugen liegende Patienten beförderten, ohne ein qualifizierter Krankentransport zu sein. Anbieter im qualifizierten Krankentransport mahnten sie ab. Diese bemängelten nicht nur die fehlerhafte Einweisung und den Einsatz unqualifizierten Personals, sondern auch die von den Herstellervorgaben abweichende Verwendung.
Ärztinnen und Ärzte, die einen Krankentransport verordnen, sollten sich der Unterschiede zwischen einem qualifizierten Krankentransport und einer Krankenfahrt bewusst sein und Vorsicht bei der Auswahl walten lassen. Denn sie können für die richtige Auswahl des Beförderungsmittels haften. Die Praxis, unterschriebene Blanko-Verordnungen auszustellen, ist bedenklich. Kliniken sollten eindeutige Vorgaben machen oder ihre Ärzte schulen, um Regresse zu vermeiden.
Persönlichkeitsrechte der Patienten
Dass die Veröffentlichung von Fotos von Patienten zu privaten Zwecken tabu ist, sollte hinreichend kommuniziert sein. Doch aktuelle Fälle zeigen, dass das Bedürfnis unter Mitarbeitenden im Rettungsdienst hoch ist, sich in sozialen Medien und im interkollegialen Austausch zu profilieren. Viele posten Fotos von interessanten oder skurrilen Einsätzen und verbreiten sie in Messengergruppen. Auch nicht unüblich ist, bestimmte Erkrankungsbilder oder Verletzungsmuster zu fotografieren. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst allerdings das Recht am eigenen Bild. Jeder, also auch die Patienten, dürfen selbst bestimmen, ob und in welchem Zusammenhang Aufnahmen wie Fotos oder Videos von ihnen veröffentlicht werden. Ohne Rechtsgrundlage ist das Verbreiten der Fotos Fremder unzulässig.
Auch sollten die Geschäftsführung und die Mitarbeitenden im Umgang mit personenbezogenen Daten sensibilisiert werden. Vor allem organisationsübergreifend, wenn zum Beispiel Klinikärzte im Rettungsdienst bei anderen Trägern mitfahren, sind klare Regelungen der Arbeitgeber sinnvoll. Zudem sollte der Einsatz freier Mitarbeiter als Springer durchdacht sein. Klarzustellen ist, welche personenbezogenen Daten diese für sich selbst, beispielsweise für die Abrechnung, verarbeiten dürfen.
Dtsch Arztebl 2022; 119(39): [2]
Die Autoren
Dr. Andreas Staufer, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für IT-Recht
Kristin Kirsch, Rechtsanwältin
FASP Finck Sigl & Partner
80336 München