Wichtige Versicherungen: Was Ärztinnen und Ärzte brauchen

4 November, 2024 - 05:53
Stefanie Hanke
Junger Arzt liest Dokumente

Das Leben ist voller Risiken. Das gilt natürlich auch für den Arztberuf. Versicherungen sind dazu da, sich gegen diese Risiken abzusichern. Aber was brauchen Ärztinnen und Ärzte wirklich? Im Beitrag gibt es eine Übersicht, was verpflichtend und was empfehlenswert ist.

Verpflichtende Versicherungen für Ärztinnen und Ärzte

Krankenversicherung

In Deutschland ist eine Krankenversicherung Pflicht – das gilt auch für Ärztinnen und Ärzte. Dabei gibt es die Wahl zwischen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der privaten Krankenversicherung (PKV). Die gesetzliche Krankenversicherung ist eine Pflichtversicherung für alle Arbeitnehmer, deren Einkommen unterhalb der Versicherungspflichtgrenze (2024: 69.300 Euro Jahresbruttogehalt) liegt. In der GKV richtet sich die Beitragshöhe nach dem Einkommen und wird von Arbeitnehmern und Arbeitgebern je zur Hälfte bezahlt. Neben dem gesetzlich festgelegten Beitragssatz von 14,6 Prozent (2024) können die Krankenkassen einen Zusatz-Beitrag erheben, der im Schnitt bei 1,7 Prozent liegt.

Ärztinnen und Ärzte haben jedoch oft die Möglichkeit, sich privat zu versichern.  Das gilt für alle, die ein Einkommen oberhalb der Versicherungspflichtgrenze haben oder z.B. mit einer eigenen Praxis selbstständig sind. Die PKV bietet in der Regel umfangreichere Leistungen und kürzere Wartezeiten. Die Beiträge richten sich nach dem individuellen Risiko, also nach Alter, Gesundheitszustand und gewünschten Leistungen. Viele Versicherungen bieten dabei spezielle Tarife für Ärztinnen und Ärzte an.

Rentenversicherung

In Deutschland sind Ärztinnen und Ärzte in der Regel Pflichtmitglieder im berufsständischen Versorgungswerk ihres Kammerbezirks. Diese Pflichtmitgliedschaft ersetzt die gesetzliche Rentenversicherung, die für die meisten anderen Berufsgruppen gilt. Die Beiträge richten sich nach dem Einkommen und sind in der Regel vergleichbar mit den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung. Allerdings: Das Versorgungswerk legt die Beiträge möglichst gewinnbringend an und zahlt aus den Erträgen die Renten aus. Anders als bei der Gesetzlichen Rente sind die Mitglieder nicht auf die Beiträge späterer Generationen angewiesen.

Speziell für Berufseinsteiger bedeutet die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk: Wer keine doppelten Beiträge zahlen möchte, muss sich von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen. Allerdings ist das nicht verpflichtend. Wer genug Geld für beide Beitragszahlungen erübrigen kann, bekommt im Alter auch eine doppelte Rente. Zusätzlich kann sich auch für Ärztinnen und Ärzte eine private Altersvorsorge lohnen. Bei der Frage, was sinnvoll ist, helfen Finanzberater und -beraterinnen, die auf eine ärztliche Zielgruppe spezialisiert sind.

Berufshaftpflichtversicherung

Die Berufshaftpflichtversicherung ist für Ärztinnen und Ärzte in Deutschland laut Kammergesetzen der Landesärztekammern gesetzlich vorgeschrieben. Wer ohne diese Versicherung praktiziert, riskiert eine Approbationssperre. Sie schützt vor den finanziellen Folgen von Schadensersatzansprüchen, die aus beruflichen Fehlern oder Fahrlässigkeit entstehen können.

Die Berufshaftpflichtversicherung deckt eine Vielzahl von Risiken ab, die im medizinischen Alltag auftreten können. Dazu gehören unter anderem Behandlungsfehler, Diagnosefehler, Aufklärungsfehler und Verletzungen der Schweigepflicht. Angestellte Ärztinnen und Ärzte sind während der Arbeitszeit normalerweise über das Krankenhaus als Arbeitgeber versichert. Wie genau das bei dem jeweiligen Arbeitgeber geregelt ist, sollten Ärztinnen und Ärzte bei Abschluss eines Arbeitsvertrags erfragen: Beispielsweise können die Kliniken grobe Fahrlässigkeit aus der Versicherung ausklammern.

Und auch für Honorarärztinnen und -ärzte und Niedergelassene gibt es die Pflicht zu einer Berufshaftpflichtversicherung. Bei Praxisinhabern sind je nach Tarif häufig auch Angestellte mitversichert.

Empfehlenswerte Versicherungen für Ärztinnen und Ärzte

Private Berufshaftpflichtversicherung und Privathaftpflichtversicherung

Die Berufshaftpflichtversicherung über den Arbeitgeber gilt nur während der Arbeit in der Klinik. Wer beispielsweise in seiner Freizeit Erste Hilfe leistet oder im Bekanntenkreis ein Rezept ausstellt, braucht dafür eine eigene, private Berufshaftpflichtversicherung.

Anders als die Berufshaftpflichtversicherung deckt die Privathaftpflichtversicherung Schäden ab, die im privaten Bereich entstehen beispielsweise beim Sport oder im Straßenverkehr. Genau wie für alle anderen ist diese Versicherung auch für Ärztinnen und Ärzte eine wichtige Absicherung. Sie schützt vor den finanziellen Folgen von Schadenersatzansprüchen, die durch Missgeschicke oder Unachtsamkeit entstehen. So trägt eine Privathaftpflichtversicherung dazu bei, finanzielle Risiken zu minimieren.

Berufsunfähigkeitsversicherung

Die Berufsunfähigkeitsversicherung bietet finanziellen Schutz, für den Fall, dass man aus gesundheitlichen Gründen seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Dabei kann es sich um psychische oder körperliche Erkrankungen, aber auch die Folgen eines Unfalls handeln. Ob man diese Versicherung braucht oder nicht, ist eine Frage des persönlichen Risikoempfindens. Allerdings können die hohen psychischen und physischen Belastungen im Arztberuf das Risiko für eine Berufsunfähigkeit erhöhen.

Der häufigste Grund für eine Berufsunfähigkeit ist eine psychische Erkrankung. Darauf folgen Erkrankungen des Bewegungsapparats und Krebserkrankungen. Unfälle führen deutlich seltener zu einer Berufsunfähigkeit. Allerdings sollte man beim Abschluss der Versicherung genau hinschauen: Manche Versicherungen decken nur den Fall einer hundertprozentigen Berufsunfähigkeit ab. Das bedeutet, dass man auch keine andere Tätigkeit ausüben kann. Wenn beispielsweise ein Chirurg nach einer Handverletzung nicht mehr operieren kann, aber noch als Gutachter in Frage kommt, gilt das in diesem Fall nicht als Berufsunfähigkeit.

Unfallversicherung

Ähnlich wie bei anderen Versicherungen gibt es sowohl eine vorgeschriebene gesetzliche Unfallversicherung als auch die Möglichkeit, mit einer privaten Unfallversicherung freiwillig vorzusorgen. Die gesetzliche Unfallversicherung über den Arbeitgeber haftet für Arbeitsunfälle, die während der Arbeitszeit oder auf dem Hin- oder Rückweg zur Arbeit passieren. Das Gesetz gibt hier genau vor, welche Unfälle durch die gesetzliche Versicherung abgedeckt sind: Ein Sturz auf dem direkten Weg zur Arbeit ist ein Arbeitsunfall, passiert etwas bei einem Umweg zum Supermarkt, ist es keiner. Abgedeckt sind auch Berufskrankheiten, die in der Berufskrankheiten-Verordnung festgehalten sind.

Eine private Unfallversicherung deckt die Schäden von Unfällen ab, die während der Arbeitszeit, aber auch in der Freizeit passieren. In der Regel sind allerdings nur schwere Unfälle versichert, die zu bleibenden Schäden führen – beispielsweise zum Verlust eines Fingers. Da solche Einschränkungen speziell im Arztberuf schnell zur Berufsunfähingkeit führen können, gibt es spezielle Tarife für Ärztinnen und Ärzte mit einer höheren Gliedertaxe für Finger und Hände. Das bedeutet, dass beim Verlust oder der Funktionsunfähigkeit der Hand eine höhere Versicherungssumme gezahlt wird als im Standard-Tarif.

Relevant ist eine private Unfallversicherung besonders für alle, die in ihrer Freizeit riskante Hobbys pflegen, die zu Verletzungen führen können. Je nach Vertrag können besonders gefährliche Hobbies wie z.B. Free-Climbing oder Motorsport allerdings einen Risiko-Zuschlag kosten oder von der Versicherung sogar ganz ausgeschlossen werden. Wer solche Hobbies hat, sollte das beim Vertragsabschluss unbedingt ansprechen.

Rechtsschutzversicherung

Auch eine Rechtsschutzversicherung kann für Ärztinnen und Ärzte sinnvoll sein. Abgedeckt sind gerichtliche Streitfälle wie z.B. Schmerzensgeldforderungen von Patientinnen und Patienten, aber auch arbeitsrechtliche Fragen oder Streitigkeiten mit Kolleginnen und Kollegen. Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt in solchen Fällen Anwalts-, Sachverständigen- und Gerichtskosten und bietet so Schutz vor der finanziellen Belastung durch ein juristisches Verfahren.

Zusätzlich bietet eine Rechtsschutzversicherung oft auch präventive Leistungen an, wie etwa eine telefonische Rechtsberatung oder die Überprüfung von Verträgen. Dies kann Ärztinnen und Ärzten helfen, potenzielle rechtliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.

Wichtig: Unabhängige Beratung

Speziell bei den freiwilligen Versicherungen kann das Angebot sehr unübersichtlich sein. Und: Da viele Vermittlerinnen und Vermittler diesem Bereich auf Provisionsbasis bezahlt werden, kann man sich nicht immer sicher sein, unabhängig beraten zu werden.

Eine unabhängige Beratung rund um das Thema Versicherungen bieten beispielsweise die Verbraucherzentralen, die insgesamt etwa 200 Standorte in vielen Städten haben. Dabei handelt es sich um gemeinnützige Organisationen, die über die Länder, Kreise und Kommunen finanziert werden. Die Kosten für eine  individuelle Versicherungsberatung (30 Minuten) unterscheiden sich je nach Standort. In Nordrhein-Westfalen liegen sie beispielsweise bei 45 Euro.

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