Ärztinnen und Ärzte in Führung: Mit MBA leichter führen?

7 Februar, 2024 - 07:38
Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA
Ärztinnen und Ärzte in Führung: Prof. Dr. Sonja Güthoff
Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA ist Ärztin, Führungskräfte-Trainerin, Professorin für Health Care an der AKAD University sowie Stress- und Burnout-Coach.

Ein beliebtes Zusatzstudium für Ärztinnen und Ärzte in Führung ist der „Master of Business Administration“ (MBA). Neben der Verbesserung der eigenen Karriere wird vor allem „Leadership“ als wichtigster Fokus im MBA Studium gesehen. Was genau ist eigentlich „Medical Leadership“? Erfahren Sie in diesem Artikel, wie Sie selbst Ihre eigenen Kompetenzen in „Medical Leadership“ ausbauen können.

Einer der häufigsten Abschlüsse, die im ärztlichen Bereich erworben werden, sei der „Master of Business Administration“ (MBA), wie Pfannstiel M. und Da-Cruz P. 2014 beschreiben (Management-Programme für Ärzte: Weiterkommen mit einem MBA. Dtsch Arztebl 2014; 111: 51-52). Die Autoren definieren auch, dass MBA-Programme die persönliche Karriere fördern und als Ausgangspunkt für den Erwerb von Leitungswissen dienen sowie die Basis für eine unternehmerische Tätigkeit bilden können. Leitungswissen stelle sicher, dass wiederum eine optimale Behandlungs- und Servicequalität sichergestellt werde und dass Mitarbeitende eingebunden und fortgebildet würden. Neben Kenntnissen zu Versorgungskonzepten seien umfassende betriebswirtschaftliche Kenntnisse notwendig, um die Zukunft einer Einrichtung oder einer Praxis zu sichern (Pfannstiel M. und Da-Cruz P. 2014, siehe oben).

Laut eines Artikels von Demmer Ch. in der Süddeutschen Zeitung (Mediziner-MBA - Heilen und wirtschaften, Süddeutsche Zeitung, 17. Oktober 2019) steige sowohl Angebot als auch Nachfrage nach MBA Programmen für Ärztinnen und Ärzte. „Skandalös gering“ sei das Wirtschaftswissen, das angehenden Ärztinnen und Ärzte im Medizinstudium vermittelt werde, und Ökonomie und Management würden im Curriculum des Medizinstudiums nicht abgebildet werden, so heißt es in diesem Artikel.

In den USA haben sich hingegen etliche kombinierte Programme entwickelt, die bereits parallel zum Medizinstudium das Studium zum MBA ermöglichen (Hollis J.H. et al. The MBA in Medical Education: Current MD/MBA Student Aspirations, Perceptions, and Motivations. Journal of Surgical Research 2021; 259: 305e312; mit Stand der zitierten Publikation seien es 73 MD/MBA in den USA).

Leadership als wichtigster Fokus im MBA

Betrachtet man die sogenannten „Executive“ MBA Programme für Ärztinnen und Ärzte, die erst nach dem Medizinstudium und vor allem auch mit bereits vorliegender Berufserfahrung absolviert werden, so lassen sich auf der Basis einer systematischen Literaturrecherche (Turner A.D. et al. Competitive Advantage of MBA for Physician Executives: A Systematic Literature Review. World J Surg 2018; 42:1655–1665) verschiedene Faktoren definieren, die im MBA vermittelt werden sollten bzw. als wichtiger Motivationstreiber für die absolvierenden Ärztinnen und Ärzte gesehen wurden. Bezogen auf die 23 analysierten Publikationen in der Übersichtsarbeit arbeiteten die Autoren heraus, in wie vielen Publikationen die folgenden Faktoren relevant waren: Leadership (n=17), Verbesserungsmöglichkeiten der Karriere (n=12), Team-Building Fähigkeiten (n=10), Verständnis finanzieller Aspekte in der Medizin (n=9), Verbesserung des Einkommens (n=8), Kenntnisse von Public Health Themen und Strategien (n=7), Verbesserung der Verhandlungsstrategie (n=7) und eine Verbesserung der Work-Life Balance (n=6) (Turner A. D. et al. 2018, siehe oben).

Medical Leadership

Der Begriff „Leadership“ sagt mehr aus, als nur zu führen. Vielleicht kennen Sie auch den Vergleich von „Boss“ und „Leader“, wie er in verschiedener Weise im Internet zu finden ist. Während ein „Boss“ sein Team z.B. antreibe, kritisiere, befehle, den größten Anteil der Kommunikation im Team einnehme und Mikromanagement betreibe, gehe ein „Leader“ dem Team begeisternd voran, ermuntere die einzelnen Mitarbeitenden, frage mehr, höre zu und delegiere mit Vertrauen.

Im medizinischen Umfeld setzt sich langsam die anglo-amerikanische Bezeichnung „Medical Leadership“ durch. Wir können es als Selbstverständnis sehen, dass wir Ärztinnen und Ärzte bereits von Anfang an führen; sei es, dass wir Famulierende oder Studierende im Praktischen Jahr anleiten oder jüngeren Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung sowie der Pflege Aufgaben delegieren. Aus jahrelanger Erfahrung in der Begleitung von Ärztinnen und Ärzten in Führung haben sich für mich als Studiengangsleiterin eines MBA Medical Leadership drei übergeordnete Kompetenzen herausentwickelt, die „Medical Leadership“ greifbarer machen: Teamkommunikation, Führungswirksamkeit und Selbstführungskompetenzen.

Merke

Medical Leadership = Teamkommunikation + Führungswirksamkeit + Selbstführungskompetenzen

Fragen Sie sich selbst, in welchen Bereichen von „Medical Leadership“ Sie schon richtig gut sind. Im Bereich Teamkommunikation können Sie reflektieren, wie Sie mit Fehlern umgehen? Verfügen Sie über das Wissen, wie man gelassen und souverän Konflikte steuern kann? Wie können Sie auf Augenhöhe Ziel- und Feedbackgespräche führen, konstruktiv kritisieren und mit schwierigen Mitarbeitenden umgehen? Verstehen Sie die Unterschiede der miteinander arbeitenden Generationen und deren Ansprüche sowie Bedürfnisse?

Betrachten Sie auch Ihre Führungswirksamkeit, indem Sie überlegen, welche Methoden und Strategien Sie kennen, Ihre Führungskompetenzen wirksam einzusetzen? Kennen Sie Ihre eigenen Verhaltens- bzw. Motivations-Muster und wissen Sie die unterschiedlichen Muster Ihrer Mitarbeitenden zu erkennen sowie damit umzugehen? Sind Sie sich über Ihre Steuerelemente der inneren und äußeren Haltung bewusst? Wie gut gelingt Ihnen die respektvolle Führung, indem Sie auch Wahrnehmungsdifferenzen erkennen und Perspektivenwechsel nutzen?

Wie ausgeprägt sind Ihre Selbstführungskompetenzen, so dass Sie gut auf Ihre gesunde Selbstführung achten und sich selbst sowie Ihrem Team eine resiliente, gesunde Arbeitsumgebung schaffen? Haben Sie für sich und Ihr Team Methoden entwickelt, Prioritäten im Arbeitsalltag zu setzen und Multitasking zu vermeiden? Sind Sie sich Ihrer Vorbildfunktion für Ihr Team hinsichtlich positiver, aber auch negativer Verhaltensweisen und der Verantwortung als Führungskraft für die Gesundheit Ihrer Mitarbeitenden bewusst? Erkennen Sie, welche Mechanismen Veränderungsprozesse erschweren und wie Sie bei sich selbst sowie im Team die Veränderungskompetenz verbessern können?

Toolbox Führung

Um Ihre Kompetenzen in „Medical Leadership“ weiter auszubauen, können Sie sich mit folgenden Themen beschäftigen und diese am Besten mit anderen Ärztinnen und Ärzten in Führung diskutieren:

Teamkommunikation

  • Umgang mit Fehlern: Positive Fehlerkultur, Fehleranalyseroutine, konstruktive Kommunikation
  • Umgang mit Konflikten: Konfliktkategorien, Wahrnehmungsdifferenzen, Konfliktlösungsstrategien, souverän mit Konfliktsituationen umgehen
  • Feedbackgespräche: Grundlagen einer erfolgreichen Kommunikation, Schaffen einer wertschätzenden Atmosphäre auf Augenhöhe, Mitarbeitende konstruktiv anerkennen, kritisieren und fördern
  • Arbeitnehmenden-Generationen: Generationsunterschiede im Arbeitsumfeld, „War for talents“, Talentmanagement, Gewinnung und Bindung von Nachwuchskräften

Führungswirksamkeit

  • Führen über Wirkung: Eigene Wirkung als Führungskraft, Einfluss der inneren Haltung, Steuerelement äußere Haltung, Status-Wahrnehmung
  • Führen über innere Motive und Antreiber: Innere Antreiber, Motivation, Volition, verschiedene Motive und Führungsstile erkennen, Mitarbeitende motivgerecht führen
  • Umgang mit verschiedenen Persönlichkeiten: Typisierung über Charaktereigenschaften und Temperamente, motivierendes Arbeitsumfeld für verschiedenartige Persönlichkeiten schaffen, typengerechte Motivation und Kommunikation
  • Respektvolle Führung: Interpretation und Bewertung von Respekt, respektvolle Kommunikation, Kritik respektvoll äußern, respektvoller Umgang mit Emotionen

Selbstführungskompetenzen

  • Resiliente Führung: Resilienz, Resilienzfaktoren, Stressbereiche identifizieren, konstruktiver Umgang mit Stress, Aufbau von Selbstwirksamkeit und Optimismus im Team
  • Prioritätenmanagement: Effiziente Priorisierung, Eisenhower-Prinzip, Pareto-Prinzip, Fokus halten, Zeit für Führungsaufgaben schaffen
  • Mentale und physische Führungsverantwortung: Reflexion über die eigene Erfüllung in den verschiedenen Lebensbereichen, Vorbildfunktion der Führungskraft hinsichtlich positiver und negativer Verhaltensweisen
  • Veränderungskompetenz: Hemmnisse von Veränderungen, Verlassen bzw. Erweiterung der Komfortzone, Arbeiten im Flow, Veränderungskompetenz bei sich selbst und im Team verbessern

Zu finden im Curriculum des MBA Medical Leadership von Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA (AKAD Hochschule Stuttgart)

Digitalkompetenz sollte auch vermittelt werden

Im systematischen Review von Turner et al. (Competitive Advantage of MBA for Physician Executives: A Systematic Literature Review. World J Surg 2018; 42:1655–1665) und somit in den zugrunde gelegten Studien zu MBA Programmen mit Veröffentlichung zwischen 2000 bis 2016 hat folgender Punkt noch keine wesentliche Rolle gespielt: der Ausbau von Fähigkeiten der Ärztinnen und Ärzte im Bereich der Digitalisierung. Die Bundesärztekammer definiert in ihren Thesen zur Weiterentwicklung der ärztlichen Patientenversorgung durch Digitalisierung (Bericht aus den Werkstattgesprächen mit Entscheidungsträgern von Spitzenorganisationen im Gesundheitswesen sowie Chancen, Risiken, Anforderungen aus Sicht der Bundesärztekammer Berlin, 15.01.2021), dass Ärztinnen und Ärzte über ein Basiswissen bezüglich der Vielgestaltigkeit und der grundsätzlichen Leistungsfähigkeit digitaler Anwendungen (Digitalkompetenz) verfügen müssen sowie Digitale Kompetenz verstärkt in ärztliche Aus-, Weiter- und Fortbildung zu integrieren sei.

Wie aufgeschlossen sind Sie und Ihr Team gegenüber der unaufhaltsamen Entwicklung der Digitalisierung? Sehen Sie die daraus erwachsenen Chancen, mit der Arbeitsverdichtung besser umgehen zu können?

Tipp

Sammeln Sie im Team Ihr Wissen über die Digitalisierung in der Klinik oder Praxis. Klären Sie Verständnisfragen, bestehende Ängste und Bedenken. Fokussieren Sie sich auf die Chancen, die digitale Tools mit sich bringen, so dass Sie als Team entlastet werden. Welche Schulungen benötigt Ihr Team oder einzelne Mitarbeitende? Wo benötigen Sie selbst mehr Sicherheit im Bereich der Digitalisierung in der Medizin und Pflege, so dass Sie Ihr Team gut durch den Veränderungsprozess führen können?

Die Autorin:

Prof. Dr. med. Sonja Güthoff, MBA ist Ärztin, Führungskräfte-Trainerin, Professorin für Health Care an der AKAD Hochschule Stuttgart sowie Stress- und Burnout-Coach. Auf ärztestellen.de gibt sie regelmäßig Tipps zu Führungs-Themen. Als Leiterin des Instituts für ein gesundes Arbeitsleben im Gesundheitswesen (INSTGAG) begleitet sie Ärztinnen und Ärzte, Pflegefachkräfte und andere Zusammenarbeitende im Gesundheitswesen dabei, sich und andere besser zu führen. Kontaktieren Sie Sonja Güthoff gerne unter info@sonjaguethoff.de.

Sie möchten mehr zur Möglichkeit erfahren, einen MBA im Bereich Medical Leadership zu absolvieren? An der AKAD Hochschule Stuttgart können Sie flexibel im Fernstudium den akkreditierten und staatlich anerkannten MBA Medical Leadership nur für Ärztinnen und Ärzte studieren.

Die Anmeldung zum MBA Medical Leadership ist möglich über die Hochschul-Homepage www.akad.de. Bei Angabe des Rabatt-Codes AKADAERZTESTELLEN erhalten Sie zudem einen Rabatt von 20 Prozent auf die Studiengebühren.

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