Ärztinnen und Ärzte in Führung: Leichter Führungs-Kompetenzen umsetzen

7 September, 2022 - 08:03
Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA
Ärztinnen und Ärzte in Führung: Prof. Dr. Sonja Güthoff
Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA ist Ärztin, Führungskräfte-Trainerin, Professorin für Health Care an der AKAD University sowie Stress- und Burnout-Coach und Leiterin der Leaders Academy Augsburg - Garmisch Partenkirchen.

Wie setze ich als Ärztin oder Arzt die Führungs-Kompetenzen leichter ein, die ich gelesen und mir selbst erarbeitet habe? Erhalten Sie in diesem Artikel Tipps, wie Sie insgesamt mehr Umsetzungskraft entwickeln können.

Seit bereits 14 Monaten erscheint die monatliche Artikel-Reihe "Ärztinnen und Ärzte in Führung" online auf ärztestellen.de. Viele Tipps und Tools rund um das Thema Führungs-Kompetenzen in der Klinik oder Praxis sind hier zu lesen. Angefangen mit Themen wie Konfliktlösungen und leichter schwere Entscheidungen treffen, über Feedbackgespräche planen, verschiedene Persönlichkeiten führen bis hin zu einer besseren Resilienz finden sich relevante Themen aus den Bereichen Team-Kommunikation, Führungs-Wirksamkeit und Selbstführungs-Kompetenzen.

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Offenbach am Main
30.09.2024, Gesundheit Nord gGmbH - Klinikverbund Bremen
Bremen

Es ist an der Zeit, uns selbst ehrlich zu fragen, was wir von den Tipps und Tool bereits umgesetzt haben? Als erstes eine kleine Beruhigung: Ein Großteil unseres Verhaltens läuft automatisiert und unterbewusst ab. Es bedarf vieler Wiederholungen und bewusstes Üben, um unsere Gewohnheiten zu ändern. Eine maßgebende Studie von Phillippa Lally und Team (Eur. J. Soc. Psychol. 2010; 40: 998–1009) zeigte zum Beispiel, dass in ihrem Modell Probandinnen und Probanden zwischen 18 und 254 Tage (Median 66 Tage) benötigten, um selbst gewählte, einfache Gewohnheiten (wie morgendliche Sit-Ups oder Essensgewohnheiten wie etwas Obst essen) zu automatisieren. Haben Sie also ein wenig Geduld mit sich und starten Sie in die Umsetzung.

Tipp:

Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und schreiben Sie auf, was Sie im Bereich der Führungs-Kompetenzen nachhaltig umsetzen möchten. Was schieben Sie bereits vor sich her?

Formel für mehr Umsetzungskraft

Wie funktioniert es jedoch leichter, vorgenommene Dinge wie z.B. Führungs-Kompetenzen im (Klinik- oder Praxis-)Alltag umzusetzen? Der Umsetzungs-Experte Dirk Rosomm definiert drei Stellschrauben für mehr Umsetzungskraft. Er formuliert, dass die Umsetzungskraft das Produkt aus Klarheit, Energie und Produktivität sei:

Klarheit x Energie x Produktivität = Umsetzungskraft.

Mehr Klarheit durch qualitativ hochwertige Fragen

Die erste Stellschraube und somit wichtiger Faktor für Ihre Umsetzungskraft ist die Klarheit. Ist es für Sie klar ersichtlich, wie Sie Ihr Vorhaben umsetzen möchten?

Unser Gehirn ist grundsätzlich darauf ausgerichtet, Lösungen zu finden. Wenn wir uns jedoch zum Beispiel meist etwas selbstvorwurfsvoll die Frage stellen, warum wir etwas noch nicht geschafft haben, dann hilft uns die Antwort meist nicht suffizient weiter. Vielmehr braucht es die Frage danach, wie wir etwas schaffen können. Also proaktiv, positiv formulierte Fragen, die nach vorne gerichtet sind und unser Gehirn motivieren, eine Lösung zu finden. Dirk Rosomm nennt diese effektiven Fragen auch qualitativ hochwertige, also Q-Fragen.

Toolbox Führung

Qualitativ hochwertige Fragen (Q-Fragen)

  • Fragen, die sich in Ihrem Einflussbereich befinden,
  • Fragen, die proaktiv formuliert sind,
  • Fragen, die sich auf die Gegenwart oder Zukunft beziehen und
  • Fragen, mit denen Sie sich gerne beschäftigen möchten (spürbar an einem positiv aufgeregten Gefühl).

Wenn wir andere Resultate in unserem (Arbeits-)Alltag haben möchten, müssen wir (uns) andere Fragen stellen. Grafik zum Q-Mindset zum Download (pdf, 374 kB).

nach Dirk Rosomm

Anhand Ihres Umsetzungsvorhabens, das Sie oben formuliert haben: Wie könnte hier eine Q-Frage lauten, die klar formuliert ist und so interessant für Sie ist, dass Sie schon eine positive Unruhe verspüren, eine Lösung auf diese Frage zu finden?

Energiehaushalt stärken

Um in die Umsetzung zu kommen, benötigen wir neben den alltäglichen Herausforderungen in der Klinik oder Praxis genügend Energie. Hierfür ist es wichtig, sich erstmal darüber bewusst zu werden:

  1. Was oder wer raubt mir im (Arbeits-)Alltag Energie?
  2. Was oder wer gibt mir im (Arbeits-)Alltag Energie?

Bei den sogenannten Energiefressern kann es sich um negative Kolleginnen und Kollegen handeln, die alles schlecht reden. Auch im privaten Umfeld gibt es häufig Personen, die uns mehr Energie kosten, als die Beziehung uns gibt. Versuchen Sie, wenn dies möglich ist, diesen Menschen aus dem Weg zu gehen oder sich zumindest nicht von der Negativität anstecken zu lassen.

Auch sogenannte „Open Loops“ (bekannt als Zeigarnik Effekt, der von der Psychologin Bluma Zeigarnik an der Universität Berlin bereits 1927 definiert wurde) können Ihnen Energie rauben. Hierbei handelt es sich um das Phänomen, dass unser Gehirn die Tendenz zeigt, inkomplette Aufgaben mehr zu erinnern und darauf zu fokussieren als im Falle von bereits abgeschlossenen.

Merke:

Schließen Sie „Open Loops“

Entscheidungen, die noch nicht getroffen sind, und Aufgaben, die wir noch nicht ausgeführt haben, sind sogenannte „Open Loops“. Diese beschäftigen uns teilweise unbewusst weiter, wodurch Energien gebunden werden.

nach Dirk Rosomm

Schließen Sie „Open Loops“, indem Sie Entscheidungen nicht vor sich herschieben, sondern diese schnell und effektiv treffen (Tipps hierzu finden Sie unter https://aerztestellen.aerzteblatt.de/de/redaktion/aerzte-und-aerztinnen-fuehrung-entscheidungen-treffen). Versuchen Sie ebenso, Aufgaben zuende zu bringen. Fangen Sie z.B. einen Arztbrief oder OP-Bericht an und werden unterbrochen, dann benötigen Sie anschließend nicht nur zusätzliche Zeit, sich erneut einzulesen und hineinzudenken. Vermutlich bleibt Ihnen auch während der Unterbrechung in Gedanken hängen, dass Sie gewisse Details nicht vergessen möchten, so dass unterschwellig auch für diese Art von „Open Loops“ Energie für die eigene Selbsterinnerung gebunden wird.

Darüber hinaus sollten Sie wissen, was Ihnen im (Arbeits-)Alltag Kraft gibt, so dass Sie Ihre Energiespeicher wieder auffüllen können. Wie sieht für Sie ein gesundes, erfüllendes Leben aus? Haben Sie die einzelnen Bereiche Ihres Lebens schon genauer unter die Lupe genommen und überlegt, wo Sie Kraft schöpfen können (siehe https://aerztestellen.aerzteblatt.de/de/redaktion/aerztinnen-und-aerzte-fuehrung-leichtere-selbstfuehrung)? Tipps und Tools für mehr Resilienz im Klinik- oder Praxisalltag können Ihnen ebenfalls mehr Energie geben, um Ihr Vorhaben umzusetzen (siehe
https://aerztestellen.aerzteblatt.de/de/redaktion/aerztinnen-und-aerzte-fuehrung-leichter-resilient-fuehren).

Produktivität

Wie wir noch aus der Physik wissen, ist die Leistung der Quotient aus der verrichteten Arbeit und der dafür benötigten Zeit. Die Produktivität beschreibt das Verhältnis zwischen der Investition (Input) und dem, was dabei herauskommt (Output). Dies kann für unterschiedliche Personen auch ganz unterschiedlich gewertet werden. Hinsichtlich unserer Umsetzungskraft stellt sich die Frage, wie wir die investierte Zeit effektiv einsetzen, um möglichst genügend Raum und Zeit zu haben, um Dinge umzusetzen, die wir uns vorgenommen habe.

30.09.2024, Tadewald Personalberatung GmbH
Bayern
30.09.2024, Vinzenz von Paul Kliniken GmbH - Marienhospital Stuttgart
Stuttgart

Tipps, wie wir uns in der zur Verfügung stehenden Zeit besser managen können (https://aerztestellen.aerzteblatt.de/de/redaktion/aerztinnen-und-aerzte-fuehrung-zeitmanagement), sind z.B.:

  • Unterbrechungen minimieren,
  • Multitasking vermeiden,
  • Aufgaben priorisieren und
  • an Mitarbeitende delegieren.

Gerade das Delegieren ist besonders wichtig und effektiv für Sie als Ärztin oder Arzt in Führung. Investieren Sie in Ihre Mitarbeitenden die Zeit, Ihnen möglichst viel Ihres Wissens weiterzugeben. Damit stärken Sie die Produktivität des gesamten Teams und werden zudem selbst entlastet.

Beispiel aus der Praxis

In diesem Artikel sind Sie selbst das beste Beispiel aus der Praxis. Überlegen Sie sich anhand Ihres eigenen Umsetzungsvorhabens von oben, welche Stellschraube(n) könnte(n) dafür verantwortlich sein, dass Ihnen die Umsetzung der Führungs-Kompetenzen noch schwerfällt - Klarheit, Energie und / oder Produktivität?

Welche Q-Fragen können Sie sich stellen, um mehr Klarheit zu gewinnen? Wie stärken Sie Ihren Energiehaushalt? Wie können Sie Ihre eigene Produktivität und die Ihres Teams verbessern?

Haben Sie mit sich Geduld und bleiben Sie an Ihrem Umsetzungsvorhaben dran. Sie werden sehen, dass es Ihnen immer leichter fällt, souverän und gelassen zu führen. Viel Freude beim Umsetzen Ihrer Führungs-Kompetenzen in der Klinik und Praxis.

Die Autorin:

Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA ist Ärztin, Führungskräfte-Trainerin, Professorin für Health Care an der AKAD University sowie Stress- und Burnout-Coach. Auf ärztestellen.de gibt sie regelmäßig Tipps zu Führungs-Themen. Als Leiterin der Leaders Academy Augsburg - Garmisch Partenkirchen begleitet sie Ärztinnen und Ärzte, aber auch Führungskräfte aus anderen Branchen dabei, sich und andere besser zu führen.

Sie möchten mehr erfahren? Das Modul „Umsetzungskraft stärken“ mit Dirk Rosomm als Umsetzungsexperte ist eines der Module im Führungskräfte-Konzept der Leaders Academy.

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Mehr Infos unter www.leaders-academy.com.

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