Zusatz-Weiterbildung Akupunktur: Dauer, Inhalte, Voraussetzungen

24 Mai, 2023 - 08:31
Stefanie Hanke
Asiatischer Therapeut behandelt Patientin mit Akupunktur am Rücken

Die Akupunktur ist eine alternative Behandlungsmethode, die sich in Deutschland großer Beliebtheit erfreut. Wie die Weiterbildung abläuft und welche Voraussetzungen es dafür gibt, erfahren Sie im Beitrag.

Auf einen Blick: Zusatz-Weiterbildung Akupunktur

  • Definition: Akupunktur ist eine Behandlungsmethode aus der traditionellen chinesischen Medizin. Dabei werden durch Einstiche von feinen Nadeln in die Haut an bestimmten Körperstellen Schmerzen und andere Beschwerden gelindert.
  • Voraussetzungen: Facharztanerkennung in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung.
  • Dauer: 200 Stunden Kurs-Weiterbildung in Akupunktur.
  • Anzahl der Ärzte: In Deutschland sind 15.307 Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung "Akupunktur" bei den Kammern registriert (2022).

Akupunktur kommt in Asien schon sehr lange zum Einsatz: In China wird die Methode in ihrer traditionellen Form bereits seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. verwendet. Die erste Akupunkturbehandlung in Europa wurde 1810 in Frankreich von dem Arzt Louis Berlioz (dem Vater des Komponisten Hector Berlioz) durchgeführt. In den folgenden Jahrzehnten wurde diese Behandlung vor allem in Frankreich zu einer Modeerscheinung und verbreitete sich von dort aus in anderen europäischen Ländern und in den USA. Auf dem Deutschen Ärztetag 2003 wurde die Zusatz-Weiterbildung Akupunktur neu in die (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO) der Bundesärztekammer aufgenommen.

Die traditionelle chinesische Akupunktur basiert auf der Annahme, dass die Lebensenergie des Körpers (Qi) auf bestimmten Bahnen (Meridianen) durch den Körper strömt. Erkrankungen entstehen demnach, wenn dieser Energiefluss gestört ist. Bei der Akupunktur werden dünne Nadeln in bestimmte Akupunkturpunkte gestochen – dadurch soll die Energie wieder ungehindert fließen können. Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) kennt etwa 400 verschiedene Akupunkturpunkte, die durch das Einstechen von Nadeln, Wärme oder Massage stimuliert werden.

Akupunktur: Nachweisbare Wirksamkeit oder Placebo-Effekt?

Der Wirkmechanismus der Akupunktur, der in der TCM angenommen wird, ist wissenschaftlich nicht nachweisbar. Manche Wissenschaftler machen daher den Placebo-Effekt für die Wirksamkeit verantwortlich. Was genau während einer Akupunkturbehandlung im Körper passiert, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt. Allerdings wurde inzwischen in verschiedenen Studien nachgewiesen, dass durch die Akupunktur bestimmte Hirnbereiche aktiviert werden und im Gehirn Stoffe freigesetzt werden, die beispielsweise schmerzstillend oder stimmungsaufhellend wirken können.

In den bisher weltweit umfangreichsten Studien zum Thema, den GERAC-Studien (German Acupuncture Trials, 2002–2007), wurde die Wirksamkeit von Akupunktur im Vergleich zur Standardtherapie bei verschiedenen, weit verbreiteten Erkrankungen untersucht. Das Ergebnis: Bei chronischem Kreuzschmerz und chronischem Schmerz bei Gonarthrose konnte eine deutliche Verbesserung der Symptome durch Akupunktur nachgewiesen werden. Auf Basis dieser Studie wird Akupunktur seit 2007 in Deutschland als Therapie bei Rückenschmerzen und chronischen Gelenkschmerzen von den Krankenkassen bezahlt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat eine Liste mit rund 100 Erkrankungen zusammengestellt, die auf eine Akupunkturbehandlung ansprechen. Besonders wirksam gilt die Methode danach bei Schmerzen jeder Form und Ursache. Aber auch Verdauungsprobleme und Stress lassen sich gut mit Akupunktur behandeln. Andere Anwendungsgebiete sind beispielsweise Suchterkrankungen oder Hormonstörungen.

Andere Studien fanden heraus, dass es keine Rolle spielt, wo genau die Nadeln eingestochen werden. In Expertenkreisen wird dieses Ergebnis kontrovers diskutiert: Während die einen daraus ableiten, dass Akupunktur nicht funktioniert, argumentieren die anderen, dass man Akupunkturpunkte eher als größere Zonen mit einem sehr effektiven Zentrum verstehen müsse.

Ablauf einer Akupunkturbehandlung

Am Anfang der Akupunkturbehandlung steht das Anamnesegespräch. Dabei stehen nicht allein die Symptome im Zentrum – der Arzt oder die Ärztin betrachtet den Patienten ganzheitlich. Für die eigentliche Behandlung nimmt der Patient oder die Patientin eine entspannte Haltung ein. Die Nadeln, die nur wenig dicker sind als ein Haar, werden mindestens drei Millimeter tief in die Haut eingestochen. In seltenen Fällen werden die Nadeln bis zu acht Millimeter tief eingestochen. Bei akuten Beschwerden sind nur wenige Sitzungen nötig, bei chronischen Erkrankungen kann die Behandlung auch länger dauern.

Schmerzhaft ist das Verfahren im Regelfall nicht – sehr empfindliche Personen können alledings beim Einstich leichte Schmerzen spüren. Auch andere Nebenwirkungen gibt es nicht. Da heute meist Einwegnadeln verwendet werden, besteht auch keine Infektionsgefahr. Allerdings muss bei der Akupunktur natürlich immer streng auf die Hygiene geachtet werden.

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Akupunkteur werden: Die Zusatz-Weiterbildung im Überblick

Dauer der Weiterbildung

  • 200 Stunden Kurs-Weiterbildung gemäß § 4 Abs. 8 in Akupunktur

Inhalte der Weiterbildung

Übergreifende Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Akupunktur

  • Neurophysiologische und humorale Grundlagen der Akupunktur
  • Klinische Forschungsergebnisse
  • Theorie der Funktionskreise
  • Indikationen, Kontraindikationen und unerwünschte Wirkungen der Akupunktur
  • Diagnoseregeln der Akupunktur
  • Besonderheiten der Patienten-Arzt-Beziehung in der Akupunktur
  • Psychologische und psychosomatische Aspekte der Akupunkturbehandlung
  • Systematik der Leitbahnen und zugehörigen Organsysteme
    • des ventralen Umlaufes und deren Akupunkturpunkte
    • des dorsalen Umlaufes und deren Akupunkturpunkte
    • des lateralen Umlaufes und deren Akupunkturpunkte
    • Konzeptionsgefäß, Lenkergefäß und weitere Sonderleitbahnen

Diagnostische Verfahren

  • Akupunkturzentrierte Anamnese und akupunkturspezifische Untersuchung bei Patienten
  • Lokalisation von Akupunkturpunkten
  • Körperliche Untersuchung des Vegetativum unter Anwendung spezieller Methoden der Körper- und Ohrakupunktur
  • Diagnostische Verfahren der Ohrakupunktur
  • Syndromdiagnostik am Patienten

Therapeutische Verfahren

  • Beratung des Patienten einschließlich der Indikationsstellung zu Therapieverfahren der Akupunktur
  • Einbindung der Akupunktur in Behandlungskonzepte
  • Spezielle Stich- und Stimulationstechniken sowie Reizverfahren
  • Elektro-Stimulations-Akupunktur
  • Moxibustion
  • Schröpfen
  • Stimulation mittels Pflaumenblütenhämmerchen
  • Laser-Akupunktur
  • Triggerpunktakupunktur
  • Anwendung der verschiedenen Nadeltechniken, insbesondere Triggerpunkt-Akupunktur und Reizverfahren
  • Mikrosysteme bei speziellen Indikationen, insbesondere Ohrakupunktur
  • Lokalisation wichtiger Ohrpunkte
  • Grundlagen der interdisziplinären Schmerztherapie, insbesondere bei Chronifizierung
  • Akupunktur bei Schmerzerkrankungen als Teil multimodaler Schmerztherapie
  • Akupunktur bei psychosomatischen und bei weiteren Erkrankungen
  • Integrative Akupunkturbehandlung einschließlich der Erstellung individueller Therapiekonzepte bei häufigen Erkrankungen im Fachgebiet, davon
    • praktische Akupunkturbehandlung am Patienten (Richtzahl: 20)
  • Praktische Akupunkturbehandlung am Patienten unter Anleitung als Teil der Kurs-Weiterbildung in Stunden (Richtzahl: 60)
  • Teilnahme an Fallseminaren in mindestens 5 Sitzungen als Teil der Kurs-Weiterbildung in Stunden (Richtzahl: 20)

Quellen: Musterweiterbildungsordnung 2018 der Bundesärztekammer, Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2022, Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V.

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