
Dipl.-Psych. Petra Schubert berät seit vielen Jahren Unternehmen aus der Gesundheitswirtschaft zu Themen rund ums Personalmanagement. An dieser Stelle beantwortet sie die interessantesten Fragen, die Ärztinnen und Ärzte aus der Klinik ihr in Coachings stellen.
Es gibt Kollegen im Team, die nicht mitziehen – was kann ich tun?
„Unser Chef bemüht sich, ein gutes Teamklima herzustellen. Er spricht regelmäßig mit allen, über unsere Erwartungen und gleicht diese mit seinen ab. Er bemüht sich um eine faire und gerechte Entwicklung und lädt regelmäßig zu Grillevents und Weihnachtsfeiern ein. Allerdings gibt es Teammitglieder, die sich nicht für das Team engagieren und auch regelmäßig nicht bei Events mit dabei sind. Insofern können wir nicht von einem gemeinsamen Team sprechen, was ich als Leitender Oberarzt extrem schade finde. Man kann die Kolleginnen und Kollegen auf diesen Feiern von einer anderen, privaten Seite kennenlernen, um im Alltag ein besseres Verständnis zu haben und besser zusammenzuarbeiten. Ich würde das Teamklima gern verbessern – was kann ich tun?“
Petra Schubert: „Es gibt leider immer welche im Team, die sich rausnehmen und nicht an solchen Teamevents teilnehmen wollen – meist mit der Begründung, dafür keine Zeit zu haben oder diese nicht so wichtig zu nehmen. Das finde ich auch selbst persönlich schade, denn Teamevents bringen oft für die Beteiligten einen Zusatznutzen, da man sich danach meist besser verstehen und einschätzen kann. Bezüglich der Kolleginnen und Kollegen, die sich bei den Events rausziehen, wäre mein Vorschlag, dass Sie mit Ihrem Chef sprechen und ihm vorschlagen, gern auf die Kollegen zuzugehen und nach den Gründen zu fragen, aber ihnen auch noch mal vor Augen zu halten, welche Vorteile es hätte, an den Events teilzunehmen. Sie könnten versuchen, auf der kollegialen Ebene herauszufinden, woran die Abwehr wirklich liegt.
Gut wäre es zudem, wenn Ihr Chef auch in der großen Runde, zum Beispiel bei der Frühbesprechung, ansprechen würde, wie schade er es finde, dass nicht alle bei den Feiern und Events dabei sind. Falls Sie eine Weihnachtsfeier hatten und dies auch dort der Fall war, könnte er sich direkt darauf berufen und betonen, dass er sich freuen würde, wenn künftig alle dabei wären und dies für die Zusammenarbeit nützlich wäre.
Leider können Sie jedoch nicht viel mehr tun. Sie müssen damit leben, dass sich nicht alle integrieren und beteiligen wollen. Sie müssen mit allen Beteiligten professionell zusammenarbeiten und versuchen, die Arbeit und die Prozesse so zu handhaben, dass die Zusammenarbeit trotz derjenigen, die sich rausziehen, reibungslos funktioniert. Ich drücke Ihnen die Daumen!“
Meine Kollegin sichert sich nur ihre eigenen Vorteile – wie soll ich damit umgehen?
„Wir sind ein harmonisches Team und unser Chef ist für uns Assistenzärzte immer ansprechbar. Doch eine Kollegin reagiert schnell emotional und beleidigt, wenn es nicht nach ihrem Willen geht. Ein Beispiel: Ich habe mit ihr eine Fahrgemeinschaft. Wir wechseln uns mit dem Fahren ab; meist treffen wir uns auf einem Park-and-Ride-Parkplatz. Schon zweimal bat sie mich kurzfristig per WhatsApp, sie direkt zu Hause abzuholen, weil sie im Stress war. Letzte Woche bat ich sie, diesmal mich zu Hause abzuholen. Erst sagte sie zu, teilte mir dann aber nach fünf Minuten per Sprachnachricht mit, dass es eine Unverschämtheit sei, sie so kurzfristig darum zu bitten. Ich rief sie direkt an und wies sie darauf hin, dass ich ihr diesen Gefallen schon zweimal getan habe. Daraufhin holte sie mich zwar ab, sagte jedoch die ganze Fahrt nichts und ließ mich spüren, dass sie beleidigt war. Seitdem bin ich während der Fahrten, aber auch in der Zusammenarbeit nicht mehr entspannt. Wie soll ich damit umgehen?“
Petra Schubert: „Ich kann Ihre Unentspanntheit sehr gut verstehen. Ich finde es eine ziemliche Unverschämtheit von Ihrer Kollegin, sauer und beleidigt zu reagieren, wenn Sie sich genauso verhalten wie sie selbst. Aus meiner Sicht ist es nötig, reinen Tisch zu machen und das Geschehene nicht totzuschweigen.
Gut wäre, wenn Sie in einer ruhigen Minute mit Ihrer Kollegin sprechen, um ihr Ihre Verärgerung zu verdeutlichen. Ich würde Tacheles reden und so nicht mit mir umgehen lassen. Aus meiner Sicht ist es wichtig klarzumachen, dass die Spielregeln immer für beide gelten. Es kann sein, dass die Fahrgemeinschaft dann zu einem Ende kommt. Ich bin mir jedoch nicht sicher, wie sinnvoll eine Fahrgemeinschaft ist, bei der Sie sich derart unwohl fühlen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man solchen Menschen die Meinung sagt und sie auch vor die Wahl stellt, in Ihrem Fall die Fahrgemeinschaft zu canceln, werden sie plötzlich nahbar und ansprechbar. Oft ist ihr Verhalten darauf fokussiert, sich die eigenen Vorteile zu sichern und oft sehen sie gar nicht die Situation des anderen. Insofern ist meist auch das Verhalten nicht persönlich böse gemeint, sondern selbstfokussiert. Durch ihr Beleidigtsein wollen sie den Gegenpart unter Druck setzen oder ihren Unmut zum Ausdruck bringen. Aus meiner Sicht sollten Sie diesem Verhalten Einhalt gebieten, damit in Zukunft ähnliche Situationen nicht wieder entstehen. Alles Gute dafür!“
Mein Patient hält sich nicht an die abgesprochene Behandlung – was kann ich tun?
„Wir sind eine internistische Abteilung, in der ich als Oberarzt viel Spaß an der Patientenbetreuung habe. Das gemeinsame Ausarbeiten von Therapie- und Medikationsmöglichkeiten mit den Patienten ist gängige Praxis. Nun gibt es auch Patienten, die nicht so kooperativ sind. In einem Fall geht es um einen Patienten, der im Gespräch zwar sagt, dass er die Sachverhalte verstehe und mit mir über notwendige Behandlungen diskutiert. Doch im nachfolgenden Termin, in dem wir auf die Behandlungserfolge oder auch Misserfolge besprechen wollten, wurde schnell klar, dass er die besprochene Therapie nicht ausprobiert hatte, weil er die Vorgehensweise für nicht richtig hielt. Wir diskutierten und legten gemeinsam eine etwas modifizierte Behandlung fest. Im darauffolgenden Termin sagte er erneut, er habe die Behandlung nicht ausprobiert. Ich gewinne den Eindruck, dass er sich weigert, die Behandlung umzusetzen. Für mich ist das schwierig, denn auf dieser Basis kann ich ihm nicht helfen. Was kann ich tun?“
Petra Schubert: „Ich stelle mir das schwierig vor, da sie ja sicherlich das Beste für ihren Patienten wollen, mehrmals auf ihn eingegangen sind und auf der Basis die Behandlung modifiziert haben. Andererseits ist der Patient mündig und muss notfalls für sich entscheiden, ob er die Behandlung in der Weise angehen und fortsetzen möchte oder nicht. Auch wenn es schwerfällt und Sie dem Patienten helfen könnten, gibt es keine Möglichkeit, wenn er die Behandlungsmethode nicht angehen will.
Aus meiner Sicht gibt es daher gar keine andere Möglichkeit, als den Patienten direkt darauf anzusprechen, dass sich seine Lage nicht verbessern wird, wenn er die Behandlungen nicht wahrnimmt und dass er selbst entscheiden muss, ob er will, dass sich seine Situation verbessert. Vielleicht könnten Sie dem Patienten eine Bedenkzeit geben, ihm sagen, er solle sich bei Ihnen melden, sobald er sich entschieden hat, ob er mit der Behandlung beginnen und diese auch konsequent fortsetzen will oder nicht. Dies würde Ihnen helfen, sich nicht mehr regelmäßig in seine Situation und Bedenken hineinversetzen zu müssen. Aus meiner Sicht ist es wichtig, den Patienten in seine Selbstverantwortung zu treiben und ihm diese auch deutlich vor Augen zu halten. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei!“
Dtsch Arztebl 2025; 122(4): [2]