
Dipl.-Psych. Petra Schubert berät seit vielen Jahren Unternehmen aus der Gesundheitswirtschaft zu Themen rund ums Personalmanagement. An dieser Stelle beantwortet sie die interessantesten Fragen, die Ärztinnen und Ärzte aus der Klinik ihr in Coachings stellen.
Mein Kollege verkauft meine Erfolge als seine – was raten Sie mir?
„Wir sind eine große Abteilung mit unterschiedlichen Expertisen. Gemeinsam mit einem Facharztkollegen vertrete ich einen Schwerpunkt, den bei uns in dieser Tiefe niemand beherrscht. Wenn ich einen Patienten erfolgreich behandle und dieser zufrieden ist, gibt mein Kollege dies oft als seinen Erfolg aus. Er äußert gegenüber unserem Chefarzt beispielsweise, dass der Erfolg auf seine Expertise zurückgehe und er mich angeleitet habe. Das ärgert mich unglaublich. Ich habe ihn darauf angesprochen, doch er sagt nur, ich hätte wohl etwas in den falschen Hals gekriegt. Hinzu kommt: Wir haben einen Artikel über unsere Expertise verfasst und auf einem Kongress einen Vortrag gehalten. Auch dort hat er versucht, sich als einzigen Experten darzustellen, ebenso in den sozialen Medien. Damit kann ich extrem schwer umgehen. Was raten Sie mir?“
Petra Schubert: „Ich finde es sehr unfair, wenn jemand versucht, den Erfolg anderer als eigenen zu verkaufen und sich in den Vordergrund zu spielen. Zudem scheint Ihr Kollege es ja auch noch so darzustellen, als hätten Sie die falsche Sichtweise und als würde er richtig handeln.
Sie sollten sich die erfolgreich von Ihnen behandelten Patienten vom Controlling geben lassen und die Aussagen auf Social Media und gegenüber Ihren Kollegen auflisten, um ihn konfrontieren zu können. Ich würde ihm unter vier Augen die Ergebnisse darlegen und ihm verdeutlichen, dass Sie sein Spiel durchschauen und dieses Vorgehen nicht weiter dulden. Sie sollten ihm erläutern, dass Sie ihm künftig direkt widersprechen und ihn bloßstellen, wenn er Ihre Erfolge wieder als seine verkauft. Dies könnten Sie in der Frühbesprechung tun und ihm das in Aussicht stellen. Zudem könnten Sie Ihre Erfolge in den sozialen Medien posten, damit Sie sich selbst positionieren können.
Ich weiß, das ist mühsam und anstrengend, aber es ist aus meiner Sicht wichtig, dass Sie nicht klein beigeben und Ihr Licht unter den Scheffel stellen. Konfrontieren Sie Ihren Kollegen mit der Wahrheit und zeigen Sie Ihrer Umwelt die Wahrheit auf, wenn er sich wieder mit fremden Federn schmückt. Alles Gute!“
Mein Kollege diskreditiert mich vor Patienten – was kann ich tun?
„Wir haben ein familiäres Klima in unserem Team. Dies hilft uns, den Arbeitsalltag gut zu bewältigen. Nun haben wir einen Kollegen im Team, der sich ständig hervortun will. Er spielt sich auch vor Patienten auf und beruft sich auf seine Expertise, die nicht größer ist als bei uns anderen Assistenzärzten und -ärztinnen. Da der Kollege sich ständig in den Vordergrund spielt und teils vor Patienten unsere Erfahrung und Meinung abwertet, ist es für uns schwierig, mit ihm zusammenzuarbeiten. Allerdings möchte ich ihn nicht vor den Patienten diskreditieren. Doch fällt es mir schwer, ruhig zu bleiben, gerade wenn er meine Meinung gegenüber Patienten als nicht relevant darstellt. Wir meiden inzwischen schon alle die Zusammenarbeit mit ihm. Wie können wir weitermachen, ohne dass das gesamte Team darunter leidet?“
Petra Schubert: „Gerade die Kollegen, die sich in den Vordergrund spielen, sind meist eher unsicher und wollen dies überspielen. Das „Sich-in-den-Vordergrund-Spielen“ ist oft eine „Marketingmaßnahme“, um Unsicherheit zu überdecken.
Um damit umzugehen und Ihren Kollegen nicht zu brüskieren, aber sich auch selbst zu behaupten, könnten Sie ihn auf einen Kaffee einladen und mit ihm darüber sprechen, wie Sie beide in den Situationen besser zusammenarbeiten können. Sie könnten von sich erzählen, beispielsweise, dass Sie in einigen Situationen unsicher sind und Sie sich vorstellen können, dass es anderen auch so geht. Sie könnten daraufhin fragen, ob es nicht sinnvoll wäre, gemeinsam zu überlegen, wie man diese Situationen besser meistern kann. Zudem könnten Sie darstellen, wie es Ihnen geht, wenn er Sie vor den Patienten ‚herunterputzt‘.
Falls dies nicht fruchtet und er Sie in der nächsten Situation wieder diskreditiert, sollten Sie ein Klärungsgespräch mit ihm führen, in dem sie deutlich machen, dass Sie die Berichtigung und das Abwerten vor Patienten nicht akzeptieren. Zudem würde ich ihm verdeutlichen, dass alle respektvoll und würdevoll behandelt werden wollen und er dies auch seinen Kolleginnen und Kollegen gegenüber zeigen muss. Vielleicht ist ihm nicht geläufig, dass andere Meinungen nicht vor Patienten ausgetragen, sondern unter vier Augen besprochen werden sollten. Dazu sollten Sie ihm noch ein bis zwei Takte mitgeben. Ich würde ihm erläutern, dass Sie mit Ihrem Chefarzt reden und ein Gespräch zu dritt führen, falls er sich künftig nicht an ein respektvolles Vorgehen hält. Ich hoffe für Sie, dass es sich schon nach dem ersten Gespräch erledigt, und ihr Kollege sich kooperativer und unterstützender verhält!“
Wie bringe ich meinen Kollegen dazu, sich stärker zu fokussieren?
„Wir sind eine kleine Abteilung der Inneren mit zehn Ärzten. Es ist wichtig, dass wir uns gegenseitig unterstützen und aufeinander verlassen können. Ich bin Oberarzt und habe einen engagierten Kollegen, der sich stark für die Patienten einsetzt. Er versucht, immer alles zu tun, damit es den Patienten so gut wie möglich geht. Leider verzettelt er sich dabei häufig und verliert aus den Augen, was er zuvor machen wollte. Dadurch hält er sich öfters nicht an Absprachen. Da er gern und ausgiebig mit Patienten spricht, ist seine Behandlungszeit mitunter mehr als doppelt so lang wie üblich – was den Tagesablauf für uns schwierig macht. Ich hatte ihn gebeten, es wäre schön, wenn er sich stärker fokussieren und an Absprachen halten würde. Dies hat er negiert. Er meinte, Beziehungspflege sei notwendig und er kriege doch alles hin. Was kann ich noch tun?“
Petra Schubert: „Ich stelle mir die Zusammenarbeit, Planung und Steuerung der notwendigen Aufgaben mit Ihrem Kollegen schwierig vor. Aus meiner Sicht wäre es wichtig, sich mit ihm zusammenzusetzen und zu überlegen, welche Aufgaben zwingend erledigt werden müssen – am besten in einer ruhigen Phase. Wichtig ist, dass Sie sich mit ihm abstimmen und gemeinsam die Aufgaben besprechen. Vielleicht ist es zudem sinnvoll, Ihren Chefarzt hinzuzuziehen, damit er die Aufgabenaufteilung absegnet und einen genauen Blick auf die Problematik erhält.
Die Aufgabenbesprechung könnte so laufen, dass sie beide sich einen Tag und eine Woche vor Augen halten, die anfallenden Aufgaben auflisten und jeweils Zeitabschnitte dahinter schreiben, wann welche Aufgabe zu tun ist. Dies dient dazu, dass Ihr Kollege einen besseren Anhaltspunkt hat und nicht zickzack zwischen den Aufgaben springt. Es könnte sein, dass ihm dies hilft, sich stärker auf die Aufgaben zu fokussieren. Sie könnten zudem vereinbaren, sich gegenseitig Rückmeldung zu geben. Ihr Kollege könnte auch Ihnen Rückmeldung geben, vielleicht gibt es etwas, was Sie verbessern können. So bleibt es auf einer kollegialen Ebene auf Augenhöhe, ohne dass der eine oder andere sich bevormundet fühlt.
Falls dies nicht fruchtet, ist es sinnvoll, ihren Chefarzt in die Planung einzubeziehen und gemeinsam darauf zu schauen, wie sich Ihr Kollege besser fokussieren kann, damit alle notwendigen Aufgaben rechtzeitig erledigt werden können. Viel Erfolg!“
Dtsch Arztebl 2024; 121(17): [2]