
Proktologinnen und Proktologen sind auf Erkrankungen des Enddarms und des Analbereichs spezialisiert. Kommen Erkrankungen von Dickdarm und unterem Dünndarm hinzu, spricht man von Koloproktologie. Fachärztinnen und Fachärzte mit dieser Spezialisierung beschäftigen sich also mit einer Körperregion, über die viele Menschen nicht gern sprechen. Sie wollen trotzdem wissen, wie die Zusatz-Weiterbildung abläuft und welche Voraussetzungen es dafür gibt? Das erfahren Sie im Beitrag.
Auf einen Blick: Zusatz-Weiterbildung Proktologie
- Definition: Die Proktologie beschäftigt sich mit Erkrankungen des Enddarms, also genauer des Grimmdarms, des Mastdarms und des Analkanals.
- Voraussetzungen: Facharztanerkennung in einem der folgenden Fachgebiete: Allgemeinmedizin, Allgemeinchirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Haut- und Geschlechtskrankheiten, Innere Medizin, Innere Medizin und Gastroenterologie, Kinder- und Jugendchirurgie, Urologie oder Viszeralchirurgie
- Dauer: 12 Monate
- Anzahl der Ärzte: In Deutschland sind 2.480 Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Proktologie" bei den Kammern registriert. Davon sind 2.195 berufstätig. 856 arbeiten ambulant in einer Praxis, 1.248 sind stationär in einer Klinik tätig.
Hämorrhoiden, Analfissuren oder -ekzeme, aber auch Entzündungen und Tumorerkrankungen: Proktologen und Proktologinnen sind für eine Vielzahl von Erkrankungen zuständig, die nicht nur schmerzhaft und unangenehm, sondern den Patientinnen und Patienten zusätzlich auch noch peinlich sind. In diesem Fachgebiet ist also häufig besonderes kommunikatives Fingerspitzengefühl nötig.
Proktologische Untersuchungsmethoden
Aber der Begriff „Fingerspitzengefühl" ist durchaus auch wörtlich zu verstehen. Eine der wichtigsten diagnostischen Methoden der Proktologie ist die digital-rektale Untersuchung. Dabei hat dieser Begriff nichts mit IT und der Digitalisierung zu tun. „Digital" kommt in diesem Zusammenhang vom lateinischen Wort „digitus" für „Finger". Schon in der Antike nutzten Heilkundige diese Methode, um den After und den Anfang des Enddarms abzutasten. So können Ärztinnen und Ärzte noch heute die Funktion des Schließmuskels prüfen und schmerzhafte Veränderungen lokalisieren. Traditionell wird für diese Untersuchung der längste Finger – also der Mittelfinger – genutzt. Ob so auch der Begriff „Stinkefinger" entstanden ist, ist kulturhistorisch genau nicht überliefert.
Neben der digital-rektalen Untersuchung gehören auch die Proktoskopie (Spiegelung des Analkanals) und die Rektoskopie (Spiegelung des Enddarms) zu den Untersuchungsmethoden der Proktologie. Unterschiedlich lange Endoskope mit einer Lichtquelle ermöglichen es dem Arzt oder der Ärztin, die Darmschleimhaut zu untersuchen und beispielsweise Entzündungen oder Tumore zu diagnostizieren. Während einer Rektoskopie können gleichzeitig Polypen entfernt und Gewebeproben genommen werden.
Proktologische Krankheitsbilder
Zu den Krankheitsbildern, die ein Proktologe oder eine Proktologin stellen kann, gehören beispielsweise:
- Hämorrhoiden
- Analthrombose / Analvenenthrombose
- Analeinrisse und -fissuren
- Analfisteln
- Analabszesse
- Analekzeme
- Kondylome (Feigwarzen)
- Analkarzinome
-
Proktalgia fugax
Da diese Erkrankungen mit vielen anderen Krankheitsbildern in Zusammenhang stehen können, ist die Zusatz-Weiterbildung Proktologie für Fachärztinnen und Fachärzte aus verschiedenen Gebieten sinnvoll. Eine direkte Verbindung besteht natürlich zur Inneren Medizin und Gastroenterologie. Aber auch für die Allgemeinmedizin kann die Proktologie eine sinnvolle Ergänzung sein, da viele Patientinnen und Patienten bei entsprechenden Beschwerden zunächst ihre Hausarztpraxis aufsuchen. Außerdem ist die Zusatz-Weiterbildung für Ärztinnen und Ärzte aus den Gebieten Haut- und Geschlechtskrankheiten, Gynäkologie, Urologie und verschiedenen chirurgischen Fachrichtungen möglich.
Fachärztinnen und Fachärzte mit der Zusatz-Weiterbildung Proktologie können sowohl niedergelassen in einer Praxis als auch in einer Klinik arbeiten.
Proktologe werden: Die Zusatz-Weiterbildung im Überblick
Dauer der Weiterbildung
12 Monate Proktologie unter Befugnis an Weiterbildungsstätten
Inhalte der Weiterbildung
Proktologische Untersuchung
- Diagnostik von proktologischen Erkrankungen
- digitale Austastung (Richtwert: 200)
- Spekulumuntersuchung des Analkanals (Richtwert: 25)
- Proktoskopie (Richtwert: 100)
- Rektoskopie (Richtwert: 50)
Analfissur
- Differentialdiagnose und Therapieoptionen der akuten und chronischen Analfissur
- Durchführung konservativer Fissurbehandlung (Richtwert: 25)
- Mitwirkung bei operativer Fissurbehandlung (Richtwert: 25)
Peri- und intraanale Geschwülste
- Differentialdiagnose und Therapieoptionen peri- und intraanaler Geschwülste
- Exzision von kleineren peri- und intraanalen Geschwülsten, z. B. Thrombose, Mariske, hypertrophe Analpapille (Richtwert: 25)
Hämorrhoidalleiden
- Prophylaxe, Differentialdiagnose und Therapieoptionen des Hämorrhoidalleidens
- Konservative Behandlung des Hämorrhoidalleidens, z. B. Verödung, Gummibandligatur (Richtwert: 50)
- Mitwirkung bei operativer Hämorrhoidentherapie (Richtwert: 25)
Analfisteln
- Differentialdiagnose und Therapieoptionen von Analfisteln
- Aufsuchen und Sondierung von Analfisteln und Krypten einschließlich Fadendrainagen (Richtwert: 25)
- Mitwirkung bei operativer Fistelbehandlung (Richtwert: 25)
Analekzem, anale Dermatosen, anorektale Geschlechtskrankheiten
- Differentialdiagnose und Therapieoptionen bei Analekzem, analen Dermatosen, anorektalen Geschlechtskrankheiten
- Behandlung des Analekzems, analer Dermatosen und anorektaler Geschlechtskrankheiten (Richtwert: 50)
Stoma
- Stomaarten und Indikationen zur Stomaanlage
- Versorgung und Beratung von Stomaträgern (Richtwert: 25)
Maligne Tumore
- Differentialdiagnose und Therapieoptionen bei Rektumkarzinom und Analkarzinom
- Indikationsstellung zur weiterführenden Behandlung bei Verdacht auf Malignom
- Nachsorge bei malignen Tumoren (Richtwert: 25)
Quellen: Musterweiterbildungsordnung 2018 der Bundesärztekammer, Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2022, Deutsche Gesellschaft für Koloproktologie