Facharzt-Weiterbildung Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie: Dauer, Inhalte, Perspektiven

10 Mai, 2024 - 09:19
Stefanie Hanke
Chirurg und Chirurgin besprechen Gesichtsstraffung einer Patientin

Augenlider straffen und Nasen korrigieren aber auch Menschen nach einem Unfall oder einer Krebserkrankung ihr früheres Gesicht zurückgeben: Fachärzte und Fachärztinnen für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie kümmern sich vor allem um das Aussehen ihrer Patienten.

Auf einen Blick: Weiterbildung (Facharztausbildung) Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie

  • Definition: Die Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie beschäftigt sich mit Eingriffen, die aus funktionellen oder ästhetischen Gründen vor allem am sichtbaren Teil des Körpers vorgenommen werden. Dabei werden Körperformen und sichtbar gestörte Funktionen wiederhergestellt oder verbessert. Darunter fallen beispielsweise Rekonstruktionen nach Unfällen oder Tumoren, aber auch die Schönheitschirurgie.
  • Dauer: Die Facharzt-Weiterbildung in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie dauert 72 Monate. Davon müssen jeweils 6 Monate in der Intensivmedizin und in der Notfallaufnahme abgeleistet werden. Bis zu 12 Monate können in anderen Gebieten erfolgen.
  • Anzahl der Fachärzte: In Deutschland gibt es 1.074 Fachärztinnen und Fachärzte für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie. Davon sind 1.017 berufstätig. 397 arbeiten ambulant und 579 stationär in einer Klinik.

Der Begriff "plastische" Chirurgie stammt aus der bildenden Kunst: Hier steht "Plastik" für eine Skulptur, die durch das Modellieren eines Materials wie beispielsweise Ton entsteht. Diese Definition umreißt schon ziemlich genau, worum es in diesem Fachgebiet geht: Die Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie modelliert in gewisser Weise die Körper der Patienten.

Dabei greift es aber zu kurz, die Plastische Chirurgie mit reiner Schönheitschirurgie gleichzusetzen. In der Facharzt-Weiterbildung liegt der Schwerpunkt deutlich stärker auf den rekostruktiven Eingriffen, bei denen verlorengegangene Funktionen des Körpers operativ wiederhergestellt werden – beispielsweise nach Verletzungen, Tumorentfernungen oder Fehlbildungen. Wie auch in den anderen chirurgischen Fachgebieten besteht die Facharzt-Weiterbildung auf diesem Gebiet in den ersten beiden Jahren aus dem so genannten "Common Trunk". In dieser Basisweiterbildung lernen Assistenzärztinnen und Assistenzärzte zunächst die basischirurgischen Grundlagen.

Ein Teilbereich der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgie ist die Verbrennungschirurgie. Hier geht um die Behandlung von Haut, die verbrüht, verbrannt, verätzt, durch Strom oder durch Blitzschlag verletzt wurde. Vor allem bei schweren Verletzungen wie z.B. tief zweitgradigen und drittgradigen Verbrennungen können Chirurgen dieses Fachgebiets helfen – beispielsweise mit einer Hauttransplantation. Neben einer ästhetischen Behandlung, bei der Brandmale und Narben entfernt werden, geht es auch um die Wiederherstellung der Bewegungsfunktionen, beispielsweise bei Brandwunden an den Händen.

Apropos Hände: Die Handchirurgie ist ein fächerübergreifendes Spezialgebiet der Plastischen Chirurgie und der Orthopädie und Unfallchirurgie. Die Plastische Chirurgie ist in diesem Zusammenhang vor allem wegen der gewebeschonenden, atraumatischen Operationstechnik wichtig: Denn bei den Händen liegen viele Feinstrukturen wie Sehnen, Nerven und Blutgefäße dicht beieinander. Deshalb spielen mikrochirurgische Techniken hierbei eine wesentlich größere Rolle als im Bereich anderer Körperregionen.

Fachärzte für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie brauchen neben geschickten Händen auch gute kommunikative Fähigkeiten. Denn sie arbeiten eng mit Kollegen aus anderen Fachrichtungen zusammen: Beispielsweise bei Brustoperationen mit der Gynäkologie, bei Gesichtsoperationen mit der HNO-Heilkunde oder der MKG-Chirurgie. Und auch die Beratung von Patienten spielt in diesem Fachgebiet eine große Rolle. Schließlich bringt jeder operative Eingriff Risiken mit sich – das bedeutet vor allem bei ästhetischen Operationen ein gründliches Abwägen zwischen Nutzen und Risiko. Der Patient sollte genau über die Erfolgsaussichten und möglichen Komplikationen aufgeklärt werden. Nur wenn seine Erwartungen an das Ergebnis des Eingriffs realistisch sind, kann die Operation auch zu einem besseren Körpergefühl und mehr Lebensqualität führen.

Denn gerade auf dem Gebiet der Ästhetischen Chirurgie geht es häufig um eine Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper: Vermeintliche Makel wie abstehende Ohren oder tiefe Falten können das Selbstwertgefühl der Patienten mindern und so zu psychischen Beschwerden führen. Während Operationen an diesen Merkmalen dabei für die Ärzte Routineeingriffe sind, lehnen seriöse Chirurgen den Wunsch nach reinen Lifestyle-Operationen wie „Katzenaugen“ oder grotesk großen Brüsten ab.

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Plastischer Chirurg werden: Die Weiterbildung (Facharztausbildung) im Überblick

Dauer der Weiterbildung

Die Weiterbildungszeit in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie beträgt 72 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten in einer Weiterbildungsstätte, davon

  • müssen 48 Monate in Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie abgeleistet werden
  • müssen 6 Monate in der Notfallaufnahme abgeleistet werden
  • müssen 6 Monate in der Intensivmedizin abgeleistet werden
  • können zum Kompetenzerwerb bis zu 12 Monate Weiterbildung in anderen Gebieten erfolgen

Inhalte der Weiterbildung

Übergreifende Inhalte

  • Wesentliche Gesetze, Verordnungen und Richtlinien
  • Chirurgische Techniken und Instrumentengebrauch, insbesondere Inzision, Präparation, Retraktion, Naht- und Knotentechniken einschließlich Laseranwendung unter Berücksichtigung der verschiedenen Gewebestrukturen
  • Chirurgische perioperative Behandlung einschließlich Vorbereitung, Lagerungstechniken, Nachsorge und Komplikationsmanagement sowie Indikationsstellung zu weiterführenden Maßnahmen
  • Techniken der temporären Ruhigstellung und Fixationsverbände
  • Prophylaxe, Diagnostik und Therapie von Thrombosen
  • Wundheilung und Narbenbildung
  • Wundmanagement und stadiengerechte Wundtherapie sowie Verbandslehre einschließlich verschiedene Wundauflagen, Unterdruck- und Kompressionstherapie
  • Defektdeckung bei akuten und chronischen Wunden
  • Grundlagen der medikamentösen Tumortherapie
  • Basisbehandlung palliativmedizinisch zu versorgender Patienten
  • Scoresysteme und Risikoeinschätzung

Lokalanästhesie und Schmerztherapie

  • Lokal- und Regionalanästhesien
  • Abklärung peri- und postoperativer Schmerzzustände
  • Diagnostik und Therapie nach dokumentierten Schmerztherapieplänen
  • Behandlung von Patienten mit komplexen Schmerzzuständen
  • Injektionen und Punktionen

Notfall- und Intensivmedizin

  • Erkennung und Behandlung akuter Notfälle einschließlich lebensrettender Maßnahmen
  • Kardiopulmonale Reanimation
  • Pathophysiologie von schweren Verletzungen, des Polytraumas und deren Folgen
  • Indikationsstellung zur Notfall-Laparotomie und Thorakotomie
  • Überwachung, Monitoring, Dokumentation und Betreuung von intensivmedizinischen Patienten
  • Differenzierte Beatmungstechniken
  • Atemunterstützende Maßnahmen bei intubierten und nicht-intubierten Patienten
  • Beatmungsentwöhnung bei langzeitbeatmeten Patienten
  • Mitbehandlung bei septischen Krankheitsbildern
  • Pharmakologie der Herz-Kreislauf-Unterstützung
  • Infusions-, Transfusions- und Blutersatztherapie, enterale und parenterale Ernährung
  • Zentralvenöse Zugänge (Richtzahl: 20)
  • Arterielle Kanülierung und Punktionen
  • Thorax-Drainage
  • Legen eines transurethralen und/oder suprapubischen Katheters

Spezifische Inhalte der Facharzt-Weiterbildung Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie

Übergreifende Inhalte

  • Einleitung und Durchführung von berufsgenossenschaftlichen Heilverfahren einschließlich Durchgangsarztverfahren
  • Grundlagen der Verwendung alloplastischer Materialien
  • Wissenschaftlich begründete Gutachtenerstellung (Richtzahl: 10)

Plastisch-chirurgische Notfälle

  • Behandlungsoptionen fachspezifischer akuter Organstörungen, Verletzungen, Infektionen, Durchblutungsstörungen, insbesondere der Hand, der Weichteile und der Haut
  • Erstversorgung von komplexen Verletzungen
  • Schwere Weichteilverletzungen (Richtzahl: 5)
  • Erstversorgung komplexer Handverletzungen und Amputationen sowie Therapieplanung (Richtzahl: 5)
  • Wundversorgung großer Gesichts- und Kopfwunden (Richtzahl: 10)
  • Weichteilinfektionen (Richtzahl: 10)
  • Primäre Reposition von Luxationen und Frakturen an Hand und Handgelenk (Richtzahl: 10)
  • Extravasationen
  • Escharotomie und Kompartmentspaltung (Richtzahl: 5)

Diagnostische Verfahren

  • Indikation, Durchführung und Befunderstellung der intraoperativen radiologischen Befundkontrolle
  • Indikationsstellung und Befundinterpretation weiterer bildgebender Verfahren
  • Weichteilsonographie (Richtzahl: 100)
  • Duplexsonographie der peripheren Gefäße

Rekonstruktive plastische Eingriffe

  • Therapieoptionen bei tiefgehenden, ausgedehnten und fortschreitenden Entzündungen nach operativer Versorgung oder bei Weichteiluntergang mit Nekrosen von Haut, Faszien und Muskeln einschließlich Kompartmentsyndrom sowie angeborener Fehlbildungen, erworbener Erkrankungen und Verletzungen von funktionellen Strukturen
  • Grundlagen der chirurgischen Onkologie einschließlich der konservativen und operativen Behandlungsmethoden
  • Operationsschritte bei rekonstruktiven Eingriffen an Rumpf und Extremitäten, bei Narben- und Nabelhernien
  • Débridement und Resektionen sowie Defektdeckung bei Infektionen und Tumoren einschließlich der septischen Traumachirurgie, davon (Richtzahl: 25)
    • allschichtige Resektionen bei Osteomyelitis (Richtzahl: 5)
  • Mikrochirurgische Gefäßanastomosen (Richtzahl: 20)
  • Erste Assistenz bei freien mikrovaskulär angeschlossenen Lappenplastiken einschließlich Hebung (Richtzahl: 5)
  • Erste Assistenz bei motorischen Ersatzplastiken (Richtzahl: 5)
  • Erste Assistenz bei mikrovaskulären gestielten Lappenplastiken (Richtzahl: 25)
  • Hauttransplantationen (Richtzahl: 25)
  • Myokutane Lappenplastiken (Richtzahl: 5)
  • Rekonstruktive Eingriffe im Kopf- und Halsbereich, davon
    • lokale Lappenplastiken (Richtzahl: 10)
    • gefäßgestielte Lappenplastiken (Richtzahl: 5)
  • Erste Assistenz bei komplexen Rekonstruktionen im Kopf- und Halsbereich (Richtzahl: 5)
  • Rekonstruktive Eingriffe an der Thoraxwand (Richtzahl: 15), davon
    • gefäßgestielte Lappenplastiken (Richtzahl: 10)
  • Rekonstruktive Eingriffe im Bereich der Mamma (Richtzahl: 20), davon
    • Brustrekonstruktionen mit Expander, Implantat und/oder Eigengewebe (Richtzahl: 10)
  • Rekonstruktive Eingriffe an Rumpf und Extremitäten, davon
    • lokale Lappenplastiken (Richtzahl: 20), davon
      • gefäßgestielte Lappenplastiken (Richtzahl: 10)
    • Defektdeckung bei Dekubitalulcera (Richtzahl: 10)
  • Rekonstruktive Eingriffe am äußeren Genitale, z. B. bei Tumoren, Genitalverstümmelung
  • Nervendekompressionen, auch bei Karpaltunnelsyndrom (Richtzahl: 20)
  • Primäre Koaptationen bzw. Transplantationen an Nerven (Richtzahl: 20), davon
    • an stammnahen Nerven (Richtzahl: 5)
    • bei Transplantationen (Richtzahl: 5)
  • Wiederherstellung von Knorpel- und Knochenstrukturen an den Extremitäten (Richtzahl: 5)
  • Rekonstruktiv-plastische Eingriffe am Fuß einschließlich Korrekturen am knöchernen Skelett (Richtzahl: 5)

Ästhetisch-chirurgische und körperformende Maßnahmen

  • Planung, Indikation, Aufklärung und Grenzen bei der Anwendung ästhetischer Maßnahmen unter Berücksichtigung psychologischer und psychosomatischer Exploration
  • Standardisierte Fotodokumentation
  • Ohrmuschelkorrekturen
  • Augenlidkorrekturen
  • Eingriffe an der Mamma (Richtzahl: 25), davon
    • Mammareduktionplastiken und Mastopexien (Richtzahl: 10)
    • Augmentationsplastiken (Richtzahl: 5)
    • operative Korrektur von Gynäkomastie/Lipomastie (Richtzahl: 5)
  • Aspirationslipektomien zur Körperkonturierung an Rumpf und Extremitäten (Richtzahl: 10)
  • Abdominoplastiken (Richtzahl: 10)
  • Oberarm- oder Oberschenkelstraffungen (Richtzahl: 5)
  • Erste Assistenz bei der Septorhinoplastik (Richtzahl: 5)
  • Erste Assistenz bei Gesichts- und Halsstraffungen (Richtzahl: 5)

Verbrennungsmedizinische Eingriffe

  • Diagnostik und Erstversorgung (Schwer-)Brandverletzter (Richtzahl: 25), davon
    • Verbrennungen 2. Grades von mehr als 10 % der Körperoberfläche bei Erwachsenen (Richtzahl: 15)
    • Verbrennungen 3. Grades von mehr als 5 % der Körperoberfläche bei Erwachsenen (Richtzahl: 5)
    • Verbrennungen der Hände, Füße, im Gesichts- und Genitalbereich
    • Verbrennungen 2. und 3. Grades bei Kindern
  • Therapieroptionen bei Verbrennungen 2. und 3. Grades sowie bei durch elektrischen Strom verursachten thermischen Schäden oder entsprechender Schädigung durch chemische Substanzen, auch im Gesicht, an Hand, Fuß oder im Genitalbereich sowie bei schwerwiegenden, großflächigen exfolitativen Hauterkrankungen oder allergischen Hautreaktionen
  • Anwendung chirurgischer Hautersatzverfahren (Richtzahl: 50), davon
    • nicht autolog (Richtzahl: 15)
  • Rekonstruktive Eingriffe bei Verbrennungen (Richtzahl: 5)
  • Narbenkorrekturen nach Verbrennungen (Richtzahl: 10)
  • Gewinnung und Verwendung von Hauttransplantaten einschließlich Keratinozytenzüchtung

Handchirurgische Eingriffe

  • Angeborene Fehlbildungen und erworbene Erkrankungen und Verletzungen der Hand
  • Eingriffe an der Hand, davon
    • Dupuytrensche Kontrakturen unterschiedlicher Schweregrade (Richtzahl: 10)
    • Ringbandspaltungen (Richtzahl: 5)
    • Resektion von Ganglien sowie Synovialitis (Richtzahl: 10)
    • Strecksehnen-Naht (Richtzahl: 10)
    • Beugesehnen-Naht (Richtzahl: 5)
    • Bandersatzplastik einschließlich Bandnaht (Richtzahl: 5)
  • Fingeramputationen und Handverschmälerungen
  • Erste Assistenz bei Replantationen und schweren komplexen Handverletzungen (Richtzahl: 5)
  • Operative Versorgung bei Infektionen im Bereich der Hand
  • Osteosynthetische Versorgung der Hand im Rahmen von Replantationen (Richtzahl: 15)
  • Konservative Frakturbehandlung und Ruhigstellungsverfahren nach Handoperationen
  • Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen nach Handverletzungen

Strahlenschutz

  • Grundlagen der Strahlenbiologie und Strahlenphysik bei der Anwendung ionisierender Strahlen am Menschen
  • Grundlagen des Strahlenschutzes beim Patienten und Personal einschließlich der Personalüberwachung und des baulichen und apparativen Strahlenschutzes
  • Voraussetzungen zur Erlangung der erforderlichen Fachkunden im gesetzlich geregelten Strahlenschutz

Quellen: Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC), Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen, Musterweiterbildung 2018 der Bundesärztekammer, Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2023
 


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