
Das Herz gilt für viele immer noch als das wichtigste Organ des menschlichen Körpers. Es ist ein Symbol für das Leben selbst, für die Liebe und der Motor für alles, was im menschlichen Körper passiert. Herzchirurginnen und Herzchirurgen sind auf operative Eingriffe am Herzen spezialisiert. Wie die Weiterbildung in diesem Bereich abläuft und wie lange sie dauert, erfahren Sie im Beitrag.
Auf einen Blick: Weiterbildung (Facharztausbildung) Herzchirurgie:
- Definition: Fachärzte und Fachärztinnen für Herzchirurgie bzw. Kardiochirurgie sind auf chirurgische Eingriffe am Herzen und den großen herznahen Gefäßen spezialisiert.
- Dauer: Die Facharzt-Weiterbildung in der Herzchirurgie dauert 72 Monate. Davon müssen je 6 Monate in der Notfallaufnahme und der Intensivmedizin abgeleistet werden. Bis zu 12 Monate aus anderen Gebieten können angerechnet werden.
- Anzahl der Fachärzte: In Deutschland gibt es 1.353 Fachärztinnen und Fachärzte für Herzchirurgie. Davon sind 1.202 berufstätig. 60 arbeiten ambulant, 1.079 stationär in einer Klinik.
Die Herzchirurgie ist eine relativ junge medizinische Fachrichtung: Es gibt sie erst seit 1993 als selbstständiges Fachgebiet. Einige Pioniere haben zwar schon im 19. und frühen 20. Jahrhundert Herz-OPs durchgeführt, allerdings gibt es ein grundsätzliches Problem: Für eine Operation am offenen Herzen muss der Herzmuskel stillgelegt und blutleer sein. Das ist erst seit der Einführung der Herz-Lungen-Maschine im Jahr 1953 möglich.
Die Herz-Lungen-Maschine kommt auch heute noch bei einem großen Teil der jährlich etwa 180.000 Herz-OPs zum Einsatz. Dabei sind die häufigsten Eingriffe Koronararterien-Bypässe und Eingriffe an den Herzklappen. Aber auch Transplantationen spielen in der Herzchirurgie eine große Rolle. Da bei schwerstkranken Patienten häufig eine kombinierte Herz-Lungen-Transplantation durchgeführt wird, besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Thoraxchirurgie. Wegen der engen fachlichen Nähe werden in vielen Kliniken Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie in einer Klinik zusammengefasst.
Da nicht ausreichend viele Spenderherzen für schwerstkranke Patienten zur Verfügung stehen, gibt es inzwischen auch die Möglichkeit, Kunstherzen zu implantieren. In diesem Bereich hat sich in Deutschland unter anderem die Herzchirurgin Dr. Dilek Gürsoy hervorgetan. Nach Angaben der Deutschen Herzstiftung erhalten in Deutschland jährlich etwa 1.000 Menschen ein Herzkammerunterstützungssystem. Waren künstliche Herzen früher eher als Übergangslösung bis zu einer Transplantation gedacht, leben heute immer mehr Patienten dauerhaft mit einem Kunstherz.
Enge Zusammenarbeit mit Kardiologie
Fachärzte für Herzchirurgie arbeiten in einem interdisziplinären "Heart Team" eng mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus der Kardiologie zusammen. Der Unterschied liegt dabei im Behandlungsverfahren: Während in der Kardiologie häufig minimalinvasiv per Katheter gearbeitet wird, öffnen Herzchirurgen für einen Eingriff in der Regel den Brustkorb. Im Einzelfall entscheidet das Team aus beiden Disziplinen, welche Option die bessere ist: Beispielsweise, ob die verschlossenen Herzkranzgefäße des Patienten lieber vom Kardiologen per Stent aufgedehnt oder vom Herzchirurgen mit einem Bypass überbrückt werden sollen.
Weiterbildung startet mit "Common Trunk"
Zur Facharzt-Weiterbildung im Bereich Herzchirurgie gehört zunächst der so genannte "Common Trunk", die zweijährige Basis-Weiterbildung für alle chirurgischen Fachrichtungen. Erst danach werden die fachspezifischen Inhalte aus dem Gebiet der Herzchirurgie vermittelt. Da in der Herzchirurgie teilweise sehr filigrane Strukturen behandelt und feine Gefäße genäht werden müssen, sind Sorgfalt und Fingerfertigkeit in diesem Bereich besonders wichtig.
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Herzchirurg werden: Die Weiterbildung (Facharztausbildung) im Überblick
Dauer der Weiterbildung
Die Weiterbildungszeit in der Herzchirurgie beträgt 72 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten an einer Weiterbildungsstätte, davon
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müssen 48 Monate in der Herzchirurgie abgeleistet werden
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müssen 6 Monate in der Notfallaufnahme abgeleistet werden
-
müssen 6 Monate in der Intensivmedizin abgeleistet werden
-
können zum Kompetenzerwerb bis zu 12 Monate Weiterbildung in anderen Gebieten erfolgen
Inhalte der Weiterbildung
Übergreifende Inhalte im Gebiet Chirurgie
- Wesentliche Gesetze, Verordnungen und Richtlinien
- Chirurgische Techniken und Instrumentengebrauch, insbesondere Inzision, Präparation, Retraktion, Naht- und Knotentechniken einschließlich Laseranwendung unter Berücksichtigung der verschiedenen Gewebestrukturen
- Chirurgische perioperative Behandlung einschließlich Vorbereitung, Lagerungstechniken, Nachsorge und Komplikationsmanagement sowie Indikationsstellung zu weiterführenden Maßnahmen
- Techniken der temporären Ruhigstellung und Fixationsverbände
- Prophylaxe, Diagnostik und Therapie von Thrombosen
- Wundheilung und Narbenbildung
- Wundmanagement und stadiengerechte Wundtherapie sowie Verbandslehre einschließlich verschiedene Wundauflagen, Unterdruck- und Kompressionstherapie
- Defektdeckung bei akuten und chronischen Wunden
- Grundlagen der medikamentösen Tumortherapie
- Basisbehandlung palliativmedizinisch zu versorgender Patienten
- Scoresysteme und Risikoeinschätzung
Lokalanästhesie und Schmerztherapie
- Lokal- und Regionalanästhesien
- Abklärung peri- und postoperativer Schmerzzustände
- Diagnostik und Therapie nach dokumentierten Schmerztherapieplänen
- Behandlung von Patienten mit komplexen Schmerzzuständen
- Injektionen und Punktionen
Notfall- und Intensivmedizin
- Erkennung und Behandlung akuter Notfälle einschließlich lebensrettender Maßnahmen
- Kardiopulmonale Reanimation
- Pathophysiologie von schweren Verletzungen, des Polytraumas und deren Folgen
- Indikationsstellung zur Notfall-Laparotomie und Thorakotomie
- Überwachung, Monitoring, Dokumentation und Betreuung von intensivmedizinischen Patienten
- Differenzierte Beatmungstechniken
- Atemunterstützende Maßnahmen bei intubierten und nicht-intubierten Patienten
- Beatmungsentwöhnung bei langzeitbeatmeten Patienten
- Mitbehandlung bei septischen Krankheitsbildern
- Pharmakologie der Herz-Kreislauf-Unterstützung
- Infusions-, Transfusions- und Blutersatztherapie, enterale und parenterale Ernährung
- Zentralvenöse Zugänge (Richtzahl: 20)
- Arterielle Kanülierung und Punktionen
- Thorax-Drainage
- Legen eines transurethralen und/oder suprapubischen Katheters
Spezifische Inhalte der Facharzt-Weiterbildung Herzchirurgie
Kreislaufassistenzsysteme
- Pathophysiologie der myokardialen Ischämie und der Myokardprotektion einschließlich der Techniken
- Grundlagen von Herzassistenzsystemen, Links- und Rechtsherzunterstützungssystemen sowie Kunstherzsystemen
- Indikationsstellung zur mechanischen Herz-Kreislaufunterstützung in der prä-, peri- und postoperativen Anwendung
- Indikationsstellung zur Anwendung, technische Durchführung, postoperative Überwachung und Komplikationsmanagement von konventionellen und/oder perkutanen Herz- Kreislauf- und/oder Lungenunterstützungssystemen, z. B. extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO), extracorporal Life Support System (ECLS), intraaortale Ballonpumpengegenpulsation (IABP) - (Richtzahl: 20)
- Pharmakotherapie der akuten Herz- und Lungeninsuffizienz
- Aufbau und Funktion der extrakorporalen Zirkulation
- Intra- und postoperative Überwachung der extrakorporalen Zirkulation (Richtzahl: 50)
Angeborene Erkrankungen des Herzens und der thorakalen Gefäße
- Grundlagen der angeborenen Erkrankungen des Herzens und der thorakalen Gefäße, insbesondere Symptomatik, Diagnostik und differenzierte Indikationsstellung zur Therapie
Erworbene Erkrankungen des Herzens und der thorakalen Gefäße
- Symptomatik, Diagnostik und differenzierte Therapie von erworbenen Erkrankungen des Herzens und der thorakalen Gefäße, insbesondere
- koronare Herzkrankheit
- Vitien der Aorten- und Pulmonalklappe
- Vitien der AV-Klappen
- Aneurysmen und Dissektionen der thorakalen und thorako-abdominellen Aorta
- brady- und tachykarde Rhythmusstörungen
- Herztumore und Erkrankungen des Perikards
- Verletzungen des Herzens und des Mediastinum
- Infektionen des Herzens und der Herzklappen
- Wundmanagement und stadiengerechte Wundtherapie, z. B. bei Sternuminstabilität, Mediastinitis
- Indikationsstellung zur Implantation und Funktionsweise von implantierbaren kardialen elektronischen Geräten
Diagnostische Verfahren
- 12-Kanalableitungs-Elektrokardiogramme
- Indikationsstellung zu und Befundinterpretation von Langzeit-Elektrokardiogrammen
- Indikationsstellung zu und Befundinterpretation von Ergometrien, Spiroergometrien und spirometrischen Untersuchungen der Lunge
- Indikationsstellung zu und Befundinterpretation von Koronarangiographien und Herzkatheteruntersuchungen einschließlich interdisziplinärer Therapieentscheidung
- Kontrollen von permanenten Herzschrittmachern und implantierbaren kardialen elektronischen Geräten
- Sonographie der Thoraxorgane und der thorakalen Gefäße einschließlich Doppler- und Duplexuntersuchungen (Richtzahl: 200)
- Mitwirkung bei intra- und/oder perioperativer transoesophagealer Echokardiographien einschließlich interdisziplinärer Befundinterpretation
- Mitwirkung bei transthorakalen Echokardiographien einschließlich interdisziplinärer Befundinterpretation
- Indikation, Durchführung und Befunderstellung der intraoperativen und intraprozeduralen radiologischen Befundkontrolle
- Indikationsstellung und Befundinterpretation weiterer bildgebender Verfahren
Therapeutische Verfahren
- Indikationsstellung zu konventionell chirurgischen, minimal-invasiven und interventionellen Eingriffen bei angeborenen und erworbenen Erkrankungen des Herzens und der thorakalen Gefäße
- Indikationsstellung zu herzchirurgischen Eingriffen und Hybridverfahren bei multimorbiden Patienten Operative Eingriffe mit Hilfe oder in Bereitschaft der extrakorporalen Zirkulation (Richtzahl: 100), davon
- an Koronargefäßen (Richtzahl: 40)
- an Herzklappen, konventionell und/oder kathetergestützt (Richtzahl: 25)
- bei angeborenen Herzfehlern
- an der thorakalen Aorta, konventionell und/oder kathetergestützt
- am Reizleitungssystem
- am Perikard
- bei Verletzungen, Tumoren und Thromboembolien
- Erste Assistenz bei komplexen fachspezifischen Operationen, z. B. Kombinationseingriffe und Re-Operationen (Richtzahl: 20)
- Operative Eingriffe ohne Einsatz der extrakorporalen Zirkulation (Richtzahl: 170), davon
- Anlage von passageren Schrittmachersonden (Richtzahl: 25)
- Implantation von kardialen elektronischen Geräten (Richtzahl: 25)
- Thorakotomie und Exploration des Situs, z. B. bei Thoraxstabilisierung, Fremdkörperexstirpation, Thoraxverletzungen, Implantatentfernung (Richtzahl: 35)
- Operationen an der Lunge und am angrenzenden Mediastinum in Zusammenhang mit herzchirurgischen Eingriffen (Richtzahl: 10)
- Operationen an peripheren Gefäßen in Zusammenhang mit herzchirurgischen Eingriffen, z. B. Rekonstruktionen peripherer Gefäße nach Einsatz von Kreislaufassistenzsystemen und/oder der extrakorporalen Zirkulation, Entnahme von Bypassconduits, Thrombektomien (Richtzahl: 50)
Strahlenschutz
- Grundlagen der Strahlenbiologie und Strahlenphysik bei der Anwendung ionisierender Strahlen am Menschen
- Grundlagen des Strahlenschutzes beim Patienten und Personal einschließlich der Personalüberwachung und des baulichen und apparativen Strahlenschutzes
- Voraussetzungen zur Erlangung der erforderlichen Fachkunden im gesetzlich geregelten Strahlenschutz
Quellen: Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC), www.chirurg-werden.de, Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2023, Musterweiterbildungsordnung 2018 der Bundesärztekammer
Aktuelle Stellenangebote in diesem Fachgebiet:
Assistenzarztstellen Herzchirurgie
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