
Wie in vielen anderen Bereichen gibt es auch bei der fachärztlichen Weiterbildung derzeit einen Strukturwandel. Der Trend geht zunehmend hin zum niedergelassenen Bereich. Das überrascht nicht: Denn der technologische Fortschritt führt zu einer steigenden Spezialisierung in der Medizin – und dadurch werden internistische Schwerpunkte wie Diabetologie oder Rheumatologie vermehrt aus den Krankenhäusern in die ambulante Versorgung verlagert. Es ist anzunehmen, dass die anstehende Krankenhausreform diese Entwicklung weiter verstärken wird, und es könnte in Zukunft möglich sein, den Facharztstatus ausschließlich ambulant zu erwerben.
Aber Vorsicht: Die Verlagerung der Facharztausbildung in den ambulanten Bereich gilt nicht für alle Fachrichtungen und in allen Ländern gleichermaßen. In einigen Fachbereichen findet die Ausbildung nach wie vor hauptsächlich in Krankenhäusern statt. Die genaue Entwicklung kann je nach Land, Fachrichtung und den individuellen Präferenzen der Ärztinnen und Ärzte variieren. Dennoch zeichnet sich insgesamt eine klare Tendenz ab, die unterschiedliche Auswirkungen mit sich bringt.
Die Musterweiterbildungsordnung bietet bereits jetzt eine ortsunabhängige Kompetenzorientierung. Darüber hinaus haben zahlreiche ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte eine Weiterbildungsbefugnis, die sie jedoch nicht immer ausüben. Es sollten Anreize geschaffen werden, um sie zur aktiven Beteiligung an der Weiterbildung zu motivieren. Hierfür könnte zunächst eine Anpassung der Weiterbildungsinhalte erfolgen, wie von der Selbstverwaltung gefordert. Ein entsprechender Vorschlag kommt vom Präsidenten der Landesärztekammer Schleswig-Holstein: Danach sollen die Weiterbildungsinhalte daraufhin überprüft werden, ob sie für die Facharztqualifikation zwingend notwendig sind und welche Kompetenzen auch noch später als anerkannter Facharzt oder anerkannte Fachärztin erworben werden können. Dies könnte die Weiterbildungskapazitäten erhöhen und überlange Weiterbildungszeiten verkürzen. Besonders wichtig wäre das für die vielen jungen Ärztinnen und Ärzte, die in Teilzeit arbeiten.
Eine Frage der Finanzierung
Ein Hauptproblem, das gelöst werden muss, ist die unzureichende Finanzierung. Die ärztliche Weiterbildung in Praxen wird nicht vergütet. Das bedeutet, dass zusätzliche Leistungen, die von Weiterbildungsassistenten und -assistentinnen erbracht werden, allein von den Praxisinhabern finanziert werden müssen. Im aktuellen Vergütungssystem schmälert sich dadurch deren Einkommen Es gibt Ansätze zur Lösung dieses Problems: Der Paragraph 75a im Sozialgesetzbuch V ermöglicht beispielsweise eine teilweise Förderung der Weiterbildung durch Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassen. Diese Maßnahmen reichen jedoch nicht aus – insbesondere, wenn die Weiterbildung verstärkt in den ambulanten Bereich verlagert werden soll.
Krankenkassen zeigen sich in Bezug auf die Finanzierung von Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung zögerlich, und die Verantwortung wird hauptsächlich den Praxen zugeschrieben. Die bevorzugte Lösung aus ärztlicher Sicht wäre es, die Budgetierung in der vertragsärztlichen Versorgung abzuschaffen – und zwar nicht nur im hausärztlichen, sondern auch im fachärztlichen Bereich. So könnte ein marktwirtschaftliches Modell dezentraler Entscheidungen entstehen, bei dem Weiterbildungsstellen entsprechend dem zukünftigen Versorgungsbedarf angeboten werden könnten. Ob die Verantwortlichen zu einer Einigung kommen, ist derzeit unklar. Am Ende könnte es notwendig werden, dass der Gesetzgeber eine Regelung findet – das wäre nicht das erste Mal.
Darum ist die ambulante Facharztweiterbildung attraktiv:
- Flexibilität: Die ambulante Tätigkeit ermöglicht Ärztinnen und Ärzten eine größere Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeit und Arbeitsort. Sie haben die Möglichkeit, in verschiedenen Praxen oder medizinischen Einrichtungen zu arbeiten.
- Work-Life-Balance: Die ambulante Tätigkeit bietet Ärztinnen und Ärzten oft eine bessere Work-Life-Balance. Sie können ihre Arbeitszeit flexibler gestalten und dadurch mehr Zeit mit Familie, Hobbys und persönlichen Interessen verbringen.
- Eigenverantwortung: In der ambulanten Versorgung haben Medizinerinnen und Mediziner eine größere Eigenverantwortung. Sie treffen eigenständig medizinische Entscheidungen und können ihre Patientinnen und Patienten langfristig begleiten. Dies kann für viele Ärztinnen und Ärzte eine größere berufliche Zufriedenheit bedeuten.
- Spezialisierungsmöglichkeiten: Im ambulanten Bereich haben Ärztinnen und Ärzte oft die Möglichkeit, sich auf bestimmte Fachgebiete zu spezialisieren und sich als Expertinnen und Experten in ihrem Bereich zu etablieren. Dies kann zu einer höheren fachlichen Anerkennung und Karrieremöglichkeiten führen.
- Bürokratie und Arbeitsbelastung: In vielen Krankenhäusern sind Ärztinnen und Ärzte mit einer hohen Bürokratie und Arbeitsbelastung konfrontiert. Die ambulante Tätigkeit kann in einigen Fällen eine geringere administrative Belastung bedeuten und ihnen ermöglichen, sich stärker auf die medizinische Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten zu konzentrieren.