
Die Idee, Medizinstudierende mit Prämien oder Stipendien zu locken, ist nicht neu. Inzwischen gibt es zahlreiche, vor allem ländliche Regionen, die diesen Ansatz verfolgen, um dem Facharztmangel den Kampf anzusagen. In der Westpfalz hat man nun die Kampagne „Studieren in Europa – ärztliche Karriere in der Westpfalz!“ ins Leben gerufen. Dahinter steckt ein Konzept, bei dem Stipendiaten ein Medizinstudium ohne Numerus Clausus an einer ungarischen Universität ermöglicht wird, wenn sie sich im Gegenzug dazu verpflichten, in der Westpfalz als Ärztinnen und Ärzte tätig zu werden.
Aufgrund des demografischen Wandels und der damit verbundenen älter werdenden Gesellschaft rechnet man auch in der Westpfalz in den nächsten Jahren mit einem steigenden Bedarf an Ärztinnen und Ärzten. Im Bereich der Hausärzte sind hier derzeit circa 50 Prozent über 60 Jahre alt. Das Problem: Es kommen nicht genug jüngere Ärztinnen und Ärzte nach. In der Westpfalz sind beispielsweise von rund 500 Hausärztinnen und Hausärzten nur ca. 30 Ärztinnen und Ärzte zwischen 30 und 39 Jahre alt. Da sind Versorgungsengpässe vorprogrammiert.
Politische Ebene greift ein
Mit der Projektidee „Studieren in Europa – Ärzte für die Westpfalz“ wollen die Landkreise Kaiserslautern, Kusel, Donnersbergkreis, Südwestpfalz, Bad Kreuznach, die Städte Kaiserslautern, Pirmasens und Zweibrücken sowie die Zukunftsregion Westpfalz (ZRW) und das Westpfalz-Klinikum gemeinsam die ärztliche Versorgung in der Westpfalz und in dem Gebiet der „Alten Welt“ stärken.
„Neben der Kassenärztlichen Vereinigung, die den Sicherstellungsauftrag der ärztlichen Versorgung hat, ist auch die Politik gefordert“, sagt Katja Altmeyer, Stabsstelle Wirtschaftskoordinator von Kreisverwaltung Kusel. Damit die Region nicht noch tiefer in eine Notsituation der ärztlichen Unterversorgung gerät, hat man sich auf politischer Ebene entschlossen, sich nach Studienplätzen in Europa umzuschauen.
Anknüpfen an bestehende Kooperation
„Das Westpfalz-Klinikum hat bereits seit 2014 eine bestehende Kooperation mit der Universität in Pécs, Ungarn, zur Aufnahme von PJ-Studierenden. Aus diesem Grund entwickelte sich die Idee, an die bestehende Kooperation anzuknüpfen und diese zu intensivieren“; erklärt Altmeyer.
Mit Erfolg: Ab dem Wintersemester 2023/24 soll bis zu 16 jungen Menschen ein deutschsprachiges Medizinstudium an der Universität Pécs in Ungarn ohne Zulassungsbeschränkung (N.C.) ermöglicht werden. „Um dieses Auslandsstudium allen interessierten und geeigneten Studierenden zu ermöglichen und die geförderten Studentinnen und Studenten nach ihrem Abschluss in der Westpfalz zu halten, soll durch den gemeinnützigen Verein ‚Studieren in Europa – Ärzte für die Westpfalz e. V.‘ das Zahlen der Studiengebühren durch die Vergabe von Stipendien erleichtert werden“, so Altmeyer.
Das Konzept scheint aufzugehen. Altmeyer berichtet von vielen positiven Rückmeldungen, die sie täglich erreichen. „Die Nachfrage nach einem Stipendienplatz ist bisher sehr groß – uns kontaktieren wöchentlich mehrere Interessierte aus unserer Region und ganz Deutschland, die sich für ein Medizinstipendium interessieren. Nach knapp drei Wochen seit Bekanntmachung der Initiative sind bereits 13 Bewerbungen eingegangen.“
Für Krankenhäuser in ländlichen Regionen zeigt das Beispiel sehr anschaulich, dass es durchaus möglich ist, gegen Facharztmangel erfolgreich anzugehen. Wichtig ist, sich Partner zu suchen und das Problem gemeinschaftlich anzugehen. Kreative Ideen sind schön, aber oft muss das Rad nicht neu erfunden werden – es reicht oft schon, von anderen erfolgreichen Konzepten und Ideen zu lernen und sich Anregungen zu holen.