Schuberts Sprechstunde: „Mein Kollege ist so unfassbar unzuverlässig – was raten Sie mir?“

13 Mai, 2025 - 07:00
Dipl.-Psych. Petra Schubert
Schuberts Sprechstunde: Dipl.-Psych. Petra Schubert
Dipl.-Psych. Petra Schubert

Dipl.-Psych. Petra Schubert berät seit vielen Jahren Unternehmen aus der Gesundheitswirtschaft zu Themen rund ums Personalmanagement. An dieser Stelle beantwortet sie die interessantesten Fragen, die Ärztinnen und Ärzte aus der Klinik ihr in Coachings stellen.

Mein Kollege ist so unfassbar unzuverlässig – was raten Sie mir?

„Wir sind eine große Gastroenterologische Abteilung, das Arbeitsklima ist gut. Auch unser Chefarzt ist kooperativ, wir Oberärzte können alles mit ihm besprechen. Leider hat einer meiner Kollegen die Eigenart, nicht zuverlässig zu sein. Er ist der Letzte, der Befunde und Arztbriefe zusammenstellt. Auch bei Absprachen, bei denen er Inhalte zuliefern oder zum Schluss die Gesamtzusammenfassung liefern muss, ist er oft nicht rechtzeitig. Dadurch geraten wir oft in Verzug. Wir beide arbeiten oft zusammen und wurden schon mehrfach vom Chefarzt gefragt, wo die Inhalte bleiben. Das ist mir extrem unangenehm und es ärgert mich, weil es so aussieht, als hätte ich auch Schuld. Ich weise meinen Kollegen regelmäßig darauf hin, erinnere ihn an Termine, mache ihm Druck, aber meist führt das zu gar nichts, außer dazu, dass ich mich ärgere. Wie kann ich vorgehen?“

Petra Schubert: „Unzuverlässigkeit und Unpünktlichkeit finde ich äußerst mühsam und ärgerlich. Ich kann gut verstehen, dass sie darüber verärgert sind und nicht wollen, dass Ihre eigene Leistung in Verbindung gebracht wird mit der Ihres Kollegen. Ich würde an Ihrer Stelle den Kollegen darauf ansprechen, dass Sie seine Unzuverlässigkeit nicht mehr hinnehmen und ihn nicht mehr decken. Sie könnten ihm verdeutlichen, dass Sie bei der nächsten Zusammenarbeit, sobald es zu einer Unzuverlässigkeit kommt, zu Ihrem Chefarzt gehen und ihm sagen, woran die Verzögerungen liegen. Ich würde auch darauf hinweisen, dass dies dann das letzte Mal ist, dass Sie sich zur Zusammenarbeit bereit erklären und Sie in Zukunft Ihrem Chefarzt jedes Mal mitteilen, wer für Verzögerungen verantwortlich ist.

Wichtig ist, dass Ihrem Kollegen klar wird, dass Sie sein Verhalten nicht mehr decken und Sie ihn auch bei seinen Inhalten nicht mehr unterstützen, sofern er sich nicht an die vorgegebene Zeit und Abläufe hält. Wichtig ist auch, dass Ihrem Chefarzt klar wird, dass das Verschulden und die Verzögerungen an Ihrem Kollegen liegen. Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen!“

Ein Kollege rechnet Spesen falsch ab – wie gehe ich damit um?

„Wir haben in unserer Uniklinik eine hohe Expertise, fahren oft auf Kongresse und halten Vorträge. Daher erstellen wir regelmäßig Spesenabrechnungen. Wir erhalten eine Kilometerpauschale und reichen die eingetragenen Kilometer und mögliche zusätzliche Kosten wie Hotelkosten bei unserem Chefarztsekretariat ein. Mein Kollege, der ebenso wie ich oft auf Kongresse fährt, wohnt bei mir in der Nähe, etwa 1,5 Kilometer entfernt. Insofern fallen bei uns meist ähnlich viele Kilometer an, wenn wir von zu Hause anreisen oder gemeinsam fahren. Ich bin mit der Angabe der Kilometer immer korrekt, da mir wichtig ist, dass ich nur abrechne, was ich gefahren bin. Als ich das letzte Mal meine Abrechnung auf den Schreibtisch der Sekretärin legte, ist mir die Abrechnung meines Kollegen aufgefallen, die dort offenlag. Da wir beim letzten Kongress nicht aus der gleichen Richtung kamen, fuhren wir mit zwei Autos. Ich gehe davon aus, dass er auf der Hinfahrt nicht so viele Kilometer mehr gefahren ist, wie er eingetragen hatte. Und für die Rückfahrt hatte er 30 Kilometer mehr eingetragen als ich. Ich finde das befremdlich und habe das Gefühl, dass er etwas Zusatzgeld verdienen will. Was soll ich als Leitender Oberarzt tun?“

Petra Schubert: „Ich kann gut verstehen, dass Sie das befremdlich finden. An Ihrer Stelle würde ich Ihren Kollegen direkt darauf ansprechen und ihm schildern, dass Sie Ihre Abrechnung auf den Sekretariatsschreibtisch legen wollten und dabei seine Abrechnung gesehen haben. Ich würde ihn fragen, nicht anklagen, wo er auf dem Hinweg langgefahren sei, da Sie gesehen hätten, wie viele Kilometer er gefahren sei; er hätte ja eine ganz schöne Strecke zurückgelegt. Hinsichtlich des Rückwegs könnten Sie ihn fragen, ob er in einen Stau geraten sei oder einen Umweg fahren musste, da Ihnen aufgefallen sei, dass er mehr Kilometer aufgeschrieben habe als Sie.

Ich finde es nicht verwerflich, Ihren Kollegen darauf anzusprechen. Aus meiner Sicht ist es wichtig, solche Spekulationen und Gedanken klar und richtig zu stellen. Nun kann der Kollege sich dazu äußern und erläutern, warum er die aus Ihrer Sicht zu viel gefahrenen Kilometer aufgeschrieben hat und woher seine Berechnung kommt. Falls die Erläuterung einleuchtend ist, würde ich es an Ihrer Stelle dabei bewenden lassen. Der Kollege weiß jetzt, dass Sie auf diese Inhalte achten. Sie könnten ihm zudem erläutern, wie Sie die Kilometer berechnen, nicht anklagend, sondern als Abgleich des Vorgehens. Alles Gute dabei!“

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Meine Kollegin ist zu pingelig in Anamnesegesprächen – was kann ich tun?

„Wir sind eine kleine Abteilung der Inneren. Wir alle üben unseren Job leidenschaftlich aus. Meine Kollegin jedoch, auch Assistenzärztin, ist mit solchem Feuereifer bei der Sache, dass sie oft zu genau und detailliert in der Anamnese und Diagnostik vorgeht. Sie quetscht unsere Patienten nach Strich und Faden über deren Krankheitsbild und Verlauf aus und bringt alle möglichen diagnostischen Instrumente und Methoden zum Einsatz. In vielen Fällen ist das aus meiner Sicht überhaupt nicht nötig. Es stresst die Patienten meist zusätzlich, da sie sich oft gar nicht so detailliert an einzelne Verläufe erinnern. Zudem sind viele diagnostische Methoden im ersten Schritt gar nicht notwendig, aber aufwendig. Das führt dazu, dass die Patienten lange Warteschleifen hinnehmen müssen und Therapien sich verzögern. Andererseits kann ich gut verstehen, dass meine Kollegin Symptome möglichst genau erfassen will, um Patienten bestmöglich zu behandeln. Was kann ich tun?“

Petra Schubert: „Ich habe oft erlebt, dass Assistenzärzte zu Beginn ihrer Karriere lieber etwas zu genau Daten und Verläufe der Krankheit erfassen wollen. Dies gibt sich meist im Laufe der Zeit. Da Sie beide Assistenzärzte sind und einen ähnlichen Blick auf Krankheitsgeschichten und Patienten haben, ist es aus meiner Sicht wichtig, Ihre Kollegin auf Ihren Eindruck anzusprechen. Sie könnten Sie bitten, sich in die Lage der Patienten hineinzuversetzen und ihr darlegen, wie die Patienten dieses detaillierte Vorgehen stressen kann. Meist haben Patienten den Wunsch, schnell mit einer Therapie zu beginnen, da sie so die Möglichkeit sehen, ihr Leiden zu lindern. Sie könnten ihrer Kollegin zudem anbieten, gemeinsam einen Maßnahmenplan auszuarbeiten. Dieser könnte Fragen in der Anamnese umfassen und notwendige übliche diagnostische Methoden. So würde Ihre Kollegin Sicherheit gewinnen und hätte für sich einen Ablauf – sofern sie es zulässt, von Ihnen Tipps und Tricks zu bekommen.

Bitte gehen Sie vorsichtig vor, damit Ihre Kollegin nicht das Gefühl bekommt, dass Sie sich „über sie stellen“ und es besser wissen. Vielleicht können Sie ihr vorschlagen, gegenseitig voneinander zu lernen, sodass Sie bei einer Anamnese und Diagnostik der Kollegin dabei sind, wenn Ihr Dienstplan dies zulässt, und ebenso Ihre Kollegin bei Ihnen. Auf dieser Basis könnten Sie absprechen, wie sie künftig vorgehen, sofern das nicht schon in der Abteilung geregelt ist. Dieses Standardverfahren könnten Sie zudem mit Ihrem Chefarzt absprechen und diesem dadurch eine offizielle Genehmigung verleihen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!“

Dtsch Arztebl 2025; 122(10): [2]

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