Schlechte Noten für die ärztliche Weiterbildung

8 Dezember, 2021 - 07:50
Miriam Mirza
Junger Arzt ist unzufrieden, Daumen runter

Ärztinnen und Ärzte sind unzufrieden mit ihrer Weiterbildung. Das ergab die Mitgliederbefragung „MB-Barometer Ärztliche Weiterbildung 2021“ des Marburger Bunds, an der vom 13. September bis 10. Oktober 2021 insgesamt 3.238 in Weiterbildung befindliche Ärztinnen und Ärzte teilnahmen.

Wer beteiligte sich an der Umfrage?

Die Mehrzahl der Befragten (63 Prozent) war weiblich. Zwei Drittel der Teilnehmenden befanden sich bereits seit drei Jahren oder länger in der Facharzt-Weiterbildung. Lediglich15 Prozent der Befragten waren seit etwa einem Jahr in der Weiterbildung. Etwa 60 Prozent arbeiteten in öffentlichen Krankenhäusern (kommunale Kliniken: 34 Prozent; Universitätskliniken: 26 Prozent), wobei die meisten in größeren Häusern mit 400 Betten und mehr angestellt waren.

Für 40 Prozent der Befragten galt noch die alte Weiterbildungsordnung (WBO), für 30 Prozent die neue (30 Prozent konnten nicht angeben, nach welcher WBO sie ihre Weiterbildung absolvieren). Nur ein geringer Anteil der Ärztinnen und Ärzte – nämlich 13 Prozent – erfasste ihre Leistungen mit dem nach der neuen WBO vorgesehenen elektronischen Logbuch.

Was die Verteilung der Teilnehmer auf die einzelnen Fachgebiete angeht, so gaben die meisten Ärztinnen und Ärzte an, ihre Weiterbildung in den Fachgebieten Innere Medizin (28 Prozent, inkl. Schwerpunkte), Anästhesiologie (13 Prozent), Orthopädie und Unfallchirurgie (8 Prozent), Kinder- und Jugendmedizin (7 Prozent) und Allgemeinmedizin (7 Prozent) zu absolvieren.

Woran hapert es?

Die Ergebnisse der Befragung stellten Krankenhäusern in Sachen Weiterbildung ein schlechtes Zeugnis aus. So bemängelten die meisten der Umfrageteilnehmer, dass geforderte Weiterbildungsinhalte während der alltäglichen klinischen Arbeit nicht ausreichend vermittelt werden. Nur 15 Prozent der Befragten haben einen strukturierten Weiterbildungsplan erhalten, bei zwei Dritteln spielte er jedoch keine Rolle in der Weiterbildung.

29.03.2024, Ambulantes Zentrum für Lungenkrankheiten und Schlafmedizin (AZLS)
Cottbus

Ein weiterer Kritikpunkt: Die jungen Ärztinnen und Ärzte wurden häufig nicht durch Fachärzte, Oberärzte oder Chefärzte angeleitet, sondern von berufserfahrenen Ärztinnen und Ärzten, die sich selbst noch in der Weiterbildung befinden. Außerdem haben die wenigsten (nur jeder zehnte Befragte) regelmäßige Feedbackgespräche mit den Weiterbildenden. 45 Prozent geben an, solche wenigstens einmal im Jahr zu führen – doch weitere 45 Prozent bekommen gar kein Feedback. Die mangelhafte Kommunikation hat zur Folge, dass sich die Ärztinnen und Ärzte sich nicht ausreichend gefördert fühlen.

Besonders ernüchternd ist, dass der Marburger Bund im Jahr 2014 bereits eine Befragung zu dem Thema mit annähernd gleichen Fragen durchgeführt hat. Die Ergebnisse ähnelten denen aus der aktuellen Umfrage. Das bedeutet, dass sich in diesem Bereich in den letzten Jahren nicht viel getan hat.

Woran scheitert es?

Doch woran liegt das? Die Gründe sind verschieden. So bereitet den Kliniken der Personalmangel Probleme bei der Weiterbildung: 84 Prozent der befragten Mitglieder nennen dies als Grund für die schlechte Weiterbindungssituation. Ein weiteres Problem sind starre Einsatz- und Rotationspläne (38 Prozent) und eine unzureichende Kinderbetreuung (19 Prozent). Auch die Corona-Krise hat sich negativ auf die Weiterbildung ausgewirkt. Immerhin stellten das 35 Prozent der Befragten fest. Sie gaben an, dass sie durch den drastischen Rückgang elektiver Eingriffe merklich weniger Möglichkeiten zum Erlernen operativer Fähigkeiten hatten. Hinzu kam, dass die meisten auf Corona- und Intensivstationen eingesetzt wurden, was zu Ausfällen bzw. Verschiebungen bei geplanten Rotationen und Fortbildungen führte.

Was wollen die Ärztinnen und Ärzte?

Die Jungmediziner und -medizinerinnen formulierten auch Anforderungen an ihre Arbeitgeber. So legen sie besonderen Wert auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das haben Krankenhäuser aber immer noch zu wenig im Blick. Nach Angaben der Umfrageteilnehmenden tragen nur 20 Prozent der Arbeitgeber diesem Wunsch Rechnung. 39 Prozent möchten, dass die Kliniken dahingehend flexibler werden. Ganze 20 Prozent erhalten in dieser Sache gar keine Hilfestellung durch ihre Arbeitgeber.

Angesichts der Umfrageergebnisse wundert es nicht, dass immer mehr Ärztinnen und Ärzte bereit sind, in den ambulanten Bereich zu wechseln. Waren es vor sieben Jahren etwa ein Drittel der befragten Mitglieder, die nach ihrer Weiterbildung im ambulanten Sektor arbeiten wollten, sind es nun schon 41 Prozent – ein eindeutiger Trend. Wenn die Verantwortlichen in den Kliniken nicht reagieren, könnte das den Personalmangel in den Abteilungen weiter verstärken, was wiederum den Arbeitsdruck auf die Ärztinnen und Ärzte erhöht und schließlich die Abwanderung in den ambulanten Bereich befördert.  

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